Imperialismustheorie und Luxemburgs Kritik an Marx’ Reproduktionsschemata

Rosa Luxemburg ist für viele Linke ein positiver Bezugspunkt. Kein Wunder, schließlich kritisierte sie die Sozialdemokratie und die kommunistischen Bolschewiki gleichermaßen. Bereits vor der Jahrhundertwende wandte sie sich gegen die Verharmlosung des Kapitalismus, einen Punkt, den sie in ihrem vor 100 Jahren erschienen Buch »Die Akkumulation des Kapitals« ausformulierte.[1. Seitenzahlen im Text beziehen beziehen sich auf die Gesammelten Werke] Ihre »ökonomische Erklärung des Imperialismus«, so der Untertitel, erschien 1913, ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Kein Wunder also, dass das Buch für viele ein wichtiger imperialismustheoretischer Beitrag war und nach wie vor ist (vgl. mein Beitrag in ak 592, den Beitrag von Judith Dellheim, Lutz Brangsch, die Dokumentation der RLS-Tagung und den Mitschnitt eines Vortrags zum zweiten Band des Kapitals von Michael Krätke Teil 1/ Teil 2).

Im Folgenden soll Luxemburgs Marxkritik dargestellt und kritisiert werden – hierbei geht es etwas formel zu.

Luxemburgs zentraler Punkt ist, dass die kapitalistische Produktionsweise nur unter Zugriff auf nicht-kapitalistische Milieus existieren könne (AA, 299, 314), ein Zugriff, der mitunter militärisch durchgesetzt werden müsse (Imperialismus; AA, 314). Luxemburg zufolge ist eine reine kapitalistische Produktionsweise unmöglich. Ausgangspunkt ihrer Argumentation sind die von Marx im zweiten Band des Kapitals diskutierten sogenannten Reproduktionsschemata. Marx unterscheidet dort zwischen zwei Abteilungen der Produktion (Produktion von Produktionsmittel und Produktion von Konsumtionsmittel). Nur unter bestimmten Austauschverhältnissen zwischen diesen beiden Abteilungen ist, so Marx, eine Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals und Akkumulation überhaupt möglich. Marx unterstreicht, dass hierbei nicht nur die Wert- sondern auch die Stoffdimension relevant ist. Michael Heinrich schreibt hierzu in seiner Einführung:

Damit sich das gesellschaftliche Gesamtkapital reproduzieren kann, muss das Gesamtprodukt eine bestimmte stoffliche Proportionierung aufweisen: es müssen einerseits so viele Produktionsmittel produziert werden, wie die Einzelkapitale insgesamt benötigen und es müssen andererseits so viele Lebensmittel produziert werden wie Arbeiterhaushalte und Kapitalisten konsumieren. Da Produktions- und Lebensmittel aber nicht einfach verteilt, sondern getauscht werden, müssen die stofflich bestimmten Teile des gesellschaftlichen Gesamtprodukts auch eine bestimmte wertmäßige Proportionierung aufweisen, so dass die Produktions- und Lebensmittel auch bezahlt werden können.

Luxemburg argumentiert nun, dass eine Investitionsinitiative von Abteilung I ausgehe und die Abteilung II von dieser abhängig sei (AA, 91, 96f.). Im Sozialismus sei das Verhältnis umgekehrt, weil hier die Bedürfnisbefriedigung Ziel der der Produktion sei (AA, 100).[2. Ein interessantes Detail ist hier, dass erst Engels im Zuge der Editionsarbeit diese »Reihenfolge« festlegte. Marx benutzte in den diversen Manuskripten zunächst nicht nur mehr Abteilungen, sondern verwendete die aus MEW 24 bekannte Reihenfolge der beiden Abteilungen erst in Manuskript VIII – zuvor umgekehrt.]

