Die Hilflosigkeit keynesianistischer Makroökonomie

Nachdem die Krise 2008 zu einer internationalen Banken- und Finanzkrise ausartete und eine tiefgreifende Depression nach sich zog, waren Vergleiche mit 1929 an der Tagesordnung. In der Diskussion über wirtschaftspolitische Alternative wurde und wird auch regelmäßig der in den 1930er Jahren angestrengte »New Deal« ins Feld geführt – als positives Beispiel für eine Alternative.

Stephan Schulmeister vom österreichischen WIFO hat nun ein 23seitiges Papier mit dem Titel »Von Roosevelt lernen: Sein ›New Deal‹ und die große Krise Europas« vorgelegt. Der Beitrag ist wie immer lehrreich und interessant – nur etwas hilflos. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn diese politische Hilflosigkeit selbst Thema werden würde. Wird sie aber nicht. Die Hilflosigkeit drückt sich darin aus, dass die Politik Roosevelt allein als kluge Wirtschaftspolitik mit dem nötigen Durchsetzungswillen verkauft wird. War sie das? Mitnichten.

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US-working class disarmed. Grafik von Doug Henwood.

Noch bis 1932 hatte Roosevelt schuldenfinanzierte Staatsintervention abgelehnt. Was überzeugte ihn, einen anderen Kurs einzuschlagen? Es waren die Klassenkämpfe, die in den USA wüteten und viele Menschen politisierten: Neben einer radikalen, großen Arbeitslosenbewegung, die auf Selbstorganisierung setzte, streikten trotz drohendem Jobverlust Millionen von ArbeiterInnen (vor allem in der Autoindustrie). Ein effektives Mittel in den Fabriken waren die berühmten Sit-Down-Streiks. Die Arbeitskämpfe zogen weitere Kämpfe nach sich und machten die Gewerkschaften stark. Die Zahl der Mitglieder vervielfachte sich. Vor diesem Hintergrund war das Kapital gezwungen, die Gewerkschaften als ›Tarifpartner‹ anzuerkennen, und die Demokratische Partei dazu, einen Mindestlohn und die 40-Stunden-Woche zu verabschieden.

Die Arbeitskämpfe und sozialen Konflikten bei der »Geschichtsschreibung« zum New Deal auszublenden, reduziert diesen auf eine »gute Idee« – als eine Verschiebung wollen Willensverhältnissen, statt von gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnissen, Kräfte, die es in den 1930ern durchaus gab, aber derzeit eben nicht – weder in den USA oder der EU und noch weniger in Deutschland oder Österreich.

USA, 1934: Open battle between striking teamsters armed with pipes and the police in the streets of Minneapolis.