Linke Literatur mit politischem Rahmenprogramm: Der Verleger Jörg Sundermeier im Interview

Jedes Jahr im Oktober findet in Frankfurt die Buchmesse statt. Der Büchermarkt ist in einem Umbruch begriffen – nicht nur, weil sich mit Internet und E-Books das Leseverhalten verändert hat. Auch weil es Zentralisierungsprozesse gibt, was kleineren Verlagen mehr Spielraum gibt und sie zugleich unter Druck setzt. Über den Büchermarkt, kritisches Potenzial von Literatur, dicke Bücher und E-Books sprach ich für ak – analyse & kritik mit Jörg Sundermeier vom Berliner Verbrecher Verlag. Wenige Wochen vor der Buchmesse in Frankfurt am Main, im Biergarten des Clash im Berliner Mehringhof, ergab sich bei ein paar Bieren folgendes Gespräch. Continue reading “Linke Literatur mit politischem Rahmenprogramm: Der Verleger Jörg Sundermeier im Interview”

Der süße Klang von Ordnung. 1973 als Jahr des Neoliberalismus

Auf Rainer Hank ist verlass. Wenige Tage vor dem Scheitern der FDP am 22. September machte er sich anlässlich der Verleihung des Karl-Hermann-Flach-Preises in der FAZ Gedanken über die Zukunft des Liberalismus und blickte deshalb zurück ins Jahr 1973 – das Jahr des Putsches in Chile vor 40 Jahren.

Das liest sich dann so:

Was war los in diesem Jahr der Zäsur 1973? Das dominierende Thema des Sommers war die sich zuspitzende Situation in Chile, die schließlich am 11. September 1973 zu jenem gewaltsamen Putsch führte, mit welchem General Augusto Pinochet den 1970 demokratisch an die Macht gekommenen sozialistischen Präsidenten Salvador Allende entmachtete und mit seiner Junta eine Militärdiktatur errichtete, die sich bis 1990 halten konnte. Auf die Menschenrechtsverletzungen, darunter mehrere Tausende Ermordete, mehrere zehntausend Fälle von Folter und gewaltsam „verschwundenen“ Chilenen, reagierte die Welt mit großem Abscheu.

Ja, wirklich. Abscheu? Continue reading “Der süße Klang von Ordnung. 1973 als Jahr des Neoliberalismus”

Staatsgefährdendes Propagandamaterial Marx-Engels-Werke

Kommende Woche trägt Oskar Negt zu seinem Verhältnis zur Frankfurter Schule vor (Flyer). Vor drei Jahren hat er einen Teil seines Vorlasses dem Archivzentrum der Frankfurter Universitätsbibliothek übergeben (hier aufgeführt). Ein Schriftverkehr zeigt, wie schwer es 1960 unter Adenauer war, sich mit Marx auseinanderzusetzen.

Nach der Beschlagnahmung eines an Negt adressierten Pakets schreibt das Amtsgerichts Frankfurt an Negt:

»Es wird Ihnen mitgeteilt, dass ein an Sie gerichtetes Paket aus der Sozialistischen Besatzungszone, in welchem sich staatsgefährdendes Propagandamaterial befand, auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen von dem Amtsgericht in Rothenburg beschlagnahmt worden ist.« (Quelle)

Worauf Negt wartete: Bände der Marx-Engels-Werkausgabe (MEW). Negt, der derzeit bei Adorno promovierte, antwortete:

»Auf Grund des innerdeutschen Handels sind alle Bücher, die im Dietz- und Aufbauverlag erschienen sind, im westdeutschen Buchhandel erhältlich. Ich folgere daraus, dass sie deshalb nicht staatsgefährdend sein können.«

Was dem Archiv leider bei der Archivierung entgangen ist: Es kann sich nicht um Ausgaben der Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) gehandelt haben, wie es dort heißt, denn diese erschien erst ab 1975 im Dietz-Verlag (siehe u.a. hier).

Welche Keynes-Kritik hätten sie den gerne?