Was aber kritisiert Luxemburgs? Marx, so Luxemburg, würde eine mathematische Auflösung bei der Konstruktion der Schemata erzwingen (AA, 91, 97). Eine Konsequenz sei, dass es eine Produktion um der Produktion willen gebe (AA, 102, 283f.), es werde produziert, damit die Reproduktion funktiniere, die Austauschverhältnisse stimmen. Für Luxemburg eine Absurdität. Antrieb im Kapitalismus sei der Profit, Ziel sei nicht, eine mathematische Formel aufgehen zu lassen.

Marx, so Luxemburg, habe zudem unangemessene Abstraktionen vorgenommen, da er von Produktivitätssteigerungen, wachsender Wertzusammensetzung und steigender Mehrwertrate absehe (AA, 285, 288). Diese zeichnen die kapitalistische Produktionsweise aber gerade aus und verschärfen Luxemburg zufolge das aufgeworfene Problem. Vor diesem Hintergrund stellt sich Luxemburg schließlich die Fragem, woher die zahlungsfähige Nachfrage kommen kann, damit Waren und Mehrprodukt versilbert werden können. Hierbei schließt sie KapitalistInnen als Konsumenten ebenso aus wie die die Arbeiterklasse und alle, die ihr Einkommen aus Teilen des Mehrwerts beziehen.

Luxemburg zieht eine theoretische Konsequenz: Es bedarf nicht-kapitalistischer Milieus für den Absatz des Warenrests und politischer Gewalt (Militarismus). Die sogenannte ursprüngliche Akkumulation sei deshalb kein einmaliger Vorgang, sondern ein ständig stattfindender Prozess des Zugriffs auf nicht-kapitalistische Milieus. Eine reine kapitalistische Ökonomie sei unmöglich.

Wenn es auch viel Kritik an Luxemburgs Ausführungen und ihrer Imperialismustheorie gab, so bringt es der politische Bezugspunkt Luxemburg doch auch mit sich, dass hinsichtlich der theoretischen Konsistenz ihrer Kritik und Interpretation der Reproduktionsschemata ein Auge zugedrückt wird (so auch in einigen Aufsätzen im jüngst erschienenen VSA-Sammelband zu Luxemburg).

Im Folgenden soll auf die These eines auftretenden »Konsumtionsrestes«, der nicht realisiert werden kann, eingegangen werden. Dabei setze ich bei der marxschen Formalisierung im dritten Abschnitt des zweiten Bandes an. Mathematische Umformungen werden ausführlicher als üblich dargestellt, um Leseschwierigkeiten zu vermeiden.

Folgendes Reproduktionsschema ist Ausgangspunkt:

 I. c1 + v1 + m1 = W1
 II. c2 + v2 + m2 = W2
Gesamt: c + v + m   = W

Wenn wir erweiterte Reproduktion annehmen, so teilt sich der Mehrwert in die Konsumtion der Kapitalisten (k) sowie in die Investitionen in neues fixes und variables Kapital:

I. c1 + v1 + Δc1 + Δv1 + k1 = W1
 II. c2 + v2 + Δc2 + Δv2 + k2 = W2
Gesamt: c + v + Δc + Δv + k = W

Wir nennen q die Wertzusammensetzung in den beiden Abteilungen, wobei unterschiedliche Wertzusammensetzungen angenommen werden:

qi = ci / vi

i = 1,2

Wir nehmen eine gleiche Mehrwertrate e = mi / vi in beiden Abteilungen an.

Zudem wird im Folgenden angenommen, dass die Wertzusammensetzung konstant bleibt, dass also u.a. die technologischen Produktionsbedingungen gleich bleiben. Um dies zu gewährleisten, werden c und v mit der gleichen Wachstumsrate zunehmen:

(Δci/ci) = (Δvi/vi) = ΔCi/Ci       [C ist das Gesamtkapital.]

