Wilhelm Liebknecht, staatenlos

Die Geschichte Deutschlands ist eine Geschichte von Ausschlüssen aus der »imaginierten Gemeinschaft« (Benedict Anderson). Heute vor 150 Jahren, am 3. Juli 1865, wurde Wilhelm Liebknecht aus »allgemeinen polizeilichen Gründen« ausgebürgert, wie er noch am selben Tag an Karl Marx schrieb. Der Brief wurde erstmals in MEGA III.13 veröffentlicht.

L-M

Marx selbst war bereits seit Ende 1845 »freiwillig« staatenlos. Er hatte gehofft, durch die Aufgabe der Staatsbürgerschaft einer Ausweisung aus Belgien zu entgehen. 1848 und 1861 versuchte er erfolglos, seine Staatsbürgerschaft wiederzuerlangen.

Das Volk als Wille und Vorstellung. Die Forderung nach »Souveränität« ist für politische Emanzipationsprozesse mehr Irrlicht als Orientierungspunkt

Von Holger Oppenhäuser und Ingo Stützle

Ein Gespenst geht um in Europa, das Gespenst der Souveränität. Links wie rechts erhofft sich, durch eine Stärkung staatlicher Souveränität wahlweise der kapitalistischen Globalisierung, der neoliberalen Banken- und Eurorettung und der Europäischen Zentralbank oder dem US-Imperialismus die Stirn bieten zu können -auch auf den sogenannten Montagsdemos stimmen einige ProtagonistInnen in diesen Chor ein. Continue reading “Das Volk als Wille und Vorstellung. Die Forderung nach »Souveränität« ist für politische Emanzipationsprozesse mehr Irrlicht als Orientierungspunkt”

Kein Euro ist auch keine Lösung. Viele Linke erhoffen sich zu unrecht mit einer Renationalisierung mehr wirtschaftspolitischen Spielraum

Vor etwa einem Jahr war Guido Westerwelle zu Besuch beim Weltwirtschaftsforum in Davos. „I hate the word austerity“ gab Westerwelle zu Protokoll und brachte dann genau das zum Ausdruck, was die deutsche Politik ausmacht. Es klinge viel eleganter, wenn man das Wort auf Deutsch ausspreche: Austerität. Das klinge nach Disziplin und deshalb nutze er statt „austerity“ lieber die Formulierung „fiscal discipline“ – und die Deutschen liebten Disziplin. (Mitschnitt hier.) Wie Recht er doch leider hat.

pfmDas dem so ist, stellt die Partei DIE LINKE und auch die gesellschaftliche Linke vor viele Herausforderungen. Wenn sich auf der Straße, den Betrieben, den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen und Universitäten, den Kitas und auf dem Jobcenter kaum Protest regt, verspricht eine mögliche Regierungsmacht der LINKEN Gestaltungsfähigkeit. Kein Wunder also, dass trotz einer Großen Koalition sowohl Kräfte in der Partei DIE LINKE, als auch in der SPD signalisieren, dass nach der nächsten Bundestagswahl Rot-Rot-Grün möglich sein soll. Der politische Willen ist also da, die gesellschaftlichen Mehrheiten noch lange nicht.

Neben den gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen gibt es jedoch weitere Faktoren, die über Wohl und Wehe von linker Regierungspolitik entscheiden. Neben den institutionellen-bürokratischen Staatsapparaten, die wie ein politischer Filter wirken und räumlich fragmentiert zwischen Stadt/Kommune und der Europäischen Union angesiedelt sind, können auch ökonomische Zwänge disziplinierend auf Regierungspolitik einwirken. Die einen sprechen von „der“ Globalisierung, die anderen von den Finanzmärkten, dem stummen Zwang der ökonomischen Verhältnisse.

