Marx: nervtötender Buchhalter

David Harvey wurde vor wenigen Jahren wiederentdeckt – u.a. durch seine Vorlesungen zum marxschen Kapital. Diese sind letztes Jahr als Buch erschienen und inzwischen auch bei VSA in deutscher Sprache erhältlich. Ich bin noch nicht durch, aber eine Stelle will ich Euch nicht vorenthalten. Zum Unterkapitel »Die Wertform oder der Tauschwert« (Stichwort Wertformanalyse) heißt es:

»Dieser Abschnitt enthält meiner Ansicht nach eine Menge langweiliges (!) Material, das allzu leicht die eigentliche Bedeutung (!!) des hier Entwickelten [zu den ersten beiden Unterabschnitt; I.S.] verdecken kann. Ich habe schon darauf hingewiesen, dass Marx manchmal den Buchhalter (!!!) raushängen lässt, was zu extrem nervtötenden Darstellungen (!!!!) führen kann: Wenn dies gleich dem ist und jenes gleich diesem und dies drei Pence kostet und jenes fünfzehn, dann ergibt sich, dass etwas anderes dem gleich ist … und so in einem fort unter Heranziehung aller möglichen weiteren Rechenbeispiele.« (S. 42)

Aufgeblättert: Gespenstisches Kapital

Die Presse ist von Joseph Vogls Buch “Das Gespenst des Kapitals” begeistert: “ein Text, dem es an Sprengkraft nicht mangelt” (FAZ); “eine Entzauberung der Finanzwissenschaft” (SZ); “ein frontaler Angriff auf die dorischen Säulen der Wirtschaftswissenschaften – eine brillante Studie” (Die Zeit). Ausgangspunkt für das Buch ist die Krise 2008ff. Continue reading “Aufgeblättert: Gespenstisches Kapital”

Kapital-Kurse und Satellitenseminare 2011

Seit 2006 finden in der Rosa-Luxemburg-Stiftung Kapital-Kurse statt. In wöchentlichen Treffen wird das Hauptwerk von Karl Marx, Das Kapital, gemeinsam diskutiert. TeamerInnen strukturieren die Sitzungen, die Teilnehmenden stellen die gelesenen Textabschnitte kurz vor. Externe TeamerInnen laden wir zu Wiederholungssitzungen ein (Michael Heinrich) oder zum Thema Leben und Werk Karl Marx’ (Rolf Hecker). Um die Kapital-Lektüre herum kreisen übers Jahr verteilt verschiedene „Satellitenseminare“. Hier werden ausgewählte Probleme und Fragen zum Kapital und darüber hinaus vertieft: Wie unterscheiden sich herrschende Wirtschaftstheorien von der Marx’schen Kritik der Politischen Ökonomie? Wie steht es um die Möglichkeit, mit Marx die Geschlechterverhältnisse kritisch zu reflektieren? Wie lassen sich ökologische Fragen mit und im Anschluss an Marx diskutieren? Und nicht zuletzt: Welchen Spielraum haben soziale Auseinandersetzungen angesichts der von Marx analysierten Handlungsstrukturen?

Programm 2011 [pdf]

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Die Sache mit den blauen Bänden

Wer dieser Tage bei der Lidl-Werbung genau hinguckte, stellte fest: Neben einem feilgebotenem Chefsessel und Eckschreibtisch standen in idealen Arbeitsräumen einige Ausgaben der Marx-Engels-Werke im Regal. Zufall? Der für Lohndumping bekannte Discounter scheint öffentlich eine materialistische Erklärung für die Produktions- und Arbeitsbedingungen anzubieten, mit denen er Profit erzielt. Christian Semler hat in der taz den Werbeprospekt aufgespießt.

MEGAdigital: Marx-Engels-Gesamtausgabe geht online

Zum neuen Jahr ist die digitale Ausgabe der MEGA in einer neuen Version online gegangen. Man findet sie, unter: http://telota.bbaw.de/mega

Für die digitale Ausgabe wurde zunächst die II. Abteilung (Das Kapital und Vorarbeiten) ausgewählt, die nahezu vollständig bearbeitet ist und deren Bände – mit Ausnahme von Teilband II/4.3. – bereits vorliegen.

Das umfangreiche Textkonvolut der ökonomischen Schriften von Marx wird damit für Fragestellungen der Forschung weiter erschlossen. Die edierten Texte werden seiten- und zeilenidentisch mit den gedruckten MEGA-Bänden und damit wissenschaftlich zitierfähig präsentiert.

