FAQ: Vorsicht, bissiger Fiskalpakt!

Ende Januar tagte wieder einmal ein Euro-Sondergipfel. Die Staats- und Regierungschefs kamen zusammen, um den im Dezember 2011 in Brüssel auf den Weg gebrachten sogenannten Fiskalpakt zu verabschieden. Im März 2012 soll das »International Agreement on a Fiscal Stability Union« unterzeichnet werden. Continue reading “FAQ: Vorsicht, bissiger Fiskalpakt!”

Bankrott auf Raten. Griechenland muss neue Spardiktate durchsetzen – eine Umschuldung steht bevor

Am 19. Januar titelte Spiegel online: »Hedgefonds wollen Menschenrecht auf Rendite einklagen«. Hintergrund waren die Verhandlungen über den freiwilligen Verzicht des Privatsektors, der bereits im Juli 2011 von der Troika aus IWF, EU und EZB im Rahmen einer geplanten Umschuldung der griechischen Staatsschulden ausgehandelt wurde.

Auf Rendite verzichtet das Kapital jedoch ungern, weshalb die Verhandlungen bis zum Schluss zäh verliefen. 90 Prozent der Staatsanleihen sind jedoch nach griechischem Recht ausgegeben. Deshalb konnte der griechische Regierungschef Loukas Papademos auch damit drohen, dass die Gläubiger per Gesetz zu einer Umschuldung gezwungen werden könnten. Würde Athen im Nachhinein die Anleihen mit einer sogenannten Umschuldungsklausel (Collective Action Clauses) versehen, drohten wiederum die Hedge Fonds an, vor Gericht zu klagen. Schließlich hätten sie ein Recht auf ihr Eigentum und das verbriefte Recht auf Rendite. Continue reading “Bankrott auf Raten. Griechenland muss neue Spardiktate durchsetzen – eine Umschuldung steht bevor”

Strategisches Defizit

Bei zeit.de geht Herbert Schui heute den »wahren Gründen« der Sparpolitik in der EU nach:

»In den Krisenstaaten sollen die Einkommen sinken und das Arbeitsrecht gelockert werden.«

Damit die Bevölkerung bereit ist, ›den Gürtel enger zu schnallen‹, können Schulden nützlich sein. Das ist altbekannt und der Politik auch durchaus bewusst. Der ›Wirtschaftsweise‹ Peter Bofinger schreibt:

»Wenn man die Rolle des Staates beschneiden möchte, muss man ihm seine finanziellen Ressourcen entziehen. […] In einem ersten Schritt werden umfangreiche Steuerentlastungen vorgenommen. […] Bei unveränderten Ausgaben ergibt sich dadurch eine steigende Neuverschuldung. Wenn man gleichzeitig in der Bevölkerung eine hohe Angst vor der Staatsverschuldung schürt, wird alsbald ein hoher politischer Druck für die Ausgabenkürzungen geschaffen.« (WSI Mitteilungen 7/2008)

Die Idee, die Angst vor den Folgen der Verschuldung für die Politik zu nutzen, nannte Roland Reagans ehemaliger Direktor des Office of Management David Stockman »strategisches Defizit«. In einem Interview machte er deutlich, dass Reagan nie so recht an die Angebotspolitik glaubte, sondern einen »schlanken Staat« zum Ziel hatte. Ähnliches gibt es aus Großbritannien zu berichten. Der leitende Wirtschaftsberater von Margaret Thatcher, Alan Budd, gab dem Observer Anfang der 1990er Jahre zu Protokoll:

»Die Politik der 1980er Jahre, die Inflation durch Druck auf die Wirtschaft und Kürzung der öffentlichen Ausgaben zu bekämpfen, war ein Vorwand, um die Arbeiter abzustrafen. Das Ansteigen der Arbeitslosigkeit war sehr erwünscht, um die Arbeiterklasse zu schwächen. […] Seitdem konnten die Kapitalisten immer größere Profite machen.« (Zitiert nach Harvey 2010: 318)

Vor diesem Hintergrund steht ein finanzpolitisches Regimes der Austerität nicht im Widerspruch zur permanenten Staatsverschuldung europäischer Staaten – vielmehr sind es die zwei Seiten derselben Medaille.