FAQ. Noch Fragen? VW: Ein Skandal, der keiner ist

Bild: CC-Lizent/flickr, environmentblog
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Der VW-Skandal ist eine kleine Geschichte technischer Innovation. Bisher wurden Autoabgaswerte stationär in großen Laboren getestet. Dort stehen die Dreckschleudern auf Laufbändern, zwischen immobiler Messtechnik. Bisher konnte nur gesagt werden, dass die dort ermittelten Daten nicht mit den Zahlen übereinstimmen, die während der Fahrt ermittelt werden konnten, die aber bisher recht ungenau und deshalb eigentlich nicht vergleichbar waren. Die große Kluft wurde schon länger beklagt. Aber erst auf Grundlage neuer technischer Möglichkeiten konnten die US-Behörden auf gesicherter Basis bei VW kritisch nachhaken – und die Autobauer aus Wolfsburg mussten ihren Betrug eingestehen. Wie aber kam es dazu?

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Prema solidarnoj ekonomiji?

LMD-hrDer Text »Wie wir leben wollen. Die zentralen Konfliktfelder des alternativen Wirtschaftens« aus ak 580 (mit dem Schwerpunkt Solidarische Ökonomie) ist in der kroatischen Ausgabe der Le Monde Diplomatique erschienen. Danke an Stipe Ćurković für die Übersetzung. Den Text findet ihr als pdf-Datei hier.

 

Noch nicht einmal demokratischer Schein. Ein Interview mit Astrid Rund über die Aufhebung des Atomausstiegs

Ende August wurde in fast allen Tageszeitungen ein “Energiepolitischer Appell” veröffentlicht. Diesen nahm das Institut Solidarische Moderne (ISM) zum Anlass, den Aufruf “Demokratischer Rechtsstaat oder Atomstaat” zu initiieren. Über Intention des Aufrufs sprach ich für ak mit Astrid Rund, Erstunterzeichnerin des Aufrufs und Kuratoriumsmitglied des ISM.

ak: Der Aufruf des ISM zum Konflikt um die Laufzeitverlängerung trägt ganz schön dick auf: “Es geht um nicht weniger als das politische Gestaltungsmandat der Verfassungsorgane und damit um den Bestand des demokratischen Rechtsstaates selbst.” Warum geht es um nicht weniger?

Astrid Rund: Bei der Verlängerung der Laufzeit von Atomkraftwerken wird ganz offensichtlich und unverhohlen dem Interesse und der Lobbypolitik der großen Energiekonzerne entsprochen. Entgegen dem Willen der Mehrheit der Bevölkerung soll der Atomausstieg gekippt werden. Die Bundesregierung will den sogenannten Ausstiegskonsens einseitig nicht einhalten, obwohl die Atomkonzerne durch den Verzicht des Staates auf monetäre Leistungen – wie steuerfreie Rückstellungen, Verzicht auf die Brennelementesteuer, Versicherung – schon mindestens 50 Mrd. Euro kassiert haben.

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BP als Teil US-amerikanischer Militärlogistik

Laut einem Bericht der Washington Post beliefert BP das Pentagon mit mehr Öl als jedes andere Unternehmen.

»In fiscal 2009, BP was the Pentagon’s largest single supplier of fuel, providing 11.7 percent of the total purchased, and in 2010, its contracts amount to roughly the same percentage, according to DLA spokeswoman Mimi Schirmacher.«

Mehr noch:

»BP is an active participant in multiple ongoing Defense Logistics Agency acquisition programs«

sagte Schirmacher.  Wohl auch das ist ein Grund, warum im Vorfeld der Katastrophe mehr als nur ein Auge zugedrückt wurde.