Zur Zeit sind in der digitalen Ausgabe der MEGA die Edierten Texte von fünf MEGA-Bänden verfügbar, darunter die “Grundrisse” (II/1), das “Sechste Kapitel des ersten Buches: Die Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses” (II/4.1), Manuskripte von Marx (II/4.1, II/11) sowie redaktionelle Texte (II/12) und die von Engels herausgegebene Druckfassung zum zweiten Buch des “Kapital” (II/13). Der Text des Bandes II/11 ist zur Zeit noch nicht vollständig verfügbar, da er viele Formeln, Grafiken, Tabellen und Brüche enthält, die gesondert bearbeitet werden müssen, was derzeit geschieht. In Kürze wird auch der Edierte Text der Erstausgabe des ersten Buches des “Kapital” (Der Produktionsprozess des Kapitals) von 1867 bereitgestellt werden.

Das Projekt ist das Ergebnis einer Kooperation zwischen dem Akademienvorhaben MEGA an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW), der Arbeitsgruppe Telota an der BBAW und einer Gruppe japanischer Forscher von der Tohoku-Universität Sendai und der Hosei Universität Tokio.

Siehe auch:

Karlspreis für Trichet oder: Eine Verkehrung in der Hosentasche

Spiegel-online meldet:

»Rettet den Euro! Das ist die Botschaft des Karlspreises 2011. Geehrt wird einer der größten Kämpfer für die Gemeinschaftswährung: EZB-Präsident Trichet. Nach Ansicht der Jury ist er eine Symbolfigur für den Zusammenhalt der Währungsunion«

Bereits vor acht Jahren bekam der Euro den Karlspreis. In der Begründung zur Verleihung hieß es 2002:

»Wenn die Menschen an der Algarve und in Dublin, in der Bretagne und im Burgenland, in Lappland und auf Sizilien – um nur einige Regionen zu nennen – in der gleichen Währung zahlen, dann werden sie Europa wortwörtlich als bare Münze in der Tasche mit sich tragen, dann werden sie buchstäblich mit den Händen greifen können, dass Europa eine gewachsene Gemeinschaft und der Euro ein Symbol hierfür ist. Der Euro ist die überzeugendste, pragmatischste Lösung auf dem Weg zur europäischen Gemeinsamkeit seit mehr als 1200 Jahren.«

Wir tragen also Europa im Portmonai? Ja, nur eben in versachlichter Form und als Verkehrung eines gesellschaftlichen Verhältnisses. Geld ist nämlich nicht »die überzeugendste, pragmatischste Lösung auf dem Weg zur europäischen Gemeinsamkeit«, sondern ein sachlicher Ausdruck warenproduzierender Arbeit. Bei dieser stellt sich der gesellschaftliche Charakter von Arbeit erst im Nachhinein heraus – über das Geld. Deshalb ist der Euro Ausdruck spezifisch kapitalistischer Vergesellschaftung:

Den Privatproduzenten »erscheinen daher die gesellschaftlichen Beziehungen ihrer Privatarbeiten als das, was sie sind, d.h. nicht als unmittelbar gesellschaftliche Verhältnisse der Personen in ihren Arbeiten selbst, sondern vielmehr als sachliche Verhältnisse der Personen und gesellschaftliche Verhältnisse der Sachen.« (Marx)

Und weil die Metapher mit der Hosentasche so schön ist und um zu zegen, wie nah Ideologie und kapitalistische Realität beeinander liegen, soll auch noch der Marx’ der Grundrisse (1857) zu Wort kommen:

»Die wechselseitige und allseitige Abhängigkeit der gegeneinander gleichgültigen Individuen bildet ihren gesellschaftlichen Zusammenhang. Dieser gesellschaftliche Zusammenhang ist ausgedrückt im Tauschwert, worin für jedes Individuum seine eigne Tätigkeit oder sein Produkt erst eine Tätigkeit und ein Produkt für es wird; es muß ein allgemeines Produkt produzieren – den Tauschwert oder, diesen für sich isoliert, individualisiert, Geld. Andrerseits die Macht, die jedes Individuum über die Tätigkeit der andren oder über die gesellschaftlichen Reichtümer ausübt, besteht in ihm als dem Eigner von Tauschwerten, von Geld. Es trägt seine gesellschaftliche Macht, wie seinen Zusammenhang mit der Gesellschaft in der Tasche mit sich.«

Die Verleihung des Karlspreises macht vor allem eines deutlich: Das Kapital lesen!

