FAQ. Noch Fragen? Puerto Rico: Griechenland in der Karibik?

Auf einer Konferenz der Bundesbank Anfang Juli verbat sich Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in besonders arroganter Weise die Kritik von Jack Lew, dem US-Finanzminister. Nicht nur Lew, sondern auch einige US-Ökonom_innen hatten im Juli Deutschland öffentlich aufgefordert, die Griechenlandkrise endlich zu lösen. Schäuble, ganz in seinem Element als Patriarch der Eurozone, bot Lew an, Puerto Rico in die Eurozone aufzunehmen, wenn die USA im Gegenzug Griechenland in die US-Dollar-Zone aufnehmen. Die Karibikinsel stand damals kurz vor der Pleite. Inzwischen wird das Land von Ratingagenturen als zahlungssäumig geführt. Ein absurder Vergleich, den Schäuble da strapazierte? Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Puerto Rico: Griechenland in der Karibik?”

FAQ. Noch Fragen? Argentinien ist zahlungsunfähig

Anfang August war Argentinien »technisch zahlungsunfähig«. Ratingagenturen stuften das Land deshalb als »bedingt zahlungsunfähig« ein. Die Zuspitzung in den letzten Wochen ist jedoch kaum zu verstehen, wenn man nicht weiß, was sich vor über zehn Jahren abspielte. Ende 2001 war in Argentinien fast alles, was Beine hat, auf den Straßen – mit Kochtöpfen und trotz erklärtem Ausnahmezustand. Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Argentinien ist zahlungsunfähig”

Die Hilflosigkeit keynesianistischer Makroökonomie

Nachdem die Krise 2008 zu einer internationalen Banken- und Finanzkrise ausartete und eine tiefgreifende Depression nach sich zog, waren Vergleiche mit 1929 an der Tagesordnung. In der Diskussion über wirtschaftspolitische Alternative wurde und wird auch regelmäßig der in den 1930er Jahren angestrengte »New Deal« ins Feld geführt – als positives Beispiel für eine Alternative.

Stephan Schulmeister vom österreichischen WIFO hat nun ein 23seitiges Papier mit dem Titel »Von Roosevelt lernen: Sein ›New Deal‹ und die große Krise Europas« vorgelegt. Der Beitrag ist wie immer lehrreich und interessant – nur etwas hilflos. Das wäre nicht weiter tragisch, wenn diese politische Hilflosigkeit selbst Thema werden würde. Wird sie aber nicht. Die Hilflosigkeit drückt sich darin aus, dass die Politik Roosevelt allein als kluge Wirtschaftspolitik mit dem nötigen Durchsetzungswillen verkauft wird. War sie das? Mitnichten.

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US-working class disarmed. Grafik von Doug Henwood.

Noch bis 1932 hatte Roosevelt schuldenfinanzierte Staatsintervention abgelehnt. Was überzeugte ihn, einen anderen Kurs einzuschlagen? Es waren die Klassenkämpfe, die in den USA wüteten und viele Menschen politisierten: Neben einer radikalen, großen Arbeitslosenbewegung, die auf Selbstorganisierung setzte, streikten trotz drohendem Jobverlust Millionen von ArbeiterInnen (vor allem in der Autoindustrie). Ein effektives Mittel in den Fabriken waren die berühmten Sit-Down-Streiks. Die Arbeitskämpfe zogen weitere Kämpfe nach sich und machten die Gewerkschaften stark. Die Zahl der Mitglieder vervielfachte sich. Vor diesem Hintergrund war das Kapital gezwungen, die Gewerkschaften als ›Tarifpartner‹ anzuerkennen, und die Demokratische Partei dazu, einen Mindestlohn und die 40-Stunden-Woche zu verabschieden.

Die Arbeitskämpfe und sozialen Konflikten bei der »Geschichtsschreibung« zum New Deal auszublenden, reduziert diesen auf eine »gute Idee« – als eine Verschiebung wollen Willensverhältnissen, statt von gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnissen, Kräfte, die es in den 1930ern durchaus gab, aber derzeit eben nicht – weder in den USA oder der EU und noch weniger in Deutschland oder Österreich.

USA, 1934: Open battle between striking teamsters armed with pipes and the police in the streets of Minneapolis.

Mit dem Freihandelsabkommen TTIP will sich Deutschland einen guten Platz unter der Weltmarktsonne sichern.