Wie in der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise ließe sich aber auch hier wieder zeigen bzw. diskutieren, dass es nicht die ›Abwesenheit‹ staatlicher Regulierung war, die das ›Unglück‹ ermöglichte. Bei einer solchen Disgnose bedürfte es allein ›mehr Staat‹. Eine Forderung die auch gerne bei staatsfixierten – und längst nicht nur bei der Linkspartei – zu hören ist. Es ist aber auch nicht so, dass sich einzelne Kapitalgruppen den Staat Untertan gemacht haben, wie es die Konzeption des staatsmonopolisstischen Kapitalismus vorsieht und dem Staat nahezu jede Autonomie gegenüber den Kapitalfraktionen abspricht.

Demgegenüber ist mit Poulantzas festzuhalten: Erst der Staat konstituiert die kapitalistische Klasse überhaupt als Klasse. Davor existieren nur voneinander getrennte und in Konkurrenz stehende Einzelkapitale. Damit wird die staatliche Übernahme von Funktionen, so Poulantzas, »die für die Gesamtheit der Bourgeoisie von Allgemeininteresse sind, … zu einer politischen Notwendigkeit«. Der Staat besitze eine »relative Autonomie, um so die Organisierung des Allgemeininteresses der Bourgeoisie … sicher zu stellen«. Ähnlich Agnoli.

Es verknüpft sich somit das Profitinteresse von BP, das mit dem Pentagon einen zuverlässigen Abnehmer gefunden hat, mit der Rolle der USA als Aufsicht über das globale Kapital (Panitch), das notwendigerweise immer mit der Fähigkeit des amerikanischen Staates verknüpft ist, »die materialle Basis des amerikanischen Kapitals zu reproduzieren« (Panitch/Gindin, »Superintending Global Capital«, NLR, 2005, H.II/35) Und so kann es eben auch mal sein, dass das bornierte Profitinteresse eben nicht nur die Natur ruiniert, sondern auch das Image (Legitimität wäre übertrieben) des Staates. Die US-Regierung hat somit ein Problem, da sie den gesellschaftlichen Unmut gegenüber BP und staatlichen Versäumnissen verarbeiten muss, ohne sich selbst – etwas dramatisch formuliert – das militärische Rückrat zu brechen. Obama hat das schon verstanden, da der Schmierfink BP nur die Spitze des Eisberges ist (und das bei der Hitze!). Vielmehr geht es um »Amerikas jahrhundertealte Sucht nach fossilen Brenn­stoffen« (Obama in seiner Rede an die Nation). Diese Sucht ist jedoch in der fossil betriebenen kapitalistischen Produktionsweise und der militärischen Logik des Staates begründet. Eine Basis, die die USA sicher nicht so schnell aufgeben wird.

Die Ölkatastrophe hat jedoch noch eine weitere Dimension. Die Neuordnung des globalen Ölmarktes. BP kann sich wohl nur mit Hilfe von Investoren vor einer feindlichen Übernahme schützen.

Com’ on! Sabine Nuss zu Wirtschaftsnobelpreisträgerin Elinor Ostrom

Nicht nur der Friedensnobelpreise für Barack Obama war politisch tendenziös. Auch der Wirtschaftsnobelpreis für Elinor Ostrom war ein Zeichen gegen den neoliberalen Zeitgeist. Aber eben nur ein Zeichen, da sich substanziell nichts ändern wird. Angesichts des Klimagipfels hat der Spiegel ein Interview mit Ostrom geführt, das weniger Aufschlussreich ist, als ein ak-Artikel zu der Preisträgerin, den Sabine Nuss im November im ak veröffentlichte. Aus aktuellem Anlass sei hier nochmals auf diesen schönen Beitrag hingewiesen. Ostrom interessiert, wie Gemeingüter (“Allmenden” wie u.a. Fischgründe und Weideland) kollektiv bewirtschaftet werden, ohne dass es zu einer Übernutzung der Naturressourcen kommt. Der auf Privateigentum basierende Markt, so ihr Schluss, sei jedenfalls kein Garant für eine nachhaltige und produktive Nutzung.