Weiterlesen in der aktuellen Ausgabe des Prager Frühlung

Betr.: Regierungswechsel in Chile

An die
Farbwerke Hoechst AG,
Postfach 800320,
6230 Frankfurt/Main 80:
Santiago de Chile

17. September 1973

Der so lang erwartete Eingriff der Militärs hat endlich stattgefunden … Säuberungsaktion ist immer noch im Gange… Wir sind der Ansicht, daß das Vorgehender Militärs und der Polizei nicht intelligenter geplant und koordiniert werden konnte, und daß es sich um eine Aktion handelte, die bis ins letzte Detail vorbereitet war und glänzend ausgeführt wurde… Chile wird in Zukunftein für Hoechster Produkte zunehmend interessanter Markt sein … Die Regierung Allende hatdas Ende gefunden, das sie verdient […] In den drei Jahren marxistischen Systems haben die hiesigen Hoechster Unternehmen viele schwierige Probleme und Epochen überwinden müssen; ohne Ihre Unterstützung und Ihr Verständnis für unsere Situation wäre dies nicht möglich gewesen. Wir möchten Ihnen bei dieser Gelegenheit hierfür allerherzlichst danken und der Überzeugung Ausdruck geben, dass es der Mühe wert war, dass Sie und wir die Sorgen und Probleme dieser Jahre auf uns genommen und sie durchgestanden haben.

Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift unleserlich)

Auszüge aus einem siebenseitigen Brief der chilenischen Tochtergesellschaft an die Farbwerke Hoechst AG

Prema solidarnoj ekonomiji?

LMD-hrDer Text »Wie wir leben wollen. Die zentralen Konfliktfelder des alternativen Wirtschaftens« aus ak 580 (mit dem Schwerpunkt Solidarische Ökonomie) ist in der kroatischen Ausgabe der Le Monde Diplomatique erschienen. Danke an Stipe Ćurković für die Übersetzung. Den Text findet ihr als pdf-Datei hier.

 

Prokla 171 erschienen! Demokratie und Herrschaft, Parlamentarismus und Parteien

Für die Prokla 171 habe ich mich erneut als Gastredakteur nützlich gemacht. Nach den Debatten im letzten Jahr zur Linkspartei war es mir wichtig, dass die Debatte weitergeht bzw. auf angemessenem Niveau erstmal beginnt. Nun ist die Ausgabe erschienen – passend zum anstehenden Wahkampf im Vorfeld der Bundestagswahlen im September.

»Demokratie, Öffentlichkeit, Parteien sind in den letzten Jahren verstärkt Gegenstand politischer Auseinandersetzungen geworden. Es sind insbesondere die sozialen Bewegungen vom “arabischen Frühling” bis zum Protest gegen “Stuttgart 21”, die den Mangel an Demokratie und Beteiligung beklagen, die kritisieren, dass in der repräsentativen Demokratie die Interessen der Bevölkerung nicht ausreichend vertreten sind. Auch die Kritik an der Repräsentation ist nicht neu. Immer wieder kommt es zur Bildung von Protest- und Anti-Partei-Parteien. PROKLA 171 fragt u.a.: Welchen Illusionen über neue und alte Formen der Öffentlichkeit, welchen Illusionen über die Möglichkeiten parlamentarischen Einflusses sitzt man auf? Ist Demokratie “nur” die adäquate Form bürgerlicher Herrschaft oder steht sie potenziell dem “Zwang der ökonomischen Verhältnisse” entgegen, eröffnet sie eine Perspektive zur Überwindung von Ausbeutung und Herrschaft? Welche Rolle spielen die Parlamente, die Parteien, die Wahlen, die Öffentlichkeit im bürgerlichen Herrschaftsapparat? Was können linke Parteien zu emanzipatorischen Prozessen beitragen?nsnationalen Konzerne und den multiplen globalen Krisen fragen.«

Das Inhaltsverzeichnis findet ihr hier.

Türkei: Politik im Modus der Zuspitzung

Foto: CC-Lizenz, mburaksu

Für die aktuelle Ausgabe von ak – analyse & kritik habe ich mit Serhat Karakayali ein Interview zur Türkei, die Auseinandersetzungen um den Gezi-Park und Politik im Modus der Zuspitzung gemacht.

Die türkische Regierung entschied im Mai 2013, dass Teile des beliebten Istanbuler Gezi-Parks einem Einkaufszentrum weichen sollen. Der Konflikt eskalierte, nachdem es zu massiver Polizeigewalt kam. Aktivist und Sozialwissenschaftler Serhat Karakayali ist deshalb nach Istanbul geflogen. ak sprach mit ihm nach seiner Rückkehr und noch vor einer weiteren Eskalation in der Nacht zum 12. Juni 2013.