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Foto: CC-Lizenz, N. Linneberg

Nach der Pleite von Lehman Brothers 2008 war das Geschrei groß. Fast noch lauter war aber die Euphorie darüber, die Krise führe endlich dazu, dass der neoliberalen Marktgläubigkeit abgeschworen werde. Der Staat kehre nun zurück, die ÖkonomInnen hätten ihre Glaubwürdigkeit verloren. Viele Linke freuten sich über das bürgerliche Unbehagen am Kapitalismus im FAZ-Feuilleton. Die Strahlkraft des Neoliberalismus und die Versprechen des Freihandels würden verblassen, glaubten viele. Pustekuchen! Continue reading “Mit dem Freihandelsabkommen TTIP will sich Deutschland einen guten Platz unter der Weltmarktsonne sichern.”

Paul Mattick, das marxsche Kapital und die Arbeitslosenbewegung von Chicago

»An Marx interessiert mich wirklich nur dieser eine Gedanke, die Entdeckung der immanenten Widersprüche im kapitalistischen Produktionssystem.« (Paul Mattick)

Der 1904 geborene Paul Mattick emigrierte 1926 in die USA. Ihm verhalf damals der Kölner Bürgermeister zum nötigen Kleingeld, Deutschland zu verlassen – Konrad Adenauer. Mattick rechnete dem Bürgermeister vor, dass die zukünftige finanzielle Unterstützung mehr Kosten verursachen würde, als das Geld, das er für die Ausreise brauche. Das leuchtete Adenauer ein und sorgte umgehend für eine unbürokratische Lösung.

Das ist nur eine von vielen Anekdoten, die Michael Buckmiller dem Rätekommunisten Mattick im Sommer 1976 in einem dreitägigen Gespräch entlockte. Das Interview ist nun zusammen mit literarischen Texten von Paul Mattick und einem Nachwort von Michael Buckmiller in der Reihe Dissidenten der Arbeiterbewegung im Unrast-Verlag erschienen. Dafür ist dem Verlag, Michael Buckmiller, den Herausgebern Marc Geoffroy und Christoph Plutte und vielen HelferInnen zu danken. Das Buch eröffnen Einblicke in einen fast vergessenen Alltag der proletarischen Weimarer Republik, Kämpfe jenseits von KPD und SPD und Intellektualität, die mehr mit Punk als mit Universität zu tun hat. Continue reading “Paul Mattick, das marxsche Kapital und die Arbeitslosenbewegung von Chicago”

FAQ. Noch Fragen? Gefährdet der Shutdown den Weltmarkt?

Lincoln Memorial during the Government Shutdown. (flickr/J. Sonderman)

Anfang Oktober 2013. Die Freiheitsstatue, Parks und Museen sind geschlossen – die USA pleite? Nur noch elementare staatliche Dienstleistungen werden garantiert. Selbst die Geheimdienste leiden unter dem zugedrehten Geldhahn. Der Finanzsoziologe Rudolf Goldscheid erklärte das Budget als das »aller verbrämenden Ideologie entkleidete Gerippe des Staates«. Die Medien interessierte jedoch weniger das aufklärerische Moment des Shutdown – nämlich dass offensichtlich wurde, was den Staat im Innersten zusammenhält: die organisierte Gewalt -, als vielmehr, ob die Weltwirtschaft am Abgrund stehe. Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Gefährdet der Shutdown den Weltmarkt?”

Marx zu Obamas Gesundheitsreform

Für die Proteste gegen Obamas Gesundheitsreform ist diese meist Kommunismus und Faschismus in einem.

Die Gesundheitsreform von Obama ist verfassungskonform. Das hat der Oberste Gerichtshof in den USA entschieden. Karl Marx würde die Entscheidung wohl wie folgt kommentieren:

»Was könnte die kapitalistische Produktionsweise besser charakterisieren als die Notwendigkeit, ihr durch Zwangsgesetz von Staats wegen die einfachsten Reinlichkeits- und Gesundheitsvorrichtungen aufzuherrschen!« (KI, 505)

BP als Teil US-amerikanischer Militärlogistik

Laut einem Bericht der Washington Post beliefert BP das Pentagon mit mehr Öl als jedes andere Unternehmen.

»In fiscal 2009, BP was the Pentagon’s largest single supplier of fuel, providing 11.7 percent of the total purchased, and in 2010, its contracts amount to roughly the same percentage, according to DLA spokeswoman Mimi Schirmacher.«

Mehr noch:

»BP is an active participant in multiple ongoing Defense Logistics Agency acquisition programs«

sagte Schirmacher.  Wohl auch das ist ein Grund, warum im Vorfeld der Katastrophe mehr als nur ein Auge zugedrückt wurde.