Satellitenseminar mit Thomas Sablowski: Kein Wunder, die Krise! Wieso die Stabilität kapitalistischer Produktionsweise erklärungsbedürftig ist

Marx spürt bereits ab den ersten Seiten des Kapitals krisenhaften Momenten der kapitalistischen Produktionsweise nach. Ohne Krise sei diese nicht denkbar, so Marx. Auch deshalb ist die Marx’sche Theorie vor dem Hintergrund der Krise der Weltwirtschaft wieder interessant geworden. Aber ganz so einfach wie Marx in den Feuilletons diskutiert wird, ist es nicht. Welche unterschiedlichen krisentheoretischen Ansätze gibt es bei Marx? Welche Rolle spielen hierbei der Kredit und das fiktive Kapital? Ging Marx von einem Zusammenbruch des Kapitalismus aus? Thomas Sablowski wird in seinem Vortrag die krisentheoretischen Implikationen von Marx’ Kritik der politischen Ökonomie vorstellen und diskutieren.

Termin: 13. Dezember 2010, 19.30 Uhr

Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Seminarraum 2, 1. OG

Bitte anmelden unter: valeanto {ät} das-kapital-lesen.de

Siehe auch: www.das-kapital-lesen.de

Im Februar 2011 beginnen auch die neuen Lektüre-Kurse

Alles was Recht ist. Karl Marx und die materialistische Rechtstheorie. Satellitenseminar mit Sonja Buckel

Auch wenn Marx keine Rechtstheorie oder -kritik hinterlassen hat, so hat er sich im Kapital durchaus zu einigen Anmerkungen zum bürgerlichen Recht hinreißen lassen. Darüberhinaus aber bietet die Kritik der Politischen Ökonomie einen gesellschaftskritischen Zugang, von dem aus eine materialistische Theorie des Rechts entwickelt werden kann. Sonja Buckel wird in ihrem Beitrag zeigen, wieso das Marx’sche Kapital wichtig für ein Verständnis des Rechts in Gesellschaften ist, in denen die kapitalistische Produktionsweise herrscht. Mit Marx lässt sich zeigen, dass das Recht in seiner spezifischen Form, ebenso wie Geld und Kapital, keine überhistorische Einrichtung jeder menschlichen Gesellschaft ist.

Von Sonja Buckel ist zuletzt erschienen: Subjektivierung und Kohäsion. Zur Rekonstruktion einer materialistischen Theorie des Rechts

Termin: 15. November 2010, 19.30 Uhr
Franz-Mehring-Platz 1, Berlin
Seminarraum 2, 1. OG

III. Marx-Herbstschule – III. Band des Kapital | 29.-31.10.2010

Der sog. Finanzkapitalismus mag geschichtlich gesehen eine besondere Phase des Kapitalismus unserer Zeit sein. Gleichwohl ist er im Begriff des Kapitals enthalten, d.h. in der Funktions- und Wirkungsweise seiner Kategorien, insbesondere im Banken- und Kreditsystem, im Zins, im Aktienkapital und fiktivem Kapital. Und ausgerechnet Karl Marx, zu dessen Zeit der Kapitalismus angeblich ein (ganz) anderer gewesen sein soll, hat diese Dynamik bereits behandelt – im dritten Band des Kapitals.

Nachdem er im ersten Band die grundlegenden Kategorien der kapitalistischen Produktionsweise entwickelt und diese Produktionsweise im zweiten Band in ihre Zirkulationskreisläufe auseinandergelegt hat, betrachtet er im dritten Band den Gesamtprozess des Kapitals. Auch die Marx-Herbstschule ist mittlerweile beim dritten Band angelangt. Vom 29.-31.10.2010 sollen zentrale Passagen daraus gelesen werden. Aufgrund der aktuellen Krise liegt der Schwerpunkt dabei auf Textausschnitten zum Finanz-, Kredit- und Banksystem, zum Zins und zum fiktiven Kapital.

Das Rahmenprogramm der Herbstschule ist ganz auf den dritten Band und seine Aktualität ausgerichtet. Am Freitag gibt es eine Einführung von Ingo Stützle, am Samstagabend eine Podiumsveranstaltung im Festsaal Kreuzberg zur aktuellen Situation 2 Jahre nach Ausbruch der Krise, und am Sonntagvormittag wird dann Fritz Fiehler die internationale Diskussion zur Finanzkrise vorstellen.

Mehr Infos und Anmeldung unter http://marxherbstschule.net

Demokratie ins Museum?

