Deutsche Politiker_innen betonten mehr als ein Mal: Die Forderungen nach Reparations- und Entschädigungszahlungen gegenüber Deutschland sollten nicht mit den Verpflichtungen Griechenlands gegenüber seinen Gläubigern vermengt werden. So bezeichnete der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestages, Gunther Krichbaum (CDU), die griechischen Reparationsforderungen als Manöver, mit der »nur von der eigenen Unfähigkeit« abgelenkt werden solle, um »sich selbst in eine Opferrolle« zu begeben. Deutschland zeigt damit ein weiteres Mal, dass es nicht nur Exportweltmeister ist, sondern auch Weltmeister in der Disziplin Täter-Opfer-Umkehr. Dabei war es Berlin unter Rot-Grün, das Griechenland den verspäteten Zutritt zur Eurozone gewährte, nachdem Athen davon abgelassen hatte, Entschädigungen für...
PROKLA 179 zur Illusion und Macht des Geldes erschienen
Endlich ist die neue PROKLA erschienen. Thema: Illusion und Macht des Geldes. Auch ich habe einen Beitrag zum Gott der Waren beigetragen – Geld.
Das Editorial findet ihr hier.
Der Beitrag von Martin Konecny zu Syriza unter Druck und den den strategischen Perspektiven des linken Regierungsprojekts in Griechenland ist online.
Der Inhalt des ganzen Heftes sieht aus wie folgt.
Kaum Luft zum Atmen. Alle neuen Maßnahmen der SYRIZA-Regierung hängen am Tropf der EZB
Die neue griechische Regierung hat mit der sogenannten Eurogruppe vier Monate Zeit ausgehandelt, die ersten Wochen sind bereits verstrichen und neue Konflikte aufgebrochen. Inzwischen liegen dem neu gewählten Parlament die ersten Vorschläge und Gesetzesentwürfe vor. Ein neuer Mindestlohn soll zwar erst 2016 eingeführt werden, die erste Anhebung soll aber bereits in diesem Jahr kommen. Theano Fotiou, die stellvertretende Ministerin für Arbeit und soziale Solidarität, präsentierte im griechischen Parlament zudem ein erstes Gesetz zur Bekämpfung der humanitären Krise. Die ersten Maßnahmen umfassen:
Der Elefant im Raum. Die EZB zieht zwar die Daumenschrauben für Athen an, setzt aber die Eurozone insgesamt unter Druck
Nur wenige Tage nach der Europatour einiger Minister der neuen griechischen Regierung ließ die Europäische Zentralbank (EZB) die Muskeln spielen. Sie kündigte an, griechische Staatsanleihen nicht mehr als Sicherheiten zu akzeptieren. Das war ein Wink mit dem Zaunpfahl, denn vor allem griechische Banken nutzen die Papiere, um sich bei der EZB mit frischem Geld zu versorgen. Ohne diese Möglichkeit könnten sie schnell pleite sein und Griechenland dem Rauswurf aus der Eurozone einen Schritt näher. Bisher machte die EZB eine Ausnahme, denn eigentlich haben Ratingagenturen bereits so schlechte Noten vergeben, dass die Hüterin des Euro Anleihen nicht mehr annehmen darf. Sie hat es bis zum 11. Februar 2015 aber nur deshalb gemacht, weil Griechenland sich verpflichtete, sich der Troika zu...
FAQ. Noch Fragen? Um- oder Entschuldung für Athen?
Die neue griechische Regierung wurde schnell aktiv. Kaum war der neue Finanzminister, Yanis Varoufakis, im Amt, kündigte er die Zusammenarbeit mit der Troika aus Europäischer Zentralbank (EZB), Internationalem Währungsfonds (IWF) und EU-Kommission auf. Aber auch nach wenigen Tagen rückte die SYRIZA-geführte Regierung scheinbar von einer zentralen Forderung ab, dem Schuldenschnitt. Anfang Februar meldete die Deutschen Presse-Agentur (dpa), Griechenland habe sich von ihrer zentralen Forderung nach einem Schuldenschnitt verabschiedet. Im Interview mit der Financial Times, auf das sich die dpa bezog, hörte sich das schon ganz anders an: Varoufakis sagte, der Begriff »Schuldenschnitt« sei möglichst zu vermeiden, da ein solcher für die Gläubiger, allen voran Deutschland, nicht akzeptabel sei...