Keynes-KarikaturAuf »Wirtschaft und Gesellschaft« versuchte vor ein paar Tagen Christian Christen, Keynes vor seinen LiebhaberInnen zu retten – zu Recht. All zu oft firmiert unter Keynesianismus etwas, was an Keynes und seiner Kritik an der Neoklassik vorbeigeht. Ein Grund, warum viele von Bastard-Keynesianismus sprechen, ein Begriff, der auf die Ökonomin Joan Robinson zurückgeht. Als Kritikfolie zieht Christian Christen auch einen Artikel von mir heran. Einen recht kurzen Artikel für die Tageszeitung neues deutschland, in dem ich zu Keynes Position beziehen sollte. Eine klassische Pro/Contra-Diskussion, bei der sich Heiner Flassbeck für den Keynesianismus ins Zeug legen sollte. Kein Wunder also, dass Keynes bzw. der Keynesianismus bei mir nicht all zu gut wegkam. Auftrag erledigt.

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Mitterrands Albtraum: Ein Europäisches Währungssystem ist keine Alternative

François Mitterrand 2099 bei der Université d’été du parti socialiste.

Als Oskar Lafontaine in einem Interview beiläufig sagte, er wäre dafür, Euro-Ländern den Ausstieg aus der Gemeinschaftswährung zu ermöglichen, wusste die Öffentlichkeit noch nicht, dass die Rosa-Luxemburg-Stiftung gerade dabei war, eine Studie zum Thema zu veröffentlichen – u.a. von Lafontaines ehemaligem Staatssekretär Heiner Flassbeck. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Die Debatte geriet auf jeden Fall ins Rollen (lange vor Veröffentlichung der Flassbeck-Lapavitsas-Studie). Ausführliche Dossiers beim nd und der rls versammelt wichtige Beiträgen und Berichte. Continue reading “Mitterrands Albtraum: Ein Europäisches Währungssystem ist keine Alternative”

Mitterrands Albtraum. Ein Europäisches Währungssystem ist keine Alternative. Das zeigt Frankreichs Politik der achtziger Jahre

Von Ingo Stützle

Am selben Sonntag im März 1983, an dem Helmut Kohl seine erste Wahl zum Bundeskanzler gewann, war der Hoffnungsträger der französischen Linken, François Mitterrand, am Ende. Bei den Kommunalwahlen hatten seine Sozialisten eine herbe Schlappe einstecken müssen, die Folge von steigender Arbeitslosigkeit und Inflation. Mitterrand brach daraufhin das keynesianisch-sozialistische Experiment ab, das er nach seiner Wahl zum Präsidenten 1981 begonnen hatte, und leitete einen harten Austeritätskurs ein. Mit Kohl, so glaubte man in Frankreich, war der Neoliberalismus endgültig auch in Deutschland angekommen – und gegen Deutschland angesichts der Dominanz der D-Mark keine Politik zu machen.

Lafo: zurück Richtung EWS

Mitterrands Scheitern ist ein spannender Fall, um Sinn und Unsinn des Euro-Austritts zu diskutieren, wie er momentan nicht nur von rechten Parteien wie der AfD, sondern auch von links gefordert wird. Aber solche historischen Rückblicke sind momentan nicht allzu sehr en vogue: Man müsse “die einheitliche Währung aufgeben und zu einem System zurückkehren, das, wie beim Vorläufer der Europäischen Währungsunion, dem Europäischen Währungssystem (EWS), Auf- und Abwertungen erlaubt”, so Oskar Lafontaine im April. Frankreich war aber zu Mitterrands Zeiten im EWS. Die mangelnden Möglichkeiten, die dieses damals Paris bot, waren der Hauptgrund für den französischen Präsidenten, stattdessen auf eine gemeinsame europäische Währung zu drängen. Ohne diese, verbunden mit einer gemeinsamen Geldpolitik, seien die europäischen Staaten “dem Willen der Deutschen unterworfen”, glaubte er.