ak-Autor in Kopenhagen festgenommen

Jetzt sind sie verrückt geworden! Schon seit Tagen nimmt die dänische Polizei alles fest, was ihr in die Finger kommt. Nun hat es auch ak-Autor Tadzio Müller erwischt. Tadzio Müller ist Sprecher des für morgen geplanten Marschs zum Tagungsort des Klimagipfels. Das Vorhaben der im Climate Justice Action Netzwerk organisierten Gruppen und Personen besteht darin, das Gipfel-Gelände in einem Akt des zivilen Ungehorsams zu besetzen und dort einen Tag lang eine Gegenversammlung der Klimabewegung abzuhalten. Tadzio Müller war festgenommen worden, nachdem er auf einer Veranstaltung zur Teilnahme an der Massenaktion aufgerufen hatte. Nach der vorbeugenden Festnahme von 1.000 DemonstrantInnen bei der Großdemonstration am Samstag und von 200 weiteren DemonstrantInnen am Sonntag zeigt diese Aktion, wie panisch und kopflos die dänische Polizei mittlerweile agiert. Offenbar soll jeglicher Protest in der Nähe des Tagungsgeländes unterbunden werden. Wir fordern die sofortige Freilassung aller bei den Protesten Festgenommenen und können uns ansonsten nur Naomi Klein anschließen, die sagte: „Die Polizei glaubt offenbar, den Protest dadurch stoppen zu können, dass sie einige der Köpfe dahinter verhaftet. Aber wir werden morgen trotzdem zu Tausenden auf der Straße sein!“

ak-Redaktion

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Aufgeblättert: Krisensammelsurium. Karl Heinz Roths »Die globale Krise«

Karl Heiz Roth (KHR) hat wieder ein Buch geschrieben. Beziehungsweise einen Teilband. Seit dem offen Ausbruch der Krise vor einem Jahr ist KHR durch Interviews, Diskussionspapiere und Interventionen beteiligt, die Krise zu deuten und Strategien für die Linen zu diskutieren. Dabei hängt KHR die Latte und den moralischen Anspruch recht hoch:

“Wir alle […] haben diese Verantwortung, weil wir vor einem strategischen Fenster stehen. Wenn wir nicht aufpassen, wird es sehr dunkel.”

Zwar relativierte KHR den dringlichen Ton, dennoch stellt die gegenwärtige Krise für ihn ein Epochenbruch dar. Das ist wohl auch ein Grund, warum sein bei VSA erschienenes Buch unter Hochdruck geschrieben und publiziert wurde. Leider. KHR hat sich nicht die Zeit genommen, das Material zu kondensieren und theoretisch aufzuarbeiten. Entstanden ist eine materialreiche Fleißarbeit, die leider nicht so recht zum Punkt kommt. Und hier ist schon das erste Problem: Das Buch ist der erste Band eines auf zwei Teile angelegten Projekts. Vieles was im ersten Band vermisst wird oder kritisiert werden könnte, holt KHR vielleicht  im zweiten Band ein. Aber das am Schluss des ersten Bandes abgedruckte Inhaltsverzeichnis deutet nicht darauf hin.

Der erste Teil der über 300 Seiten ist vor allem eine Rekonstruktion des Krisenverlaufs. Hierfür hat KHR vor allem die NZZ gewälzt. Detailliert stellt er den Übergang von einer Immobilien- zu einer Finanzkrise dar, die die Kapital und Währungsmärkte ebenso erfasst wie die Rohstoffmärkte, die Transport- und Autoindustrie (18ff.). Anschließend diskutiert KHR die politischen Reaktionen und Maßnahmen – national wie international (62ff.). Vor einem ausführlichen Vergleich historischer Krisen (1857-59; 1873-79; 1929-40) stellt er die Entwicklungen seit 1966/1967 dar. Continue reading “Aufgeblättert: Krisensammelsurium. Karl Heinz Roths »Die globale Krise«”

Die Linke, die sozial-ökologische Frage und die Notwendigkeit, eine Debatte weiter zu führen

Judith Dellheim hat auf dem blog des Instituts für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung eine lesenswerte Besprechung zu einer lesenswerten Broschüre geschrieben. In der Juni-Ausgabe von ak – analyse & kritik lag »Die Linke und die sozial-ökologische Frage. Klima, Kämpfe, Kopenhagen« bei. Dellheims längeren Kommentar führt die in der Broschüre zum Ausdruck kommende Debatte weiter (siehe auch “Linke Ökologie” von Julian Bierwirth).