>>> Interview in ak 584

Wie wir leben wollen. Die zentralen Konfliktfelder des alternativen Wirtschaftens

ak_580_01Solidarische Ökonomie ist in. Nach dem Abflauen der globalisierungskritischen Bewegung, der Krise von Occupy und inmitten einer der tiefsten Krisen des Kapitalismus stehen ökonomische Alternativen hoch im Kurs. Die vielfältigen Ansätze einer anderen Ökonomie, jenseits von Profitzwang und Konkurrenz, boomen in Theorie und Praxis.

Herausgestellt wird dabei immer, dass sich die unterschiedlichen Konzepte gegenseitig ergänzen und durchaus kompatibel seien. Das zeigt zum einen: Die bislang häufig in der Linken auf Abgrenzung zielenden Debatten über die »richtige Linie« wurden von einer solidarischen Diskussion und Kooperation abgelöst. So weit, so gut. Dennoch scheint zugleich eine gewisse Beliebigkeit und grau in grau vorzuherrschen. »Zinskritik« findet sich neben sinnvollen Projekten, die auf Gemeingüter (Commons) setzen; auf die gehobene Mittelschicht orientierende Landwirtschaftsprojekte existieren neben geldlosen Produktions- und Konsumtionskollektiven, die aus der unmittelbaren Not entstanden sind.

Die fehlende Kritik an »konkurrierenden« Ansätzen verweist deshalb auch schlicht darauf, dass eine politische Bezugnahme untereinander oft unterbleibt. Denn nur so würden die Konflikte, aber auch die Anschlusspunkte zwischen den unterschiedlichen politischen und sozialen TrägerInnen offengelegt.

Anlass genug, etwas Licht in das oft trübe Allerlei zu bringen. Entlang von fünf Widerspruchslinien wollen wir die unseres Erachtens zentralen Fragestellungen für eine produktive Weiterentwicklung des Diskurses um Solidarische Ökonomie diskutieren. >>> Weiterlesen in ak 580

Aufgeblättert: Linke Kommunismuskritik

Der Kommunismus als politisches Ziel und Idee ist vor allem durch seine eigene Geschichte delegitimiert. In der aktuellen politischen Debatte hat diese Delegitimierung die Form des Extremismus- und Totalitarismusdiskurses angenommen, der die realexistierenden Sozialismen und den Stalinismus mit Faschismus und den nationalsozialistischen Verbrechen gleichsetzt. Dagegen setzt die Leipziger Gruppe INEX, die sich seit Jahren gegen den Extremismusansatz engagiert, eine linke, nicht totalitarismustheoretische Kritik an Stalinismus und Realsozialismus. »Wer heute vom Kommunismus redet, darf von Realsozialismus und Stalinismus nicht schweigen«, heißt es in der Einleitung des INEX-Sammelbandes »Nie wieder Kommunismus?«. Continue reading “Aufgeblättert: Linke Kommunismuskritik”

Welttreffen am Sankt-Immer-Tag. Neuerscheinungen zum Konflikt zwischen Marx und Bakunin provozieren eine neue Debatte um linke Geschichte

Das schweizerische St-Imier (früher: Sankt Immer) war im August 2012 Treffpunkt für Libertäre und AktivistInnen verschiedener anarchistischer Bewegungen. Das »Welttreffen des Anarchismus« hatte einen Anlass: das Jubiläum der Gründung der Antiautoritären Internationalen 1872. »140 Jahre nach dem Kongress von St-Imier ist die Ausbeutung und Entfremdung der Arbeiterinnen und Arbeiter noch ebenso brutal. Die marxistische Illusion ist angesichts der kommunistischen Diktaturen dahingeschmolzen. Der Kapitalismus lebt von Krise zu Krise, gesellschaftliche Krise, politische Krise, zu denen heute noch die ökologische Krise hinzukommt.« [1]

1872 war der Höhepunkt eines jahrelangen Konflikts zwischen Karl Marx und Michael Bakunin bzw. den von ihnen vertretenen politischen Strömungen. Wenige Tage vor dem Gründungstreffen in St-Imier wurde der russische Anarchist zusammen mit James Guillaume auf dem Kongress der Ersten Internationalen in Den Haag ausgeschlossen.

