Profit-Preis-Spirale

In den letzten Tagen hatten sich einige in den sozialen Medien darüber empört, dass die DAX-Konzerne nicht nur hohe Gewinnen ausweisen, sondern diese auch noch in Form von Dividenden an die Anteilseignerïnnen weitergeben: »Einer Prognose zufolge werden sie so viel Geld an ihre Aktionäre ausschütten wie noch nie« heißt es bei tagesschau.de. Die Rede ist von 54 Milliarden Euro; das sind nochmal sechs Prozent mehr als in diesem Jahr.

Die Empörung rührt daher, dass angesichts der hohen Inflationsraten immer wieder das Gespenst der Lohn-Preis-Spirale beschworen wird, das dazu dienen soll, Lohnzurückhaltung einzufordern, um die Preissteigerungen nicht noch weiter anzuheizen: »Mit der Warnung »Lohn-Preis-Spirale!« wird dem Lohn nicht die Schuld an der hohen Inflation gegeben; aber die Verantwortung dafür zugeschrieben, die Inflation zu senken«, so Stephan Kaufmann.

Während also einerseits Reallohnverluste von fast 6 Prozent hingenommen werden sollen, um den »Standort Deutschland« nicht zu gefährden, werden Gewinne weitergereicht, um Reiche noch reicher zu machen. Das mag empörend sein, aber, um einmal Marx zu zitieren, zeigt sich hier »zugleich die Stärke und die Schwäche einer Art von Kritik, welche die Gegenwart zu be- und verurteilen, aber nicht zu begreifen weiß.«

Die Inflation hat nicht mit der falschen Geldpolitik der letzten Jahre zu tun, vielmehr mit gestörten Lieferketten und höheren Energiepreisen, die nicht einmal »gegenwärtige« Preise sind, sondern mögliche Engpässe in der Zukunft »einpreisen«. Aber um dem Gespenst der Lohn-Preis-Spirale etwas entgegenzusetzen, ist etwas anderes viel zentraler:

Es gibt auch das Theorem der Gewinninflation – davon will nur niemand reden. In John M. Keynes’ »Treatise« gibt es zwei Ansätze, die er aus der Verteilungsgleichung (Y = W + Q) ableitet, demnach nicht nur die Lohnstückkosten preisniveaubestimmend sind, sondern auch die ausgeschütteten Gewinne im Verhältnis zum realen Sozialprodukt sowie I – Sh (Investitionen minus Haushaltsersparnisse, ist diese Größe ungleich Null, haben wir ein Ungleichgewicht am Gütermarkt).

Dass derzeit nur von Lohn-Preis-Spirale geredet wird, statt Gewinninflation, sagt viel über das Kräfteverhältnisse zwischen Lohnarbeit und Kapital aus – ganz unabhängig davon, ob diese Theorien die derzeitigen Entwicklungen überhaupt erklären können (die Lohn-Preis-Spirale ja ganz offensichtlich auch nicht). Diese analytische Perspektive ist deshalb so zentral, weil ich Doug Henwood zustimmen würde: »we should be using this period of inflation to think about transcending capitalism, not apologizing for the monetary printing press«.