FAQ. Noch Fragen? Der Euro: stabil und unterbewertet

Deutschland ist Exportweltmeister. In Brüssel heißt es: »Deutschlands erfolgreichste Armee ist die deutsche Industrie.« Wenn der Außenwert des Euro schwach ist, sind Waren »made in Germany« billig, was den Außenhandel weiter anheizt. Das findet nicht nur Merkel gut, schließlich ist das die Voraussetzung dafür, dass es an der »Heimatfront« ruhig bleibt. Gleichzeitig sorgt sich nicht nur die Bundesbank um den Euro. Er sei zu schwach, die Europäische Zentralbank (EZB) verfolge eine falsche Politik – und nicht nur deshalb drohe Inflationsgefahr. Die Bundesbank versteht sich als Stabilitätsanker einer harten und stabilen Währung. Ein Widerspruch? Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Der Euro: stabil und unterbewertet”

PROKLA 179 zur Illusion und Macht des Geldes erschienen

Endlich ist die neue PROKLA erschienen. Thema: Illusion und Macht des Geldes. Auch ich habe einen Beitrag zum Gott der Waren beigetragen – Geld.

Das Editorial findet ihr hier.

Der Beitrag von Martin Konecny zu Syriza unter Druck und den den strategischen Perspektiven des linken Regierungsprojekts in Griechenland ist online.

Der Inhalt des ganzen Heftes sieht aus wie folgt.

Kapitalismus und Krieg: zwei Seiten einer Medaille? Nicht nur Rosa Luxemburg versuchte, den Ersten Weltkrieg ökonomisch zu erklären

»Der Kapitalismus trägt den Krieg in sich wie die Wolke den Regen« – so der französische Sozialist Jean Jaurès, der wenige Tage vor Beginn des Ersten Weltkrieges von Nationalisten ermordet wurde. Kapitalismus und Krieg: zwei Seiten einer Medaille. Der Imperialismus bringt die kriegerische Logik, die dem Kapitalismus eingeschrieben sein soll, auf den Begriff. Selten wird danach gefragt, was an dieser linken Binsenweisheit dran ist, dass die Profitlogik notwendigerweise in die Kriegslogik umschlagen muss.

Von Ingo Stützle

capitalismDer Erste Weltkrieg steht für den imperialistischen Krieg par excellence, dafür, dass der ausbeuterische Charakter des Kapitals über die bürgerlichen Stränge schlagen kann – und muss. Reinhard Opitz schreibt in seinem Standardwerk »Europastrategien des deutschen Kapitals 1900-1945«: »Es war ja keineswegs so, dass etwa erst der Ausbruch des Ersten Weltkrieges die in der Flut industrieller Kriegszieleingaben sich manifestierenden Expansionsgelüste des deutschen Kapitals geweckt hätte, es hatten umgekehrt diese zum Krieg getrieben.« Die von ihm gesammelten und aufbereiteten Dokumente sprächen für sich, so der marxistische Sozialwissenschaftler. Continue reading “Kapitalismus und Krieg: zwei Seiten einer Medaille? Nicht nur Rosa Luxemburg versuchte, den Ersten Weltkrieg ökonomisch zu erklären”

»Das System ist wie die Kirche«. Die US-Zentralbank Fed ist aus der Krise geboren und bis heute ein Symbol des US-Pragmatismus

Von Ingo Stützle

Wie aus heiterem Himmel brach die Krise über die USA herein. Reiche wussten nicht, wohin mit ihrem Geld, was die Spekulation auf den Finanzmärkten beflügelte. Ein System unregulierter Schattenbanken machte den traditionellen Banken Konkurrenz. Kursgewinne bei Wertpapieren zogen eine verstärkte Kreditvergabe nach sich und destabilisierten das Bankensystem. Als beschlossen wurde, ein in Zahlungsschwierigkeiten geratenes Unternehmen fallen zu lassen, um der Gefahr einer Krise zu entgehen, passierte das Gegenteil: Eine Panik brach los. Schon nach kurzer Zeit waren etwa 16.000 Banken pleite.