Zum Verhältnis von »Marxismus« und »Anarchismus« und dem Konflikt zwischen den beiden bärtigen Männern sind gleich mehrere Bücher erschienen, die vieles in neuem Licht erscheinen lassen und deutlich machen, dass es schon lange an der Zeit ist, die gemeinsame Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten. Der Konflikt ist nicht einfach darauf zu reduzieren, dass zwei Egomanen aufeinandertrafen. Continue reading “Welttreffen am Sankt-Immer-Tag. Neuerscheinungen zum Konflikt zwischen Marx und Bakunin provozieren eine neue Debatte um linke Geschichte”

Isaak Il’ič Rubin: Marxforscher – Ökonom – Verbannter

»Der Menschewik Rubin revidierte Marx’ Lehre vom idealistischen bürgerlichen Standpunkt aus, beraubte den Marxismus seines revolutionären Inhalts, lenkte die Aufmerksamkeit der Ökonomen nach Schädlingsart vom Studium der Fragen der Sowjetökonomie ab und führte sie auf das Gebiet scholastischer Streitereien und Abstraktionen.« (Anmerkung des Instituts für Marxismus-Leninismus in Stalin-Werke, Bd.12, S. 332)

Ein seit zehn Jahren geplanter Band ist nun endlich erschienen: Sonderband 4 der Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge. Er ist Isaak Il’ič Rubin gewidmet, einem Marx-Forscher, der wie viele andere unter Stalin ermordet wurde. In Deutschland ist er vor allem durch seine Studien zur Marxschen Werttheorie bekannt, die erstmals 1929 erschienen. Das erst 1973 bei EVA auf Deutsch publizierte Buch hat zwei Mankos: Es wurde nicht aus dem Russischen ins Deutsche übersetzt, sondern aus der englischen Übersetzung aus dem Russischen. Zudem wurde ein (in der englischen Fassung sehr wohl zu findendes) Kapitel einfach ignoriert: das zum Fetisch. Dieses Kapitel wurde dankenswerterweise 2010 von Devi Dumbadze für den Sammelband Kritik der politischen Philosophie ins Deutsche übertragen und von ihm in einem Aufsatz kommentiert. Neben einem etwas skurrilen Sammelband bei VSA ist vor allem noch A History of Economic Thought bekannt.[1. Ein paar Aufsätze von Rubin finden sich hier. Lesenswert ist nach wie vor der Text Abstrakte Arbeit und Wert im Marxschen System von 1927]

Der Sonderband 4 zu Rubin ist schon jetzt ein Highlight des Jahres 2012. Zumindest für alle, die sich für die marxsche Geld- und Werttheorie interessieren. Neben einer Würdigung von Rubins Tätigkeit am Marx-Engels-Insitut, seiner Geschichte der politischen Ökonomie, finden sich im über 200 Seiten starken Sonderband mehrere biografische Aufsätze zu Rubin.[2. Ludmila Vasina schrieb bereits für die Beiträge 1994 eine knappe biografische Skizze] Auf 110 Seiten kommt Rubin selbst zu Wort. Endlich wurde der Text Studien zur Geldtheorie von Marx (von Ilka John) übersetzt und so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht. Anlass des Textes war wahrscheinlich Rubins Übersetzung von Marx’ Zur Kritik der politischen Ökonomie von 1859, in der Marx etwas ausführlicher (als später im Kapital) auf Ware und Geld eingeht. 1923 im Knast begonnen arbeitete Rubin in den folgenden Jahren weiter an diesem Text. Dass der Text überhaupt überliefert wurde ist ein Glück und u.a. Rubins Frau Polina Petrovna zu verdanken, die die Manuskripte über die Jahre aufbewahrte und in der SU vergeblich für eine Rehabilitation Rubins kämpfte – das geschah erst nach 1990.