Bei Maybrit Illner gab der Tunnelbauer Martin Herrenknecht bereits zu denken, dass Großprojekte in China einfacher als in Deutschland durchzusetzen seien. In dieser Frage sei Deutschland museumsreif. Nun bläst angesichts von Stuttgart 21 das organisierte Interesse des Kapitals in das gleiche Horn: Demokratie sei für den Profit nicht immer nützlich. Und da wir in einer auf Profit ausgerichteten Gesellschaft leben, muss man eben Abstriche machen – logische Schlussfolgerung für jeden engagierten Unternehmer. Auch Wolfgang Schäuble ist die Verfassung manchmal zu eng. Wie zitiert Marx den Gewerschafter Thomas J. Dunning so schön:

»Capital is said by this reviewer to fly turbulence and strife, and to be timid, which is very true; but this is very incompletely stating the question. Capital eschews no profit, or very small profit, just as Nature was formerly said to abhor a vacuum. With adequate profit, capital is very bold. A certain 10 per cent. will ensure its employment anywhere; 20 per cent. certain will produce eagerness; 50 per cent. positive audacity; 100 per cent. will make it ready to trample on all human laws; 300 per cent., and there is not a crime at which it will scruple nor a risk it will not run, even to the chance of its owner being hanged. If turbulence and strife will bring a profit, it will freely encourage both. Smuggling and the slave trade have amply proved all that is here stated …« (zitiert nach MEGA II.6, 1611)

Siehe auch: Entgleiste Herrschaft. Der Kampf um Stuttgart 21 am Scheideweg

Aufgeblättert: Geld und Kapitalismus

bubble-economy
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Lucas Zeise ist Mitgründer der Financial Times Deutschland und dort bis heute ein origineller Kopf, der nicht so recht in die blassrosa Apologetik des Kapitalismus passt. Bereits zum Ausbruch der Krise veröffentlichte er bei Papyrossa ein lesenswertes Buch zum Ende der Party des Finanzmarktkapitalismus. (siehe ak 533) Leider reicht sein neues Buch nicht an die inzwischen in zweiter Auflage erschienene Krisenanalyse heran. Die knapp 200 Seiten lesen sich so, als hätte sich der Autor ins stille Kämmerchen zurückgezogen und sich mit kapitalismustheoretischen Grundlagen beschäftigt. Auf 50 Seiten versucht er, mit Marx dem Geld auf die Schliche zu kommen und verfehlt dessen wichtigsten Punkt: dass das Geld für eine warenproduzierende Gesellschaft notwendig ist, weil sich nur mit einem allgemeinen Äquivalent die Waren als Werte aufeinander beziehen lassen. Auch geht bei Zeise die Unterscheidung von Geld und Kapital verloren. Das zeigt sich in den Kapiteln zu Finanzprodukten, die eben keine Varianten des Geldes sind, sondern fiktives Kapital. Diesen Begriff nennt er zwar, macht ihn aber nicht für das Verständnis der “Verrücktheit” des Finanzkapitals fruchtbar. Für diejenigen, die schon immer wissen wollten, wie die Zentralbanken mit den Geschäftsbanken interagieren und was die Basel-Abkommen sollen, ist das knapp 30-seitige 6. Kapitel durchaus erhellend. Aber leider bleibt Zeise auch da schwach, wo er eigentlich stark ist: in der Ausleuchtung konkreter politischer und ökonomischer Widersprüche, die etwa die zweite Hälfte des Buches ausmachen. Seine vorangestellte These, die er am Schluss nochmals unterstreicht, dass der Neoliberalismus am Ende sei, kann er in keiner Weise unterfüttern. Immerhin deutet der Buchtitel an, was die LeserInnen erwartet – ein Versuch. Nur leider ist er misslungen.

Ingo Stützle

Lucas Zeise: Geld – der vertrackte Kern des Kapitalismus. Versuch über die politische Ökonomie des Finanzsektors. Papyrossa Verlag, Köln 2010. 192 Seiten, 12,90 EUR

Erschienen in: ak – zeitung für linke debatte und praxis, Nr. 554 v. 15.10.2010, Seite 35

Unzufrieden mit dem Unveränderlichen. Ein Nachruf auf Thomas Marxhausen (1947–2010)

Noch im Mai diesen Jahres referierte Thomas Marxhausen auf einem Begleitseminar zu den RLS-Kapitallesekursen »Dem Wert auf der Spur» zum Thema «Den Stachel ziehen? Konflikte um die Edition der Manuskripte von Marx und Engels«. Dank Thomas bin ich an ein paar MEGA-Bände gekommen – eine ehemalige Kollegin von ihm wollte Platz im Regal schaffen. Auch habe ich ihm einen kritischen Einblick in die MEGA-Edition zu verdanken. Einen Beitrag zur neuen Kapital-Lektüre in der DDR für Das Kapital neu lesen wollte er schließlich leider doch nicht schreiben. Noch vor seiner Absage schrieb er mir:

wenn interesse bei euch, mache ich einen abriss, was wurde wie seit mitte der 1970er jahre diskutiert, das kann ich machen, dieses material habe ich ready, weil ich beteiligt war wie auch im Rat für M-E-Forschung am IML beim ZK der SED (also ein Täter — wollt ihr einen Täter??? überlegt’s euch gut!).