Foto: CC-Lizenz, ncindc

Nein, wir befinden uns hier nicht in der jüngsten Krise, sondern mitten in der Panik von 1907. Nicht Lehman Brothers, sondern die Knickerbocker Trust Company wurde fallengelassen. Nicht von der US-Notenbank Fed, sondern von der Privatbank JP Morgan. Knickerbocker wurde als nicht systemrelevant eingestuft. Damals entschied keine politische Instanz, sondern ein Kreis um den Privatbankier John Pierpont Morgan darüber, ob taumelnde Unternehmen unter einem Rettungsschirm Zuflucht bekommen sollten. (1) Die USA waren damals die einzige bedeutende Wirtschaftsmacht ohne Zentralbank. Continue reading “»Das System ist wie die Kirche«. Die US-Zentralbank Fed ist aus der Krise geboren und bis heute ein Symbol des US-Pragmatismus”

Neue Besprechung von »Austerität als politisches Projekt«

Sebastian Klauke hat in der Politische Vierteljahresschrift (4/2013, 770ff.) eine Besprechung zu »Austerität als politisches Projekt« geschrieben:

»Mit seiner auf eine Dissertation zurückgehenden Veröffentlichung zur Frage, wie es gelingen konnte, die Europäisierung des ›finanzpolitische[n] Grundsatzes ausgeglichener Staatshaushalte als Leitbild‹ (14) durchzusetzen, bewegt sich Ingo Stützle auf einem brandaktuellen Terrain, dessen Geschichte angesichts aktueller Krisenereignisse wohl noch länger nicht beendet sein wird. Er legt eine Art Ruhepunkt in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung vor und bietet einen Überblick, von dem aus man weiter operieren kann. Continue reading “Neue Besprechung von »Austerität als politisches Projekt«”

Mit dem Freihandelsabkommen TTIP will sich Deutschland einen guten Platz unter der Weltmarktsonne sichern.

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Foto: CC-Lizenz, N. Linneberg

Nach der Pleite von Lehman Brothers 2008 war das Geschrei groß. Fast noch lauter war aber die Euphorie darüber, die Krise führe endlich dazu, dass der neoliberalen Marktgläubigkeit abgeschworen werde. Der Staat kehre nun zurück, die ÖkonomInnen hätten ihre Glaubwürdigkeit verloren. Viele Linke freuten sich über das bürgerliche Unbehagen am Kapitalismus im FAZ-Feuilleton. Die Strahlkraft des Neoliberalismus und die Versprechen des Freihandels würden verblassen, glaubten viele. Pustekuchen! Continue reading “Mit dem Freihandelsabkommen TTIP will sich Deutschland einen guten Platz unter der Weltmarktsonne sichern.”

Reaktionen auf und Buchvorstellung von »Austerität als politisches Projekt«

Inzwischen liegen für »Austerität als politisches Projekt« erste Besprechungen vor. Weitere wurden bereits angekündigt. Das freut mich sehr. Das Buch stelle ich im Rahmen von Veranstaltungen auch hier und da vor. Ich habe begonnen, alles hier zu sammeln.

FAQ. Noch Fragen? Gefährdet der Shutdown den Weltmarkt?

Lincoln Memorial during the Government Shutdown. (flickr/J. Sonderman)

Anfang Oktober 2013. Die Freiheitsstatue, Parks und Museen sind geschlossen – die USA pleite? Nur noch elementare staatliche Dienstleistungen werden garantiert. Selbst die Geheimdienste leiden unter dem zugedrehten Geldhahn. Der Finanzsoziologe Rudolf Goldscheid erklärte das Budget als das »aller verbrämenden Ideologie entkleidete Gerippe des Staates«. Die Medien interessierte jedoch weniger das aufklärerische Moment des Shutdown – nämlich dass offensichtlich wurde, was den Staat im Innersten zusammenhält: die organisierte Gewalt -, als vielmehr, ob die Weltwirtschaft am Abgrund stehe. Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Gefährdet der Shutdown den Weltmarkt?”