FAQ. Noch Fragen? Argentinien ist zahlungsunfähig
Anfang August war Argentinien »technisch zahlungsunfähig«. Ratingagenturen stuften das Land deshalb als »bedingt zahlungsunfähig« ein. Die Zuspitzung in den letzten Wochen ist jedoch kaum zu verstehen, wenn man nicht weiß, was sich vor über zehn Jahren abspielte. Ende 2001 war in Argentinien fast alles, was Beine hat, auf den Straßen – mit Kochtöpfen und trotz erklärtem Ausnahmezustand.
Blackbox EZB: Macht und Ohnmacht der Europäischen Zentralbank
Zentralbanken ähneln modernen Kirchen. Sie hausen in imposanten Gebäuden. Sie umgibt eine Aura von Autorität – von Macht, Geheimnis und Bedeutung. Eine Zentralbank gilt als «Hüterin der Stabilität» oder «des Geldes», sie «versorgt die Gesellschaft mit Liquidität». Ihr Auftrag scheint fraglos gut und nützlich. Denn alle wünschen stabiles Geld, alle fürchten das Monster Inflation.
»Im Übrigen wären Reparationen mehr als 65 Jahre nach Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen ohne jede Präzedenz.«
»Im Übrigen wären Reparationen mehr als 65 Jahre nach Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen ohne jede Präzedenz.« (Deutsche Bundesregierung) Die deutsche Regierung hat auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke geantwortet (Anfrage/Antwort). Gegenstand sind mögliche Reparationsansprüchen Griechenlands und die Rückzahlung einer Zwangsanleihe. Es gebe keine Ansprüche, so die Regierung. Hintergrund ist, dass u.a. Syriza immer wieder angekündigte, die Reparationsfrage nochmals aufs Tablett zu bringen. Zur offenen Reparationsfrage trug Karl Heinz Roth einiges an Material zusammen, Hintergrund ist u.a. die Zerstörung der griechischen Volkswirtschaft (1941-1944) (hörenswert ist auch der Beitrag von Otto Köhler zu Deutschlands Schulden in Athen; siehe unten). In der gleichen Ausgabe...
Seminarreihe: Die Krise hat Europa gestärkt
Die Euro-Krise scheint überstanden. Mehr noch: «Die Krise hat Europa gestärkt», so Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) im April 2013. An den Finanzmärkten ist Ruhe eingekehrt. Die Haushaltsdefizite der Staaten sind drastisch gesunken, die Wirtschaft wächst. Alles wieder normal? Nicht ganz. Denn erstens ist die Lage in vielen Staaten noch katastrophal: Arbeitslosigkeit und Schuldenstände liegen rekordhoch. Zweitens hat sich Europa durch die Krise stark verändert. Die EU kontrolliert nun die Staatsverschuldung und die Wirtschaftspolitik der Mitgliedsstaaten. Daneben existiert ein Sicherheitsnetz für hochverschuldete Staaten in Form des Eurorettungsschirms ESM und den Garantien der Europäischen Zentralbank. Insgesamt lässt sich feststellen: Die Euro-Staaten haben an Souveränität...
Staatsbankrott – Nachtrag zur Buchvorstellung
Gestern kam bei der Buchvorstellung von Austerität als politisches Projekt die Frage auf, ob Staaten Pleite gehen können und welche größeren Länder in den letzten Jahren zahlungsunfähig waren. Neben einer Wikipedia-Liste finden sich gleich mehrere Aufzählungen in der umstrittenen Studie von Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff. Auch in der Broschüre Ist die ganze Welt bald pleite? sind wir auf die Frage eingegangen, wann Staaten pleite sind – keine einfache Frage: ›Pleite‹ ist ein schwieriger Begriff, wenn man ihn auf Staaten anwendet. Bei einem Unternehmen ist es leicht: Die Firma kann ihre Rechnungen oder Zinsen nicht mehr bezahlen, erhält von Banken keinen Kredit mehr. Es folgt das Insolvenzverfahren. Kommt der Insolvenzverwalter zum Schluss, dass nichts mehr zu retten ist, wird...