Der gleichgewichtige Austausch der beiden Abteilungen ist (unabhängig davon, von welcher Seite wir dies betrachten):

Angebot Nachfrage
c1 + v1 + Δc1 + Δv1 + k1 = c1 + Δc1 + c2 + Δc2
v1 + Δv1 + k1 = c2 + Δc2
c2 + v2 + Δc2 + Δv2 + k2  = v1 + Δv1 + k1 + v2 + Δv2 + k2
c2 + Δc2  = v1 + Δv1 + k1

Unterstellt wird, dass die Konsumtionsmittel einer Periode mit den Löhnen der gleichen Periode bezahlt werden. Die Annahme eines time-lags würde wahrscheinlich die Sache etwas komplizieren, ohne für unsere Frage neue Einsichten zu bringen.

Für die Diskussion ist eine Begriffsbestimmung nötig. Der Unterschied zwischen der Akkumulationsrate und der Akkumulationsquote. Akkumulationsrate bezeichnet normalerweise das Verhältnis von neu investiertem Kapital zum Gesamtkapital. Die Aufteilung des Mehrwerts bzw. des Profits auf Konsum und Investitionen ist die Akkumulationsquote. Es wird sich nun zeigen, dass tatsächlich in beiden Abteilungen unterschiedliche Akkumulationsquoten existieren müssen, um ein gleichgewichtiges Wachstum zu ermöglichen. Allerdings gibt es keine Begründung dafür, warum dies eine „unmögliche Voraussetzung“ sein sollte. Zudem ermöglichen diese unterschiedlichen Akkumulationsquoten gerade ein Wachstum bei gleicher Akkumulationsrate. Auch die Annahme einer gleichen Akkumulationsrate in beiden Abteilungen ist keineswegs eine allgemeine Bedingung gleichgewichtigen Wachstums, sondern ein Spezialfall.

Ist die Gleichheit der Akkumulationsraten eine notwendige Bedingung oder Charakteristik des Reproduktionsprozesses?

Man kann zeigen, dass die gleichgewichtige Reproduktion ein ganz bestimmtes Verhältnis zwischen den Akkumulationsraten der beiden Abteilungen voraussetzt, nämlich:

g2 = h/q2(1 + e – g1*q1 – q2/h) mit h = v1/v2

Die Ableitung ist im Appendix 1 enthalten. Gleichgewicht bedeutet dabei, dass alles, was produziert wurde, auch abgesetzt werden kann.

Es gibt unendlich viele Möglichkeiten der Lösung dieser Gleichung, in einem bestimmten Fall ist die Gleichheit der Akkumulationsraten gewährleistet:

g1 = g2 = [h(1 + e) – q2] / (q2 + h*q1)  Ableitung im Appendix 1

Die Gleichheit der Akkumulationsraten ist also nicht notwendig, sie ist aber möglich. Es sollte hervorgehoben werden, dass der Spezialfall gleicher Akkumulationsraten der einzige Fall ist, der Wachstum mit einer konstanten Akkumulationsrate erlaubt. Das erkennt man in der ersten Formel daran, dass nur im Falle gleicher Akkumulationsraten angesichts der gemachten Voraussetzung konstanter Wertzusammensetzungen das Verhältnis von v1 zu v2 (also h) konstant bleibt. Im Falle ungleicher Akkumulationsraten ist ein gleichgewichtiges Wachstum auch möglich, allerdings müssen sich die Akkumulationsraten dauernd verändern und anpassen.

Nehmen wir gleiche Akkumulationsraten an – kommt es dann zu einem unabsetzbaren »Konsumtionsrest«?

Nein, man kann zeigen, dass der Spezialfall gleicher Akkumulationsraten ungleiche Akkumulationsquoten voraussetzt. Wird ein bestimmtes Verhältnis zwischen diesen Akkumulationsquoten eingehalten, so gibt es keine Realisierungsprobleme. Dieses notwendige Verhältnis der Akkumulationsquoten ist:

a2/a1 = (1 + q2) / (1 + q1) mit a = Akkumulationsquote, q = Wertzusammensetzung; siehe Appendix 2

Darstellung am marxschen Beispiel:

Nehmen wir das Beispiel MEW 24, S.505:

 I. 4000c + 1000v + 1000m = 6000
 II. 1500c + 750v + 750m = 3000

Wir haben:

Mehrwertrate: e = 1.0
Wertzusammensetzungen: q1 = 4.0, q2 = 2.0
Verhältnis v1/v2: h = 4/3 » 1.333

Für dieses System gibt es unendlich viele gleichgewichtige Kombinationen der Akkumulationsraten, nämlich:

g2 =

(h/q2)(1 + e – g1*q1 – q2/h)

=

(2/3)(1+1–g1*4–2*3/4)

=

1/38/3g1

Sollen beide Abteilungen mit der gleichen Akkumulationsrate wachsen, so muss diese Rate sein:

g1 = g2 =

[h(1 + e) – q2] / (q2 + h*q1)
~ 0,0909

In der ersten Periode wäre also:

Δc1 =

363,64

Δv1 =

90,91

k1 =

545,45

Δc2 =

136,36

Δv2 =

68,18

k2 =

545,45

Die Akkumulationsquote der Abteilung I wäre in diesem Fall 45,45 Prozent, der Abteilung II 27,27 Prozent. Man kann leicht feststellen, dass diese Akkumulationsquoten die oben genannte Gleichgewichtsbedingung erfüllen.

Mit diesen Werten wäre ein Wachstum mit einer konstanten Akkumulationsrate möglich.

Marx geht nun anders vor. Er weiß, dass es keine Notwendigkeit gibt, dass die Akkumulationsraten und Akkumulationsquoten gleich sein müssen, und er spart sich die Entwicklung der formalen Beziehungen. In seinem Beispiel nimmt er einfach die Akkumulationsquote der Abteilung I mit

a1 = 0.5

als gegeben an. Daraus ergibt sich eine Akkumulationsrate der Abteilung I von:

g1 = 0.1

Mit unserer Formel über die notwendigen Beziehungen zwischen den Akkumulationsraten können wir feststellen, dass die Akkumulationsrate der Abteilung II dementsprechend:

g2 = 1/38/3

g1 ~ 0.0667

sein muss. Tatsächlich kann man überprüfen, dass Marx ohne die Formeln aufzustellen für die Konstruktion seines Beispiels gezwungen war, die entsprechenden Werte zu finden:

Δc2 = 100 und Δv2 = 50, also ΔC = 150, was einer Akkumulationsrate von g2 = ΔC/C = 150/2250 = 0.0667 entspricht.

Das System kann gleichgewichtig akkumulieren, allerdings müssen sich bei jedem Schritt die Akkumulationsraten dem veränderten Verhältnis von v1 zu v2 (also h) anpassen.

Im zweiten Schritt bedeutet dies:

 I. 4400c + 1100v + 1100m = 6600
 II. 1600c + 800v   + 800m = 3200

Wir haben:

Mehrwertrate: e = 1.0
Wertzusammensetzungen: q1 = 4.0, q2 = 2.0
Verhältnis v1/v2: h = 1.375

Aufgrund unterschiedlicher Akkumulationsraten ist h leicht gestiegen. Es ist also nun eine Anpassung der Akkumulationsraten an die neue Situation notwendig. Marx nimmt weiterhin an, daß a1 = 0.5, g1 ist also auch weiterhin g1 = 0.1.

Es ergibt sich aber ein neuer Wert für

g2: g2 =

(h/q2)(1 + e – g1*q1 – q2/h)

=

0.375 – 2.75g1

Bei g1 = 0.1 muss g2 = 0.1. Es ist nun eine Situation mit gleichen Akkumulationsraten in beiden Abteilungen erreicht, d.h. die Akkumulation wird nun mit konstanter Rate von 0.1 weitergehen. Die Akkumulationsquoten sind a1 = 0.5 und a2 = 0.3.

Die hier benannten Anpassungen sind dabei natürlich Anpassungen an die formellen Gleichgewichtsbedingungen, sie sind noch nicht das Ergebnis einer Modellierung der Reaktionen der Kapitalisten auf die Entwicklung. Inwieweit sich das System also an das ›Akkumulationsgleichgewicht‹ wirklich anpassen könnte, kann auf dieser Ebene der Abstraktion nicht beantwortet werden.

