TagAufgeblättert

200. Geburtstag von Jenny Marx

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Heute vor 200 Jahren wurde Jenny von Westphalen geboren, eine Frau, die als Jenny Marx bekannt ist: die Ehefrau im Schatten von Karl Marx. Sie aus dem Schatten herauszuholen, wurde immer wieder versucht und ging oft nach hinten los (was allerdings ausgerechnet die taz nicht so sieht). Patriarchale Verhältnisse durch Biografien und Würdigungen aufzuheben, obwohl sie in Leben, Arbeiten und Schreiben von Karl Marx so tief verankert waren, ist eigentlich unmöglich, jedenfalls wenn sie nicht selbst Gegenstand der Analyse und Darstellung werden. Jenny von Westphalen um 1835. Gemälde von unbekannter Hand. Klaus Theweleit hat patriarchale Produktionsverhältnisse in seinem mehrbändigen Werk Das Buch der Könige thematisiert. Darin zeichnet er anhand der Geschichte mehrerer Autoren nach, wie »die...

»Copyright & Copyriot« von Sabine Nuss befreit

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»Die Frei­heit ist immer die Frei­heit der Eigen­tums­ord­nung« – so überschrieb ich meine Buchbesprechung von Sabine Nuss’ Studie »Copyright & Copyriot«. Das war 2007. Angesichts der Entwicklung im Bereich der digitalen Welt liegt es nahe, dass ein Buch über die »Aneignungskonflikte um geistiges Eigentum im informationellen Kapitalismus« ebenso schnell veraltet wie die Prozessorleistung in einem Computer (Tablets waren 2007 noch Zukunftsmusik) oder die Speicherkapazitäten von Festplatten – dem ist aber ganz und gar nicht. Im Gegenteil. Nuss geht nicht dem Gerede vom »ganz Neuen« und »Revo­lu­tio­nä­ren« auf den Leim, son­dern zeigt auf, dass der Kapi­ta­lis­mus trotz aller Ände­run­gen bestän­dig geblie­ben ist. (ak 516) Weil Sabine Nuss das Thema geistiges Eigentum...

Linke Literatur mit politischem Rahmenprogramm: Der Verleger Jörg Sundermeier im Interview

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Jedes Jahr im Oktober findet in Frankfurt die Buchmesse statt. Der Büchermarkt ist in einem Umbruch begriffen – nicht nur, weil sich mit Internet und E-Books das Leseverhalten verändert hat. Auch weil es Zentralisierungsprozesse gibt, was kleineren Verlagen mehr Spielraum gibt und sie zugleich unter Druck setzt. Über den Büchermarkt, kritisches Potenzial von Literatur, dicke Bücher und E-Books sprach ich für ak – analyse & kritik mit Jörg Sundermeier vom Berliner Verbrecher Verlag. Wenige Wochen vor der Buchmesse in Frankfurt am Main, im Biergarten des Clash im Berliner Mehringhof, ergab sich bei ein paar Bieren folgendes Gespräch.

Paul Mattick, das marxsche Kapital und die Arbeitslosenbewegung von Chicago

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»An Marx interessiert mich wirklich nur dieser eine Gedanke, die Entdeckung der immanenten Widersprüche im kapitalistischen Produktionssystem.« (Paul Mattick) Der 1904 geborene Paul Mattick emigrierte 1926 in die USA. Ihm verhalf damals der Kölner Bürgermeister zum nötigen Kleingeld, Deutschland zu verlassen – Konrad Adenauer. Mattick rechnete dem Bürgermeister vor, dass die zukünftige finanzielle Unterstützung mehr Kosten verursachen würde, als das Geld, das er für die Ausreise brauche. Das leuchtete Adenauer ein und sorgte umgehend für eine unbürokratische Lösung. Das ist nur eine von vielen Anekdoten, die Michael Buckmiller dem Rätekommunisten Mattick im Sommer 1976 in einem dreitägigen Gespräch entlockte. Das Interview ist nun zusammen mit literarischen Texten von Paul Mattick...

Luiz Ruffato: Es waren viele Pferde – eine Lesung

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Nach der diesjährigen Buchmesse in Frankfurt am Main müsste ein Name bekannt sein: Luiz Ruffato. Er war literarischer Eröffnungsredner, das Gastland war Brasilien. Sein Buch »Es waren viele Pferde« erschien 2012 im Hamburger Verlag Assoziation A. Am 27. Oktober 2013 las der Schauspieler Jörg Pohl im Hamburger GOLEM aus dem Roman. Im Anschluss führt Roger Behrens ein Gespräch mit Luiz Ruffato.
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Die Soundcloud-Seite des Golem (mit vielen anderen Mitschnitten) findet ihr hier.