Das EWS sorgte ab 1979 bis zur Gründung des Euro für relativ stabile Wechselkurse in Europa. Zugleich erlaubte es Ländern, ihre Währung abzuwerten, wodurch Exporte billiger und damit eher nachgefragt wurden. Genau diese “Flexibilität” sehen viele Eurokritiker heute als Vorteil. Eine Abwertung könne fehlende Wettbewerbsfähigkeit ausgleichen. Im EWS waren solche Abwertungen nur nach politischer Übereinkunft möglich, wobei Deutschland aufgrund seiner wirtschaftlichen Stärke den Ton angab. Deshalb bedeutete bereits das EWS “eine weitgehende Aufgabe” der “geldpolitischen Autonomie” der EWS-Mitgliedstaaten, so der damalige Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl.

Mitterrands “Keynesianismus in einem Land” hatte 1981 mit der Verstaatlichung von zwölf Unternehmensgruppen und 39 Banken und Finanzinstitutionen begonnen. Der Staat besaß danach 13 der 20 wichtigsten französischen Unternehmen. Gleichzeitig wurde der Mindestlohn um 10 Prozent erhöht, die Mindestrente um 20. Im öffentlichen Dienst schuf der Staat 150.000 neue Stellen. Zum Problem wurden die Kosten. Die öffentlichen Ausgaben stiegen zwischen 1981 und 1982 um fast 12 Prozent, allein 1982 wuchs das staatliche Defizit um fast 3 Prozent.

Gegenspieler Pöhl

Der Regierung Mitterrand war klar, dass das keynesianische Experiment mit einer Stabilisierung der Währungsverhältnisse flankiert werden musste. Frankreich war hinsichtlich der außenwirtschaftlichen Abhängigkeit nicht so naiv, wie oft vermutet wird – allerdings nach dem Ende von Bretton Woods international sehr isoliert. Das Land plädierte nun für die Neuauflage eines solchen Systems fester Wechselkurse, fand aber einen seiner wichtigsten Gegenspieler in Deutschland – in Karl Otto Pöhl.

Aufgrund der fehlenden Koordinierung der Wechselkurse halbierten sich die französischen Devisenreserven von 1981 bis 1983 auf 30 Milliarden Franc. Frankreich musste seine unter Druck geratene Währung allein stützen, mit seinen Währungsreserven Franc aufkaufen. Als die Devisen zur Neige gingen, blieb nur eine Abwertung des Franc. Gegenüber der D-Mark sank sein Wert in zwei Jahren um 27 Prozent, womit auch der Spielraum der Politik schwand. Zum einen wurden die Importe teurer, was die Inflation befeuerte. Mit der schwindenden Konkurrenzfähigkeit Frankreichs stiegen die Importe um 40 Prozent, das Handelsbilanzdefizit Frankreichs hatte einen historisch einmalig schlechten Wert. Dies hing auch mit der gezielten Unterbewertung der D-Mark durch die Bundesbank zusammen, die den deutschen Export befeuern sollte.

Auch wenn Frankreich 1983 unter Druck stand, war es nicht selbstverständlich, dass es sich den neuen Bedingungen beugte. Mitterrand ließ alternative Optionen prüfen. Sein außenpolitischer Berater Jacques Attali schlug einen aggressiven Kurs gegenüber Deutschland vor: Würde nach der Bundestagswahl die D-Mark nicht aufgewertet, solle Frankreich das EWS verlassen und den Kurs des Franc freigeben. Mitterrand fürchtete aber, dass sich bei einem EWS-Austritt die Bedingungen für Frankreich weiter verschlechtern würden.

Deutsche Bedingungen

De facto hatte Frankreich zwei Optionen: entweder den Franc weiter abzuwerten oder Zinssenkungen der Bundesbank beziehungsweise eine Aufwertung der D-Mark. Auf freiwilliges Nachgeben Deutschlands konnte Mitterrand aber nicht rechnen. Finanzminister Jacques Delors warf Deutschland daher politische Arroganz vor: ein Vorwurf, den man in Bonn ungern hörte. Frankreich wollte so Deutschland eine gewisse Kooperationsbereitschaft abringen – was auch gelang. Nicht nur wurde der Franc schließlich um 2,5 Prozent abgewertet, gleichzeitig erfuhr die D-Mark eine Aufwertung um 5,5 Prozent. Deutschland machte seine Aufwertung aber von einem französischen Austeritätskurs abhängig. Laut Libération gehörten dazu Haushaltskürzungen um 20 Milliarden Franc.