Zusammenfassung

Nur vor dem Hintergrund (a) Akkumulationsquote und Akkumulationsrate nicht auseinander zu halten und (b) ohne jede Begründung davon auszugehen, dass im Kapitalismus die Akkumulationsraten, aber insbesondere die Akkumulationsquoten gleich sein müssten ergibt sich der unabsetzbare »Konsumtionsrest«.

Auch Bader et al. (1975: 311) konstatieren nach der formalen Herleitung der Möglichkeit gleichgewichtiger Reproduktion:

Die Diskussion der Gleichgewichtsbedingungen erweiterter Reproduktion führt auch unter der Einbeziehung variabler organischer Zusammensetzung und Mehrwertrate zu dem Ergebnis, dass auf der Ebene der Konstruktion von Reproduktionsschemata kein Aussage darüber möglich ist, ob zwangsläufig Lücken in der Gesamtnachfrage auftauchen.

Genau das wurde oben gezeigt. Die eigentlich spannende Frage ist jedoch die nach den ökonomischen und sozialen Mechanismen, die die Erfüllung der analysierten Gleichgewichtsbedingungen gewährleisten bzw.: systematisch topedieren. Die Schemata ergeben nur formale Kriterien für eine gelingende Reproduktion, die etwa Rudolf Hil­fer­ding als Hinweis auf eine Gleichgewichtstheorie missverstanden hat:

Gerade der zweite Band des Kapi­tal zeigt, wie inner­halb des kapi­ta­lis­ti­schen Systems die Pro­duk­tion auf immer erwei­ter­ter Stu­fen­lei­ter mög­lich ist. Ich habe mir oft gedacht, es ist nicht so schlimm, dass der zweite Band so wenig gele­sen wird, denn es könnte unter Umstän­den ein Hohe­lied des Kapi­ta­lis­mus aus ihm her­aus­ge­le­sen werden.

Das Gegenteil ist der Fall. Marx zeigt gerade, dass ein »normaler Verlauf« der Reproduktion, »sei es auf einfacher, sei es auf erweiterter Stufenleiter, die in ebenso viele Bedingungen des anormalen Verlaufs, Möglichkeiten von Krisen umschlagen, da das Gleichgewicht – bei der naturwüchsigen Gestaltung dieser Produktion – selbst ein Zufall ist.«

Die Jagd nach Profit und die durch die Konkurrenz hergestellte Durchschnittsprofitrate (Krisen eingeschlossen) sind hierbei der zentrale Mechanismus, der die Akkumulationsquoten und Akkumulationsraten beeinflusst. Für den Ausgleichsprozess, so Marx im dritten Band des Kapitals, ist jedoch das Kreditsystem von zentraler Bedeutung, von welchem er wiederum abstrahiert.

Literatur:

Bader, Veit-Michael/ Berger, Johannes/ Ganßmann, Heiner/ Hagelstange, Thomas/ Hoffmann, Burkhard/ Krätke, Michael/ Krais, Beate/ Kürschner, Lor/ Strehl, Rüdiger (1975): Krise und Kapitalismus bei Marx (2 Bde.), Frankfurt/M

Appendix I:

Aus der Gleichgewichtsbedingung können wir die notwendigen Relationen zwischen den Akkumulationsraten ableiten.

Wir setzen: h=v1/v2; qi = ci/vi.

c2 + Δc2 =

v1 + Δv1 + k1

c2 + g2*c2 =

v1 + g1*v1 + k1

c2(1 + g2) =

v1 + g1*v1 + k1

c2(1 + g2) =

v1 + g1*v1 + (1 – Δc1/m1 – Δv1/m1)e*v1

(1 + g2) =

v1/c2 + g1*v1/c2 + (1 – Δc1/m1 – Δv1/m1)e*v1/c2

(1 + g2) =

v1/c2 + g1*v1/c2 + (1 – g1*c1/m1 – g1*v1/m1)e*v1/c2

(1 + g2) =

v1/c2 + g1*v1/c2 + (1 – g1*q1/e – g1/e)e*v1/c2

g2 =

h/q2 + g1*h/q2 + e*h/q2 – g1*q1*h/q2 – g1*h/q2 – 1

g2 =

h/q2 + e*h/q2 – g1*q1*h/q2 – 1

g2 =

(h/q2)(1 + e – g1*q1 – q2/h)