Wie in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise ließe sich aber auch hier wieder zeigen bzw. diskutieren, dass es nicht die ›Abwesenheit‹ staatlicher Regulierung war, die das ›Unglück‹ ermöglichte. Bei einer solchen Disgnose bedürfte es allein ›mehr Staat‹. Eine Forderung die auch gerne bei staatsfixierten – und längst nicht nur bei der Linkspartei – zu hören ist. Es ist aber auch nicht so, dass sich einzelne Kapitalgruppen den Staat Untertan gemacht haben, wie es die Konzeption des staatsmonopolisstischen Kapitalismus vorsieht und dem Staat nahezu jede Autonomie gegenüber den Kapitalfraktionen abspricht.

Demgegenüber ist mit Poulantzas festzuhalten: Erst der Staat konstituiert die kapitalistische Klasse überhaupt als Klasse. Davor existieren nur voneinander getrennte und in Konkurrenz stehende Einzelkapitale. Damit wird die staatliche Übernahme von Funktionen, so Poulantzas, »die für die Gesamtheit der Bourgeoisie von Allgemeininteresse sind, … zu einer politischen Notwendigkeit«. Der Staat besitze eine »relative Autonomie, um so die Organisierung des Allgemeininteresses der Bourgeoisie … sicher zu stellen«. Ähnlich Agnoli.

Es verknüpft sich somit das Profitinteresse von BP, das mit dem Pentagon einen zuverlässigen Abnehmer gefunden hat, mit der Rolle der USA als Aufsicht über das globale Kapital (Panitch), das notwendigerweise immer mit der Fähigkeit des amerikanischen Staates verknüpft ist, »die materialle Basis des amerikanischen Kapitals zu reproduzieren« (Panitch/Gindin, »Superintending Global Capital«, NLR, 2005, H.II/35) Und so kann es eben auch mal sein, dass das bornierte Profitinteresse eben nicht nur die Natur ruiniert, sondern auch das Image (Legitimität wäre übertrieben) des Staates. Die US-Regierung hat somit ein Problem, da sie den gesellschaftlichen Unmut gegenüber BP und staatlichen Versäumnissen verarbeiten muss, ohne sich selbst – etwas dramatisch formuliert – das militärische Rückrat zu brechen. Obama hat das schon verstanden, da der Schmierfink BP nur die Spitze des Eisberges ist (und das bei der Hitze!). Vielmehr geht es um »Amerikas jahrhundertealte Sucht nach fossilen Brenn­stoffen« (Obama in seiner Rede an die Nation). Diese Sucht ist jedoch in der fossil betriebenen kapitalistischen Produktionsweise und der militärischen Logik des Staates begründet. Eine Basis, die die USA sicher nicht so schnell aufgeben wird.

Die Ölkatastrophe hat jedoch noch eine weitere Dimension. Die Neuordnung des globalen Ölmarktes. BP kann sich wohl nur mit Hilfe von Investoren vor einer feindlichen Übernahme schützen.

Vorhersage: Weltmarktungewitter. Der US-Dollar zu Gast China

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Foto: CC-Lizenz, merrickb

Dass nach wie vor der neoliberale Zeitgeist herrscht, zeigte Obamas Besuch in China. Eines der zentralen Themen waren die Währungsverhältnisse. Auch in der deutschen Presse. Heute in der taz und gestern in Die Welt.

Im Februar war bereits die US-Außenministerin Clinton in China zu Besuch. Damals gab es ähnlich Debatten. Kurz nach Rückkehr von ihrer China-Reise kündigte Präsident Obama zeitgleich mit dem größten Konjunkturpakt der US-Geschichte an, dass jetzt gespart werde. Fast wie beim Schlussverkauf: Richtig viel Geld ausgeben und gleichzeitig sparen! Wenige Monate später dann die gleiche Leier: In einem Gespräch Ende Juli kamen US-Außenministerin Clinton sowie Finanzminister Geithner mit ihren chinesischen Kollegen zu einem zweitägigen »Strategic and Economic Dialogue« zusammenkamen und betonten, dass die USA jetzt sparen würden. Eine ähnliche Ansage wird auch dieses Mal kommen (müssen). Schließlich führen China und die USA ungewollt eine symbiotische Beziehung und der US-Dollar soll weiterhin stark bleiben. China versuchte in der letzten Zeit die USA unter Druck zu setzen, in dem sie als Alternative zum US-Dollar die Sonderziehungsrechte des IWF als Weltgeld ins Spiel brachte. Eine etwas unrealistische Vision. Aber wie weit die gegenwärtige Weltpolitik von einer Re-Regulierung der Weltwirtschaft entfernt ist, zeigen die Aussagen bei der heutigen Pressekonferenz. Obwohl es nämlich zu keiner Einigung hinsichtlich der Wechselkurses gab, betonte Obama: »Ich bin erfreut über die Aussagen der chinesischen Seite in den vergangenen Erklärungen, sich im Laufe der Zeit auf Wechselkurse zuzubewegen, die mehr am Markt orientiert sind«. Der Markt soll es also richten. Was wir von diesem zu erwarten haben ist wohl mehr als klar: eine weitere Verschärfung der Widersprüche.