Ab 1983 wurde somit nicht nur deutlich, dass gegen den kapitalistischen Weltmarkt keine Politik zu machen war, sondern auch nicht gegen Deutschland als stärkster Wirtschaftsmacht Europas. Mit einer Auflösung des Euro wäre daher nicht viel gewonnen, solange nicht die Zielsetzung der europäischen Wirtschaft selbst infrage gestellt wird: die Steigerung von Wettbewerbsfähigkeit und die Ausrichtung an Profitabilität. Eine Debatte, die entlang der Frage geführt wird, ob der Euro abgeschafft gehört, ist da wenig hilfreich.

Erschienen in: taz. die tages­zei­tung, 28.6.2013.

In der taz-Eurodebatte schrieben Winfried Wolf, Elmar Altvater und Steffen Lehndorff.

Prokla 171 erschienen! Demokratie und Herrschaft, Parlamentarismus und Parteien

Für die Prokla 171 habe ich mich erneut als Gastredakteur nützlich gemacht. Nach den Debatten im letzten Jahr zur Linkspartei war es mir wichtig, dass die Debatte weitergeht bzw. auf angemessenem Niveau erstmal beginnt. Nun ist die Ausgabe erschienen – passend zum anstehenden Wahkampf im Vorfeld der Bundestagswahlen im September.

»Demokratie, Öffentlichkeit, Parteien sind in den letzten Jahren verstärkt Gegenstand politischer Auseinandersetzungen geworden. Es sind insbesondere die sozialen Bewegungen vom “arabischen Frühling” bis zum Protest gegen “Stuttgart 21”, die den Mangel an Demokratie und Beteiligung beklagen, die kritisieren, dass in der repräsentativen Demokratie die Interessen der Bevölkerung nicht ausreichend vertreten sind. Auch die Kritik an der Repräsentation ist nicht neu. Immer wieder kommt es zur Bildung von Protest- und Anti-Partei-Parteien. PROKLA 171 fragt u.a.: Welchen Illusionen über neue und alte Formen der Öffentlichkeit, welchen Illusionen über die Möglichkeiten parlamentarischen Einflusses sitzt man auf? Ist Demokratie “nur” die adäquate Form bürgerlicher Herrschaft oder steht sie potenziell dem “Zwang der ökonomischen Verhältnisse” entgegen, eröffnet sie eine Perspektive zur Überwindung von Ausbeutung und Herrschaft? Welche Rolle spielen die Parlamente, die Parteien, die Wahlen, die Öffentlichkeit im bürgerlichen Herrschaftsapparat? Was können linke Parteien zu emanzipatorischen Prozessen beitragen?nsnationalen Konzerne und den multiplen globalen Krisen fragen.«

Das Inhaltsverzeichnis findet ihr hier.

FAQ. Noch Fragen? War das EWS besser als der Euro?

DMark
War die D-Mark mit dem EWS keine Mittel der deutschen Hegemonialpolitik? Foto: CC-Lizenz, oxfordian

Die Debatte innerhalb der Linken hat nochmals Fahrt aufgenommen: Soll am Euro festgehalten werden? Der Euroausstieg wird als Antwort auf die Krisenpolitik »von oben« präsentiert. Zumindest wird behauptet, der Euro sei mitverantwortlich dafür, dass der Austeritätskurs möglich ist. Der Vorschlag: zurück zum Europäischen Währungssystem (EWS), das, zumindest formal, von 1979 bis zur Einführung des Euro 2002 herrschte. Was jedoch gerne unter den Tisch fällt: auch hier dominierte Deutschland.  Continue reading “FAQ. Noch Fragen? War das EWS besser als der Euro?”

Hätte, müsste, könnte: Politik im Konjunktiv. Statt radikaler Pose bedarf es organisierter Lernprozesse

klassenlos
Die Geschichte ist eine Geschichte von klasse Kämpfen (Muhammad Ali).

 

 

Bei mir hat sich etwas Polemik gegen Politik im Konjunktiv angestaut. In der neuen Ausgabe von ak – analyse & kritik antworte ich den Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft.