In der Ankündigung des Sonderbandes heißt es:

Der Politökonom und Marxforscher Isaak Il’ič Rubin (1886–1937) nahm eine wichtige Stellung in den ökonomischen und philosophischen Diskussionen in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre in Sowjetrussland ein. Über ihn lag jedoch der „Bann der Partei“ – er war bekennender Menschewik. Sein zweites „Vergehen“ bestand darin, dass er eine Interpretation des ersten Bandes des „Kapitals“ vorlegte, die angeblich idealistischen Charakter trug. Hier wird in Fortsetzung seiner bekannten „Studien zur Marxschen Werttheorie“ erstmals in Übersetzung sein Manuskript über die Geldtheorie von Marx veröffentlicht. Schließlich war Rubin Leiter des Kabinetts für politische Ökonomie des Marx-Engels-Instituts unter Leitung von David B. Rjazanov (1870–1938). Diese Verbindung kam Stalin gerade recht, um beide 1931 aus der wissenschaftlichen Kommunikation ausschließen zu lassen.

Bestellungen nimmt jede gute Buchhandlung entgegen. Ebenso der Argument-Verlag oder die Redaktion der Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge.

Killing in the name of. Bini Adamczak über linke Verantwortung für den Stalinismus und die Zukunft des Kommunismus

“Wir müssen aber auch sagen, dass die Idee des Kommunismus nichts, aber auch gar nichts mit dem zu tun hat, was Stalin, Mao oder Pol Pot darunter verstanden haben.” So hört sich die Abbitte der Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Gesine Lötzsch, an. (taz, 8.2.11) Ihre Wortmeldung über “Wege zum Kommunismus” hatte für Aufregung gesorgt. Die linken Reaktionen kamen selten über Bekenntnisrituale oder den Versuch hinaus, die Idee vor seiner hässlichen Geschichte zu retten – leider. Über den herrschenden Diskurs und die mögliche und nötige Auseinandersetzung mit der Geschichte des Kommunismus sprach ich mit Bini Adamczak.

Ronald M. Schernikau zum 50

Am kommenden Sonntag wäre der Schriftsteller Ronald M. Schernikau 50 Jahre alt geworden. Das nahm die junge welt zum Anlass, einen Briefwechsel zwischen ihm, Gisela Elsner und Elfriede Jelinek abzudrucken. Daneben findet sich sein Antrag auf Einbürgerung in die DDR. Nicht nur das konnten wenige verstehen – schließlich war es 1989. Noch kontroverser wurde – bis heute! –  seine Rede vor dem DDR-Schriftstellerkongress im März 1990 diskutiert (siehe ak 543).

Welch großer Verlust sein früher Tod darstellt, zeigen auch die kleinen Ausschnitte, die man hier und da im Netz findet (offizielle website).

Im club2 sprach er 1980 über seine Kleinstadtnovelle. Die Talkshow anlässlich der Buchmesse hatte den Titel deutschland – woher – wohin und fand unmittelbar nach der Bundestagswahl statt.

Sechs Jahre später studiert er in Leipzig und hatte drei Jahre Zeit, die Stadt und ihre Menschen intensiv zu beobachten. Daraus entstand Die Tag ein L. (gelesen und kommentiert von Schernikau selbst).

Die neusten Veröffentlichungen findet sich beim Verbrecher Verlag (Die Königin im Dreck) und bei Rotbuch (Porträt seiner Mutter mit einem Vorwort von Dietmar Dath). Am Sonntag wird in Anwesenheit seiner Mutter in Leipzig eine Gedenktafel enthüllt.

Ein kurzer Nachtrag zum Kommunismus-Kongress

Gestern hat Slavoj Žižek auf dem Kommunismus-Kongress in der Volksbühne (Berlin) betont, »die einzige Utopie, die es noch gibt, ist der Glaube, dass es so wie bisher ewig weitergehen kann«. So Sebastian Dörfler, der von beiden Tage in seinem blog berichtet hat (Tag 1, Tag 2, Tag 3), via twitter. Hört sich fast wie das kleine feine Buch von Bini Adamczak an: Kommunismus. Kleine Geschichte, wie endlich alles anders wird. Wer zu faul ist, die wenigen Seiten zu lesen, kann sich das Büchlein auch anhören. Wer schon jetzt gute Argumente gegen diese illusorische Vorstellung hat, möge sich fragen, ob er/sie sich in der schönen Grafik von Benni Bärmann wiederfindet.

Ach ja, gestern hatte ich den kurzen Beitrag von Lorenz Jäger aus der FAZ vergessen. Ja, auch dieses Medium bourgeoiser Selbstvergewisserung musste kurz auf den Kongress eingehen.