Der US-Dollar steht seit einigen Monaten unter Druck. Vor allem sog. carry trades machen ihm zu schaffen. Dass der US-Dollar eben keine Währung wie jede andere ist zeigt der Umstand, dass diese Arbitragegeschäfte plötzlich Thema sind, obwohl Japan und der Yen jahrelang davon betroffen waren und es niemand so recht interessierte. Wie aber die USA meinen das Problem in den Griff zu bekommen lässt nicht unbedingt hoffen, dass das große »Weltmarktungewitter« (Marx) bereits vorbei ist.

Großer Gipfel, kleine Wirkung. Interessenkonflikte prägten den G20-Gipfel in Pittsburgh

Am 24. und 25. September trafen sich zum dritten Mal innerhalb eines Jahres die Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. Nachdem die G8 nicht mehr der politische Rahmen war, die weltweite Wirtschaftskrise, deren Folgen sowie die Herausforderungen des Klimawandels zu verhandeln, schwingt sich die G20 scheinbar selbst zur legitimen G8-Nachfolgerin auf. Zu wichtig sind inzwischen u.a. die sogenannten BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China). An ihrem ökonomischen Gewicht kam die G8 politisch nicht mehr vorbei.

Auch der Protest in Pittsburgh blieb symbolisch
Auch der Protest in Pittsburgh blieb symbolisch

Auch wenn es nicht zum großen Krach kam, so hatte der Gipfel in Pittsburgh doch einen Hauch von Seattle: allerdings nicht auf der Straße, sondern – wie 1999 – bei den Verhandlungen. »Wir hatten es diesmal mit einer Wand zu tun«, hieß es aus deutschen Verhandlungskreisen. Die Schwellenländer stellten klare Forderungen: »Entweder ihr macht große Konzessionen bei der Reform der internationalen Organisationen, oder wir lassen den Gipfel platzen.« (spiegel-online, 25.9.09) Am Ende wurde eine kaum nennenswerte Neuverteilung der Stimmrechte beim Internationalen Währungsfonds (IWF) verabredet.

Wenn man die Beschlüsse von Pittsburgh mit den Ergebnissen des G20 im April vergleicht, dann zeigt sich, dass sich substanziell kaum etwas bewegt hat. (vgl. ak 538) Peter Bofinger, einer der sogenannten Wirtschaftsweisen, monierte bereits im Vorfeld des G20-Gipfels: »Der Politik fehlt der Mut zu radikalen Reformen.« (Die Welt, 22.9.09) Fehlender Mut ist jedoch wahrlich nicht das Problem; es gibt einen ganz einfachen Grund: Mit zwölf weiteren Staaten sind die in der G20 anzutreffenden Interessenkonflikte und Widersprüche mehr und vielfältiger geworden. Continue reading “Großer Gipfel, kleine Wirkung. Interessenkonflikte prägten den G20-Gipfel in Pittsburgh”

Der Euro stinkt nicht – Iran will Devisenreserven auf Euro umstellen

Kurz nach Obamas Verkündung die von seinem Vorgänger Bush geplanten Abwehrraketen in Osteuropa nicht zu stationieren und einer Dynamik auf den Devisenmärkten, die in in der Presse bereits als “geldpolitischer Durchfall” diskutiert wird, einer Abwertung des US-Dollars, vermeldet der Iran, dass es seine Devisenreserven auf Euro umstellen will. Damit ignoriert der Iran nicht nur die Sanktionsdrohungen, sondern setzt noch einen drauf, indem er die europäische Währung gegen den Greenback in Stellung bringt. Die Ölgeschäfte werden schon seit längerem in Euro gehandelt. Ein für die Weltwährungen und die Frage von Krieg und Frieden nicht unbedeutendes Faktum. Ob allerdings der US-Dollar in nächster Zukunft tatsächlich seine Rolle als Weltgeld einbüßen muss ist mehr als fraglich. Die Abwertung des US-Dollars ist weniger als Flucht aus dem US-Währung, als vielmehr als zunehmende Risikobereitschaft zu interpretieren – US-Staatspapiere werden verkauft und die liquiden Mittel auf die internationalen Finanzmärkte geschaufelt. Ob dort Gewinne blühen oder eine Verschärfung der Krise gesät wird bleibt abzuwarten. Die politische Botschaft aus Teheran hingegen ist eindeutig und wird dort ankommen wo sie auch verstanden werden wird.