Die Freundinnen und Freunde der klassenlosen Gesellschaft setzten in ak 580 nochmals zur Debatte über linke Strategien in der Krise an und provozierten einige Repliken. In ihrem Text kritisieren sie verschiedene linke Gruppen und Einzelpersonen dafür, dass sie nicht nur der Illusion staatlicher Politik verfallen seien, sondern diese sogar schüren würden – darunter war auch ich. Statt die Frage nach der Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise in der Prioritätenliste ganz nach oben zu setzen, schaffe diese »Staatslinke« den Kitt für die von der Krise produzierten Risse im System. Verwunderlich ist, wie die FreundInnen einen reformistischen Einheitsbrei aus recht unterschiedlichen ProtagonistInnen und Gruppen anrühren – und warum.

>>> Weiterlesen bei ak – analyse & kritik

Türkei: Politik im Modus der Zuspitzung

Foto: CC-Lizenz, mburaksu

Für die aktuelle Ausgabe von ak – analyse & kritik habe ich mit Serhat Karakayali ein Interview zur Türkei, die Auseinandersetzungen um den Gezi-Park und Politik im Modus der Zuspitzung gemacht.

Die türkische Regierung entschied im Mai 2013, dass Teile des beliebten Istanbuler Gezi-Parks einem Einkaufszentrum weichen sollen. Der Konflikt eskalierte, nachdem es zu massiver Polizeigewalt kam. Aktivist und Sozialwissenschaftler Serhat Karakayali ist deshalb nach Istanbul geflogen. ak sprach mit ihm nach seiner Rückkehr und noch vor einer weiteren Eskalation in der Nacht zum 12. Juni 2013.

>>> Interview in ak 584

Verarmung made in Frankfurt/M. by EZB

Thomas Sablowski und Etienne Schneider haben ein Standpunkte-Papier zur EZB geschrieben:

»Die Aktivitäten von Zentralbanken erscheinen meistens als rein technische Verfahren: Bereitstellung von Geld … Tatsächlich verbirgt sich jedoch hinter dieser vermeintlichen Entpolitisierung eine gezielte Festlegung der Zentralbanken auf die Vorgaben neoliberaler Geldpolitik. Da Zentralbanken in den gesellschaftlichen Verteilungskonflikten eine wesentliche Rolle spielen, geriet die Europäische Zentralbank (EZB) denn auch in der Krise wie kaum ein anderer europäischer Staatsapparat ins Handgemenge politischer Auseinandersetzungen, auch innerhalb der herrschenden Klassen, und wurde zu einem der wichtigsten Akteure der autoritär-neoliberalen Krisenpolitik.«

Und das Handgemenge wird mit Blockupy Ende des Monats nochmals handgreiflich werden.

Streitfrage im nd: Was taugt Keynes zur Lösung der aktuellen Krise?

Die Eurokrise hält die um die deutsche Wirtschaft besorgte Politik im Bann – auch die am Keynesianismus orientierten Linken. Angesichts des 2013 erwarteten Rückgangs des Bruttoinlandprodukts in der Eurozone zeigte sich der Chefvolkswirt der LINKEN, Michael Schlecht, sehr beunruhigt. »Wer jetzt nicht dafür sorgt, dass die Löhne kräftig steigen, gefährdet auch noch den letzten Stabilitätsanker der deutschen Wirtschaft. Das blinde Vertrauen in die positive Entwicklung der Exporte muss endlich einem gesunden Realismus weichen«, so Schlecht. Die zitierte Pressemitteilung macht ein Grundproblem des Keynesianismus deutlich. Er sorgt sich, genauso wie die neoliberalen Kräfte und Unternehmensverbände, vor allem um Kapitalakkumulation und profitable Investitionen. Continue reading “Streitfrage im nd: Was taugt Keynes zur Lösung der aktuellen Krise?”

Seminarreihe zur Euro-Konstruktion. Teil III und IV: Verlaufsform und Zuspitzung des Widerspruchs – Eine Krise viele Antworten?