Thomas war sehr selbstkritisch – ja selbstzerstörerisch selbstkritisch.

Vor zwei Wochen erreichte mich die traurige Nachricht, dass Thomas am 6. September 2010 in Halle im Alter von 63 Jahren viel zu früh aus dem Leben schied. Einen Nachruf von Rolf Hecker und eine Kurzbiographie haben ich zusammen mit einer Auswahlbiographie auf die website von »Das Kapital lesen« gestellt. Einge Texte sind als pdf verfügbar. Nach und nach werde ich weitere Texte einpflegen.

Klasse Kämpfe – Wiederkehr einer Problematik

Die gegenwärtigen Krise des Kapitalismus und die Tatsache, dass die Schere zwischen Reich und Arm immer weiter auseinandergeht, hat auch dazu geführt, dass wieder verstärkt über gesellschaftliche Klassen gesprochen wird. Das ist nicht selbstverständlich. Schließlich wurde lang und oft alles auf ein Verteilungsproblem reduziert. Aber selbst taz-Autorin Ulrike Herrmann hält in ihrem Bestseller fest:

»Die Bundesrepublik lässt sich als eine typische Klassengesellschaft beschreiben: Wenige Kapitaleigner besitzen die Produktionsmittel während stets mehr Menschen nur ihre eigene Arbeitskraft verkaufen können.«

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Raus aus der Kuschelecke: Die Utopie wird weiter vermessen. Interview mit Raul Zelik

Raul Zelik hat zusammen mit Elmar Altvater ein langes Gespräch über Kapitalismus und was danach kommen könnte in Buchform gebracht – das war bereits 2009. Das Buch Vermessung der Utopie steht zum freien Download zur Verfügung. Die website bietet einen virtuellen Raum für Diskussionen. Diese ist leider bisher noch nicht so recht in Gang gekommen. Das ist jedoch kein Ausdruck für mangelndes Interesse. Raul hat das Buch (mit und ohne Elmar Altvater) auf zig Veranstaltungen (nicht nur in Berlin) vorgestellt und die dort verhandelden Fragen und Thesen diskutiert. Dass die Debatte weitergeht zeigt ein Interview, das Jörg Sundermeier vom Verbrecher Verlag mit Raul für de:bug geführt hat. Dies ist eines der wenigen Gesprächen über das Buch (siehe auch hyperbaustelle), das den Gesprächsfaden nochmals aufnimmt. Eine Knoten werden wir wohl aber auch in näherer Zukunft nicht dran machen können. Also: Weiterspinnen!

Keynes-Diskussion unter sich

Nicht nur Marx, sondern auch Keynes wurde mit der Krise wieder en vogue. Dafür sprechen die vielen Publikationen, aber auch Abgrenzungen von links. Dass Keynes ernst genommen bzw. als intellektuelle und politische Gefahr angesehen wird, zeigen die Auseinandersetzungen, die bis heute u.a. in der FAZ oder unter dem Dach von der Zeit stattfinden. Eines der prominentesten blogs, das Keynes immer wieder hoch hält ist u.a. weissgarnix. Traurig aber wahr ist, dass auch dort eine radikale Kritik von links nicht wahrgenommen wird. Mit den Neoliberalen hat man schon genug zu tun. Positionen a la Wagenknecht werden zwar als politisch vernüftig apostrophiert (woran man zweifeln kann), aber sonst bleibt die Diskussion stets unter sich. Dies auch deshalb, weil es leider nur wenig gute Auseinandersetzungen mit Keynes gibt und sich die Linkspartei ihr realpolitisches Standbein nicht amputieren will. Das ist aber leider kein Ausdruck von Stärke, da die Krise es großen Teilen der Grünen und der SPD leicht gemacht hat, sich mit Keynes anzufreunden. Was aber die Linkspartei vom Block Wir-sind-alle-Keynesianer_innen unterscheidet, bleibt leider meist sehr unklar. Außer dass sie natürlich einen Kriegs-Keynesianismus ablehnen.