Vor allem zwei Diskussionspunkte werden wohl die kommenden Monate prägen: Die Debatte um den sog. Green New Deal und die alt bekannte Frage »Was tun?«. Diese beiden Fragen sind stark miteinander verwoben. Auch Judith Dellheim diskutiert beide Fragen, aber leider verknüpft sie diese in einer für die Debatte unproduktiven Art und Weise. Zu schnell werden offene Fragen beantwortet und Widersprüche gekittet.

Dellheim konstatiert zu Recht, dass es der Linken an einem Projekt fehlt. Darin sieht sie eine Schwäche gegenwärtiger Politik. Gleichzeitig findet sie nicht plausibel, warum der sog. Green New Deal von vornherein abzulehnen sei, vielmehr müsse sich auch die Linke auf ihn einlassen »damit sich überhaupt etwas zum potenziell Besseren« wendet – gerade weil die sozial-ökologische Frage eine existenzielle Frage sei. Gegen Ende ihrer Besprechung kommt sie zu dem Schluss, dass es eigentlich »auf der Hand liege«, was zu tun ist und präsentiert Altbekanntes, Vieldiskutiertes, aber eben nichts, was sich als ein Projekt verdichten lässt (bzw: nach einem organisch aus den politischen Kräften wachsenden Projekt aussieht). Und genau darin liegt ein Problem. Und gerade dann, wenn man sich auf den Diskurs des Green New Deal einlässt.

In der Tradition von Gramsci und Poulantzas wird als politisches Projekt eine herrschaftliche Strategie verstanden, die Hegemonie organisiert und damit subalterne und widerständige Kräfte einbindet. Gerade weil die Linke gegenwärtig keine Gegenmacht darstellt (»Gegenhegemonie« finde ich einen blödsinnigen Begriff, aber das gehört nicht hierher), muss sie kritisch gegenüber Projekten sein, die reale Widersprüche und gesellschaftliche Probleme aufgreift, Interessen bestimmter Kräfte real entgegenkommt, gleichzeitig aber grundlegende Verhältnisse unberührt lässt bzw. gerade deshalb zementieren, indem sie sie verändert.

Das bedeutet nicht, dass man verbalradikale Politik im Wolkenkuckucksheim betreiben sollte. Aber es bedeutet Probleme und Widersprüche, Bedenken und Gefahren ernst zu nehmen. Und dann liegt es auch ganz plötzlich nicht mehr auf der Hand, was zu tun ist. Die Debatte muss also weitergeführt werden.

Die Broschüre »Die Linke und die sozial-ökologische Frage. Klima, Kämpfe, Kopenhagen« ist in gut sortierten Buchladen zu finden oder direkt beim ak bestellbar.

ak-Broschüre: Die Linke und die sozial-ökologische Frage

Mit einem Diskussionsbeitrag in ak 529 fiel der Startschuss für eine Debatte in ak zum Thema “Die Linke und die sozial-ökologische Frage”. Dieser Text war im Rahmen von Diskussionen innerhalb der Bundeskoordination Internationalismus (BUKO) entstanden. So wie im Rahmen der BUKO entstehen gerade auch andernorts Arbeits- und Diskussionszusammenhänge, die das Verhältnis von Gesellschaft und Natur aus einer herrschaftskritischen Perspektive thematisieren. “Die Linke und die sozial-ökologische Frage” ist nun auch Thema einer Broschüre, die wir als Sonderbeilage veröffentlicht haben. Im Vorfeld des Weltklimagipfels, der im Dezember in Kopenhagen stattfinden wird, bietet sie umfangreiche Informationen zur Orientierung über Ursachen und Folgen des Klimawandels. Die Broschüre kann für 4,50 Euro plus Porto per Mail an vertrieb@akweb.de bestellt werden.