«Regierungen und Zentralbank werden alles tun, um den Euro zu erhalten», sagt Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB). Was ist «alles»? Die Anti-Krisenstrategie basiert bislang auf drei Säulen: Die Staaten richten einen 500-Milliarden-Euro-Rettungsschirm (ESM) ein; die EZB kauft Anleihen von Krisenstaaten; die Länder der Eurozone beschließen Sparprogramme und «Strukturreformen», um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln.

Angesichts des ökonomischen Niedergangs in Griechenland, Portugal und Spanien bleibt die Frage: Was «rettet» der Rettungsschirm eigentlich? Und was stützen die Stützungskäufe der EZB? Was bedeutet es, wenn die Zentralbank Staatsanleihen kauft und den Finanzmarkt mit «Milliarden flutet»? Und wer zahlt dafür, dass massenhaft «Geld gedruckt» und Garantien gegeben werden?

Auch der Vortrag und die Diskussion des dritten Teils sind nun online:

4. «Eine Krise viele Antworten?»

Die herrschende Krisenpolitik zeigte wieder einmal: Wer die Definitionsmacht über ein Problem hat, bekommt die (politische) Lösungskompetenz. Konkret: Aus der Krise des Kapitals wurde eine Staatsschuldenkrise gemacht, für die alle bzw. vor allem die Lohnabhängigen haftbar gemacht werden mit Sparhaushalten, Renten- und Lohnkürzungen, Flexibilisierung der Arbeitsmärkte etc.

Gleichzeitig ist die linke Diskussion über Krise und Wege aus der Krise lebendiger denn je. Krise bedeuten immer auch Risse im Putz – Morgenluft für eine andere Gesellschaft. Welche linken Erklärungen prägen die letzten Jahre? Welche Konzepte werden von links angeboten? Kann es einen «linken» Austritt Griechenlands aus der Eurozone geben? Was bringt ein Schuldenschnitt? Helfen Eurobonds oder die Finanztransaktionssteuer? Ist eine Verstaatlichung oder eine Zerschlagung von Banken angesagt? Was ist mit Kampagnen wie UmFairteilen? Was hat es mit Vollgeld auf sich? Wie aktuell ist die Frage nach einer Gesellschaft jenseits von kapitalistischer Herrschaft?

Auch der Vortrag und die Diskussion des vierten Teils sind nun online:

Die komplette Dokumentation der Reihe findet ihr hier. Vielleicht sehen wir uns bei der Abschlussveranstaltung!

Nach Feierabend: Linke lesen Leni … äh, Marx, natürlich

Satellitenseminare2010Neulich war der Jens Rosbach vom Deutschlandfunk im Kapitalkurs zu Besuch. Er hatte viele Fragen mitgebracht – zu unsere Motivation und was so diskutiert wird. Aus zwei Stunden Frage-und-Antwort-Material und O-Tönen ist ein etwas mehr als fünf Minuten geworden. Am Zusammenschneiden saß Jens Rosbach bestimmt zwei Tage. Als freier Journalist bekommt man für die fünf Minuten etwa 300 Euro – ich hoffe, Herr Rosbach ist angestellt.

In jedem Fall Anlass genug, sich den ersten Band des Kapitals anzutun, um herauszufinden, was es mit der Mehrarbeit und dem Kampf um den Normalarbeitstag auf sich hat.

Das rote Büchlein, das am Anfang erwähnt wird, ist übrigens die von Dietmar Dath kommentierte Ausgabe von Lenins Staat und Revolution.

Die Anmoderation ist zum Glück nicht mehr zu hören. Dass Marx nämlich wenig mit moralischer Kritik zu tun hat, wie seit der Krise immer wieder im bürgerlichen Feuilleton behauptet wird, hätte man in ak 533 lesen können – sozusagen als Vorbereitung für den Radiobeitrag, der die Marx-Bubble zum Thema hat.

Aber hört selbst:

http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2013/02/14/dlf_20130214_1951_6702c367.mp3

Ach ja: Das nächste Mal werde ich auf eine Quotierung der Redezeit drängen – Valeria hatte eigentlich genausoviel zu sagen.

Der Beitrag kann auch hier nachgelesen werden.