Mitterrands Albtraum: Ein Europäisches Währungssystem ist keine Alternative

François Mitterrand 2099 bei der Université d’été du parti socialiste.

Als Oskar Lafontaine in einem Interview beiläufig sagte, er wäre dafür, Euro-Ländern den Ausstieg aus der Gemeinschaftswährung zu ermöglichen, wusste die Öffentlichkeit noch nicht, dass die Rosa-Luxemburg-Stiftung gerade dabei war, eine Studie zum Thema zu veröffentlichen – u.a. von Lafontaines ehemaligem Staatssekretär Heiner Flassbeck. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Debatte geriet auf jeden Fall ins Rollen (lange vor Veröffentlichung der Flassbeck-Lapavitsas-Studie). Ausführliche Dossiers beim nd und der rls versammelt wichtige Beiträgen und Berichte. Continue reading “Mitterrands Albtraum: Ein Europäisches Währungssystem ist keine Alternative”

FAQ. Noch Fragen? War das EWS besser als der Euro?

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War die D-Mark mit dem EWS keine Mittel der deutschen Hegemonialpolitik? Foto: CC-Lizenz, oxfordian

Die Debatte innerhalb der Linken hat nochmals Fahrt aufgenommen: Soll am Euro festgehalten werden? Der Euroausstieg wird als Antwort auf die Krisenpolitik »von oben« präsentiert. Zumindest wird behauptet, der Euro sei mitverantwortlich dafür, dass der Austeritätskurs möglich ist. Der Vorschlag: zurück zum Europäischen Währungssystem (EWS), das, zumindest formal, von 1979 bis zur Einführung des Euro 2002 herrschte. Was jedoch gerne unter den Tisch fällt: auch hier dominierte Deutschland.  Continue reading “FAQ. Noch Fragen? War das EWS besser als der Euro?”

FAQ. Noch Fragen? Bis einer heult: Währungskrieg

small_5455248543Währungen konkurrieren auf dem Weltmarkt um Anlagen suchendes Kapital. Das war auch ein Grund für die Einführung des Euro. Er sollte dem US-Dollar die Stirn bieten. Seit ein paar Monaten scheint aber Krieg, ein Währungskrieg zu herrschen. Großbritanniens Zentralbankchef, Mervyn King, spricht noch vorsichtig von »aktiv gesteuerten Wechselkursen«. Vor einem regelrechten Währungskrieg warnen hingegen bereits Russlands Zentralbanker Alexej Uljukajew oder William White, der frühere Chefökonom der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ). Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Bis einer heult: Währungskrieg”

Seminarreihe zur Euro-Konstruktion. Teil I: Sinn des Euro – «Scheitert der Euro, scheitert Europa!»

Braucht Deutschland den Euro? Soll Griechenland aus der Eurozone austreten? Ist der Rettungsschirm groß genug? Muss mehr oder weniger gespart werden? Ist die Euro-Krise vorüber? Permanent konfrontieren Politiker, Ökonomen und die Medien die Bevölkerung mit solchen großen Fragen – und fordern Anteilnahme vom Publikum. Doch je weiter die Krise voranschreitet, desto unübersichtlicher wird das Feld. Da hilft nur eines: zurück an den Ursprung! Um die aktuellen Probleme Europas einzuordnen, befasst sich die Seminarreihe mit dem Grundkonzept der Euro-Konstruktion. Zunächst soll der Zweck des Euro-Projekts erklärt werden, dann sein Widerspruch und als Drittes die Art und Weise, wie die Politik mit dem Widerspruch umgeht, ohne ihn zu lösen. Als Schlusspunkt sollen linke Antworten auf die Krise diskutiert werden.

«Scheitert der Euro, scheitert Europa!», warnen Politiker. Aber was bedeutet dieser Satz? Schließlich gab es Europa und die EU schon vor dem Euro. Und hört man die Klagen der Politiker, so würde eine Rückabwicklung der Währungsunion viele Probleme lösen: Dann wären Staaten wie Griechenland vom deutschen Spardiktat befreit. Und Deutschland müsste nicht länger den «Zahlmeister Europas» spielen.

