BP als Teil US-amerikanischer Militärlogistik

Laut einem Bericht der Washington Post beliefert BP das Pentagon mit mehr Öl als jedes andere Unternehmen.

»In fiscal 2009, BP was the Pentagon’s largest single supplier of fuel, providing 11.7 percent of the total purchased, and in 2010, its contracts amount to roughly the same percentage, according to DLA spokeswoman Mimi Schirmacher.«

Mehr noch:

»BP is an active participant in multiple ongoing Defense Logistics Agency acquisition programs«

sagte Schirmacher.  Wohl auch das ist ein Grund, warum im Vorfeld der Katastrophe mehr als nur ein Auge zugedrückt wurde.

Wie in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise ließe sich aber auch hier wieder zeigen bzw. diskutieren, dass es nicht die ›Abwesenheit‹ staatlicher Regulierung war, die das ›Unglück‹ ermöglichte. Bei einer solchen Disgnose bedürfte es allein ›mehr Staat‹. Eine Forderung die auch gerne bei staatsfixierten – und längst nicht nur bei der Linkspartei – zu hören ist. Es ist aber auch nicht so, dass sich einzelne Kapitalgruppen den Staat Untertan gemacht haben, wie es die Konzeption des staatsmonopolisstischen Kapitalismus vorsieht und dem Staat nahezu jede Autonomie gegenüber den Kapitalfraktionen abspricht.

Demgegenüber ist mit Poulantzas festzuhalten: Erst der Staat konstituiert die kapitalistische Klasse überhaupt als Klasse. Davor existieren nur voneinander getrennte und in Konkurrenz stehende Einzelkapitale. Damit wird die staatliche Übernahme von Funktionen, so Poulantzas, »die für die Gesamtheit der Bourgeoisie von Allgemeininteresse sind, … zu einer politischen Notwendigkeit«. Der Staat besitze eine »relative Autonomie, um so die Organisierung des Allgemeininteresses der Bourgeoisie … sicher zu stellen«. Ähnlich Agnoli.

Es verknüpft sich somit das Profitinteresse von BP, das mit dem Pentagon einen zuverlässigen Abnehmer gefunden hat, mit der Rolle der USA als Aufsicht über das globale Kapital (Panitch), das notwendigerweise immer mit der Fähigkeit des amerikanischen Staates verknüpft ist, »die materialle Basis des amerikanischen Kapitals zu reproduzieren« (Panitch/Gindin, »Superintending Global Capital«, NLR, 2005, H.II/35) Und so kann es eben auch mal sein, dass das bornierte Profitinteresse eben nicht nur die Natur ruiniert, sondern auch das Image (Legitimität wäre übertrieben) des Staates. Die US-Regierung hat somit ein Problem, da sie den gesellschaftlichen Unmut gegenüber BP und staatlichen Versäumnissen verarbeiten muss, ohne sich selbst – etwas dramatisch formuliert – das militärische Rückrat zu brechen. Obama hat das schon verstanden, da der Schmierfink BP nur die Spitze des Eisberges ist (und das bei der Hitze!). Vielmehr geht es um »Amerikas jahrhundertealte Sucht nach fossilen Brenn­stoffen« (Obama in seiner Rede an die Nation). Diese Sucht ist jedoch in der fossil betriebenen kapitalistischen Produktionsweise und der militärischen Logik des Staates begründet. Eine Basis, die die USA sicher nicht so schnell aufgeben wird.

Die Ölkatastrophe hat jedoch noch eine weitere Dimension. Die Neuordnung des globalen Ölmarktes. BP kann sich wohl nur mit Hilfe von Investoren vor einer feindlichen Übernahme schützen.

Vortrag von Thomas Marxhausen online: Den Stachel ziehen? Konflikte um die Edition der Manuskripte von Marx und Engels

Dem Wert auf der Spur

Im Rahmen der Satellitenseminare der Lesekurse zum marxschen Kapital referierte Thomas Marxhausen über die politische und ideologische Dimension der historisch-kritischen Edition der Arbeiten und Manuskripte von Karl Marx und Friedrich Engels.

Viele Manuskripte der Autoren Marx und Engels wurden nicht für die Veröffentlichung geschrieben, auch schloss Marx Das Kapital nie ab. Wann, wie und was jedoch im Laufe der Jahrzehnte davon publiziert wurde, das ist bis heute eine von Konflikten gezeichnete Geschichte. Der historisch erste Versuch, eine kritische Marx-Engels-Edition (MEGA1) herauszugeben, endete in den 1930er Jahren mit der Verschleppung und Ermordung eines Großteils der damit befassten ForscherInnen, inklusive des Direktors des „Marx-Engels-Institut“ in Moskau, David Rjasanow. Ein zweiter Versuch (MEGA2) unter der Ägide der KPdSU- und SED- Führung endete mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus. Von da an war es zwar möglich, unter neuen Vorzeichen die Marx’schen Originalmanuskripte zu bearbeiten und zu interpretieren; ein Ende der politischen Auseinandersetzung um die Herausgabe der Werke ist jedoch bis heute nicht in Sicht. Das zeigte sich vor allem vor dem Hintergrund der Debatte um die neuen Editionsrichtlinien von 1993.

Der Vortrag von Thomas Marxhausens kann nun angehört werden:

Der Vortrag von Thomas Marxhausens kann nun angehört werden:

Prokla 159: Marx!

Gestern lag die neue Prokla im Briefkasten. Das Thema ist Marx! Die Nummer schließt damit an die Prokla 151 an, die ebenfalls einen gesellschaftstheoretischen und -kritischen Schwerpunkt hatte (»Gesellschaftstheorie nach Marx und Foucault«). Aber auch in den Heften zu »Krise«, zu »Sozialismus« oder »postkolonialen Studien« spielte Marx eine prominente Rolle. Damit mausert sich die Prokla zu einem wichtigen Bezugspunkt für eine an Marx orientierte Sozialwissenschaft.

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Neue Texte und neue Blogs zur Krise

Ich krieg die Krise ... und das nicht erst seit gestern. Foto: CC-Lizenz, Maly Krtek

Auf die Sonderseite des ak kann ich nicht oft genug hinweisen. Hier sind alle Artikel der letzten Jahre zur Krise versammelt. Seit 2007! Inzwischen sind auch die Artikel aus ak 551 online. Neben einem Interview, das ich mit Michael Heinrich geführt habe auch eines mit Stephan Lessenich zum Sparpaket der Bundesregierung. Da in ak 551 der Schwerpunkt mal wieder die Krise war, finden sich dort drei weitere Artikel: Zum einen vergleicht Joachim Becker die Situation von Argentinien im Jahre 2001 mit dem gegenwärtigen Griechenland. Birgit Sauer geht der selten gestellen Frage nach der Geschlechterdimension der Krise nach. Ein Bericht vom Wettrennen der der Sparschweine in Europa rundent den Schwerpunkt ab.

Neben neuen Texten sind inzwischen auch neue blogs zum Thema Krise im Netz aufgetaucht. Das Blog krisenzeiten widmet sich den Protesten anlässlich der globalen Wirtschaftskrise. Ein ähnliches Projekt gibt es auch von attac. Hier bloggen gleich mehrere AutorInnen zu Krise, Sparorgien und Protest. Vor allem das letztere Projekt ist zu begrüßen. So wie sich im Widerstand gegen die anstehenden Angriffe auf unsere Lebensbedingungen möglichst viele emanzipatorischen Kräfte zusammenschließen sollten, so ist es richtig, Gegenwissen im Netz möglichst zu bündeln, Bezüge herzustellen und an einem Strang zu ziehen.