Gramsci lesen

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Diese Woche hat in Berlin der Gramsci-Lesekurs begonnen. Pünktlich ist auch ein Gramsci-Reader erschienen, der einen guten Einstieg in die Gefängnishefte bietet. Obwohl ich das Buch lobe, muss ich es noch nicht in der Hand gehabt haben. Das habe ich bei Gramsci gelernt, der gleich im ersten Heft (§6) seiner Gefängnishefte zustimmend Antoine de Rivarol zitiert: »Um ein Buch zu loben, ist es keineswegs nötig, es zu öffnen; aber wenn man beschlossen hat, es zu kritisieren, ist es immer klug, es zu lesen. Wenigstens solange der Autor am Leben ist.« Anton Tanter hat eine andere schöne Passage entdeckt, in der sich Gramsci (Heft 8, §57, §60, Seite 977f.) über das Rezensieren äußert: Als einzelner kann keiner die ganze über eine Gruppe von Themen veröffentlichte Literatur verfolgen, ja nicht...

Aufgeblättert: Europas Revolution von oben

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Steffen Vogel nimmt Angela Merkels Forderung einer »marktkonformen Demokratie«, die sie 2011 auf einer Pressekonferenz formulierte, als Ausgangspunkt, die letzten Jahre Austeriätpolitik Revue passieren zu lassen. In fünf Kapiteln zeichnet Vogel die Krise nach, die spezifischen Bedingungen in Spanien und Griechenland, wie die Troika in der Eurozone agierte und schließlich Deutschland die EU nach seinem Sparbilde formte: Schuldenbremse für alle. Vogel schließt mit einer solidarischen Referenz auf die Proteste der letzten Jahre: »Die Zukunft Europas wird heute in Sitzungssälen geschrieben. Ab morgen sollte sie auf den Straßen und Plätzen geschrieben werden.« Das Buch ist mit heißer Nadel gestrickt, will es doch am Puls der Zeit linken AktivistInnen und kritischen Köpfen eine Handreichung zur...

Aufgeblättert: Aufstand aus der Küche

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Aufstand aus der Küche heißt ein neues Bändchen aus dem Hause edition assemblage. Es versammelt drei wichtige Beiträge zur feministischen Ökonomiekritik der Marxistin Silvia Federici.[1. Im Juni 2012 bestreiteten Silvia Federici und Melinda Cooper die »Luxemburg-Lecture« in Berlin zum Thema »Das Unsichtbare sichtbar machen. Reproduktionsarbeit, Biotechnologie und geschlechtliche Arbeitsteilung.« Ein Mitschnitt findet sich auf der Website der RLS.] Seit den 1970er Jahren stellt Federici die weibliche Reproduktionsarbeit ins Zentrum politischer Diskussionen und Auseinandersetzung. Es ist dem Kollektiv Kitchen Politics zu danken, dass sie die Texte zugänglich gemacht haben. Federici war Gründungsmitglied des International Feminist Collective, das 1972 die internationale Kampagne »Lohn für...

Aufgeblättert: Linke Kommunismuskritik

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Der Kommunismus als politisches Ziel und Idee ist vor allem durch seine eigene Geschichte delegitimiert. In der aktuellen politischen Debatte hat diese Delegitimierung die Form des Extremismus- und Totalitarismusdiskurses angenommen, der die realexistierenden Sozialismen und den Stalinismus mit Faschismus und den nationalsozialistischen Verbrechen gleichsetzt. Dagegen setzt die Leipziger Gruppe INEX, die sich seit Jahren gegen den Extremismusansatz engagiert, eine linke, nicht totalitarismustheoretische Kritik an Stalinismus und Realsozialismus. »Wer heute vom Kommunismus redet, darf von Realsozialismus und Stalinismus nicht schweigen«, heißt es in der Einleitung des INEX-Sammelbandes »Nie wieder Kommunismus?«.

Aus einem finanztheoretischen Lehrbuch von 1969

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Vor der Durchssetzung der Neoklassik als Mainstream konnte noch Unerhörtes in finanztheoretischen Lehrbüchern[1. Horst Claus Recktenwald (Hg.): Finanztheorie, Köln-Berlin 1969] behauptet werden, nämlich dass die Konsolidierung der Staatsfinanzen durch die Drosselung der öffentlichen Nachfrage gegen die ökonomische Vernunft verstoße: Die Wirtschafts- und Finanzwissenschaften hätten bis nach dem Zweiten Weltkrieg »Enthaltsamkeit des Staates, Budgetausgleich wegen Inflationsgefahr (!) und neutrale Finanzpolitik [gefordert] […]. Alles das klingt heute selbst in den Ohren jedes Erstsemesters als eine Herausforderung, da bewusste Drosselung der öffentlichen Nachfrage […] gegen elementare ökonomische Vernunft verstößt. Die hausbackene, biedere Vorstellung, was für den einzelnen gut sei, sei auch...

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