In ersten Teil des Seminars wird geklärt, warum die Euro-Staaten ihre Währungen zusammengelegt haben, welche Vorteile der Euro bietet, was es mit der Konkurrenz zum US-Dollar auf sich hat – und welches Projekt eigentlich scheitert, wenn der Euro scheitert.

Der Vortrag und die Diskussion sind nun online:

Griechenland: Euro-Austritt oder nicht – ist das die Frage?

Am 17. Juni wird in Griechenland gewählt. Was bis vor ein paar Monaten noch fast undenkbar war, wird derzeit offen diskutiert: der Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Auch wenn aus Brüssel derzeit Verhandlungsbereitschaft gezeigt wird.

In der Frage, ob Griechenland den Euro aufgeben soll oder nicht, ist selbst die griechische Linke gespalten. Einen erhellenden Beitrag zu dieser Frage war in den letzten beiden Ausgabe des express zu finden. Inzwischen sind beide Teile online:

Christos Laskos, John Milios und Euclid Tsakalotos über kommunistische Dilemmata in der Euro-Krise: Austreten oder nicht? (Teil I, Teil II)

Geld hat Athen wohl noch bis zum 20. Juli, so das Handelsblatt. Über den Sommer kommt es damit nicht.

Rating-Agenturen: Aus Gerüchten wird eine autorisierte Nachricht in Warenform

Die Ratingagentur Standard & Poor’s hat die Kreditwürdigkeit von neun Euro-Ländern herabgestuft. Frankreich und Österreich verlieren ihre Top-Bonität AAA; Italien, Spanien, Portugal und Zypern wurden um zwei Stufen abgewertet. Aus diesem Anlass sei nochmals auf mein Papier Downgrade!!! Macht und Ohnmacht der Rating-Agenturen hingewiesen.

 

Kasachstan, Deutschland und die Partei der Freiheit: FDP

Über Kasachstan waren in den letzten Jahren nur finstere Nachrichten zu lesen:

»Seit der Staatsgründung wird das öl- und gasreichen Steppenland von Präsident Nursultan Nasarbajew autoritär regiert, seit 20 Jahren ist er im Amt. Die Rechte der Opposition sind sehr eingeschränkt und die Medien stehen unter staatlicher Beobachtung.«
(wissen.dradio.de, 29.3.11)

»Was Kasachstan angeht, erfüllt die zentralasiatische ehemalige Sowjetrepublik demokratische Mindeststandards nicht einmal in Ansätzen. Das jedenfalls ist das Fazit eines Reports, den Human Rights Watch am Wochenbeginn vorlegte.«
(Badische Zeitung, 5.12.08)

»In der zentralasiatischen Republik Kasachstan ist Präsident Nasarbajew mit überwältigender Mehrheit wiedergewählt worden. Nach vorläufigen Ergebnissen erhielt der autoritäre Staatschef 95,5 Prozent der Stimmen. Die OZSE-Beobachter stellten allerdings “gravierende Unregelmäßigkeiten” fest.«
(tagesschau.de, 3.4.11)

Heute hingegen können wir ganz tolle Nachrichten lesen:

»›Unsere Wirtschaft braucht Rohstoffe, damit sie ihren Erfolgskurs fortsetzen kann‹, erklärte Rösler. … Über die Rohstoffpartnerschaft mit Kasachstan wurde monatelang verhandelt. Sie könnte zum Vorbild für ähnliche Allianzen mit anderen Ländern werden. ›Das muss nicht zwingend auf Entwicklungsländer beschränkt sein‹, hatte vor einigen Wochen Wirtschaftsstaatssekretär Bernd Pfaffenbach erklärt. In der deutschen Wirtschaft gilt die Sicherung der Rohstoffversorgung angesichts wachsender Unsicherheiten als eine zentrale Aufgabe. Kasachstan ist das größte Land Zentralasiens. Es hat unter anderem große Vorkommen an Öl, Gas, Kohle und Eisenerz und ist auch Lieferant von Agrarprodukten wie Getreide, Zuckerrüben, Obst und Wolle.«
(n-tv 24.5.11)