Welches Geld regiert die Welt? Nicht nur China zweifelt an der Rolle des US-Dollars als Weltwährung

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Für manche ist die Welt des US-Dollars noch in Ordnung. Zum Beispiel für die somalischen Piraten. Diese wollten, so der an Verhandlungen beteiligte Ex-FBI-Agent Jack Cloonan, nur die US-Währung als Lösegeld akzeptieren. Bei Piraten steht der Greenback also noch hoch im Kurs. Ganz anders sieht es hingegen in China aus, dem bei Abwertungen des US-Dollars ein Verlust der Währungsreserven droht. Etwa 50-70 Prozent der über 2 Bio. chinesischen US-Dollar-Devisen laufen auf die US-Währung. In den letzten Monaten hatte es der chinesische Zentralbankchef Zhou Xiaochuan geschafft, die Rolle des US-Dollars als Weltgeld und damit auch die politische Rolle der USA als Weltmacht zum Politikum zu machen. Zuletzt kurz vor dem G8-Gipfel in Italien. Continue reading “Welches Geld regiert die Welt? Nicht nur China zweifelt an der Rolle des US-Dollars als Weltwährung”

Eine Frage der Souveränität: Banken, die Finanzkrise und wer Hilfe nötig hat

kreditberatung-als-standardausruestungZeitgleich zu einem Artikel in der financial times deutschland veröffentlichte das US-amerikanische Center for Public Integrity (CPI) eine Studie zu Banken, deren Lobbyarbeit und ihrem Verhältnis zu einigen Aspekten der Finanzkrise. Demnach sind 21 der 25 wichtigsten Subprime-Kreditgeber vor allem von den Banken finanziert, die nun mit staatlichen Geldern versorgt werden. Erstaunlich ist das nicht unbedingt. Ebenso wenig erstaunlich ist der dennoch sehr interessante Teil der Studie, der einen geschichtlichen Abriss über die De- und Re-Regulierung seit den 1980er Jahren bietet. Hier zeigt die Studie, wie die engagierte Hypothekenlobby die Versuche einer schärferen Regulierung zu verhindernwusste. Poulantzas würde das als einen Moment der Verdichtungsprozesse sozialer Kräfte- und Klassenverhältnisse im Staat beschreiben. Also als einen ganz normalen Teil politischer Macht, sozialer Auseinandersetzungen und Konstitution staatlicher Herrschaft.

Auch die aggressive Kreditwirtschaft war der Politik schon länger bekannt. Ebenso wie die Folgen. Nur interessiert es eben eine Weltmacht erst unter ganz bestimmten Umständen. So heißt es in einem Bericht des Pentagon von 2006: Insgesamt “werden durch räuberische Kreditvergabe die militärischen Einsatzbereitschaft zersetzt, die Moral der Truppe und ihrer Familien geschwächt und die Kosten der Bereitstellung einer rein aus Freiwilligen bestehenden Berufsarmee erhöht.”

Die private Überschuldung, die viele Menschen erdrückende Schuldenfalle und die besondere Form der aggressiven Kreditvergabe stellte also ganz unmittelbar die kriegerischen Fähigkeiten der USA in Frage – zumindest partiell. Das muss dann doch die entsprechenden Stellen interessieren. Bereits vor 2006 wurde deshalb das Problem auch angegangen. So erhielten bereits ein Jahr zuvor 345.000 Soldaten und Angehörige Schulungen im Umgang mit ihren Finanzen und finanzielle Hilfe.

Soldaten, die bis zum Hals in Schulden stecken, sich den Kopf über die nächste Rate und den nächsten Besuch des Krediteintreibers zerbrechen, sind nicht unbedingt die Soldaten, die den Feind der USA gut kennen und konzentriert Leben auslöschen bereit sind. Gegenüber dem diensthabenden Befehlshaber hilft schließlich nicht die Ausrede: “Ich war mit meinem Kopf gerade woanders!”

Bild: shaunwong, CC-Lizenz