Es gibt unendlich viele mögliche Kombinationen zwischen den Akkumulationsraten. In jeder Konstellation von v1/v2, Wertzusammensetzung und Mehrwertrate gibt es eine bestimmte Lösung für die Anforderung, dass beide Akkumulationsraten gleich sein sollen.

Nehmen wir nun an g1 = g2:

g1 =

h/q2 + e*h/q2 – g1*q1*h/q2 – 1

g1 + g1*q1*h/q2 =

h/q2 + e*h/q2 – 1

g1(1 + h*q1/q2) =

h/q2 + e*h/q2 – q2/q2

g1 =

h/[q2(1 + h*q1/q2)] + e*h/[q2(1 + h*q1/q2)] – q2/[q2(1 + h*q1/q2)]

g1 =

h/[q2(1 + h*q1/q2)] + e*h/[q2(1 + h*q1/q2)] – q2/[q2(1 + h*q1/q2)]

g1 =

[h(1 + e) – q2] / (q2 + h*q1)

Appendix II:

Es stellt sich die Frage, wie die Akkumulationsquoten beschaffen sein müssen, damit gleiche Akkumulationsraten gewährleistet sind.

Nennen wir a die Akkumulationsquote, d.h. den Anteil der Investitionen am Mehrwert:

ai = (Δci + Δvi) / mi , d.h.: (Δci + Δvi) = ai * mi

Nennen wir b den Anteil der Investitionen in variables Kapital an den Gesamtinvestitionen:

bi = Δvi / (Δci + Δvi), d.h.: Δvi = bi * (Δci + Δvi)

Aus dem letzten kann man den Anteil der Investitionen in konstantes Kapital an den Gesamtinvestitionen entwickeln (1-bi) und dann nach Dc umformen:

Δci = (1-bi) (Δci + Δvi)

Soweit nur rein formelle Vorbereitungen, die es aber gleich erlauben werden, der Frage von Wachstumsbedingungen näher zu kommen. Wir formen erst einmal weiter um und setzen ein. Die Wachstumsrate des variablen Kapitals ist:

gvi =

Δvi / vi Einsetzen

=

[bi * (Δci + Δvi)] / vi Einsetzen

=

[bi * ai * mi] / vi Erinnerung: m/v = e

=

bi*ai*e

Die Wachstumsrate des konstanten Kapitals ist:

gci =

Δci / ci Einsetzen

=

[(1-bi)(Δci + Δvi)] / ci Einsetzen

=

= [(1-bi)*ai*mi] / ci * (vi/vi)

=

[(1-bi)*ai*(mi/vi)] / (ci/vi) Vereinfachen

=

(1-bi)*ai*e/qi

Aufgrund unserer Annahme konstanter Produktionsbedingungen muss

gvi = gci sein:

bi*ai*e =

(1-bi)*ai*e/qi

bi =

(1-bi) / qi * qi / bi

qi =

1/bi – 1 + 1

1 + qi =

1/bi * bi / (1 + qi)

bi =

1 / (1 + qi)

Nun kommt der erste Schritt, der über rein formale Entwicklung hinausgeht. Wir suchen nach der Gleichgewichtsbedingung, die ein Wachstum mit gleichen Akkumulationsraten ermöglicht.

Gesucht: g1 = g2,
also auch gv1 = gv2 –> b1*a1*e = b2*a2*e
b1/b2 = a2/a1

Wenn wir unser Ergebnis für bi einsetzen, erhalten wir für b1/b2:

b1/b2 = (1 + q2) / (1 + q1)

Wegen b1/b2 = a2/a1 haben wir also: a2/a1 = (1 + q2) / (1 + q1)

Fußnoten: