Exploring Economics: Eine Kritik der Modern Monetary Theory als geldtheoretisches Konzept

Angesichts der Wirtschafts-, Geld- und Finanzpolitik infolge der COVID-19-Pandemie sowie den finanziellen Spielräumen, die anlässlich des russischen Kriegs gegen die Ukraine plötzlich für das Militär möglich waren, wurde das geldtheoretische Konzept Modern Monetary Theory (MMT) prominent. Das Projekt »Explorings Economics« des Netzwerks Plurale Ökonomik hat mir gebeten, meine Kritik an MMT, die ich ursprünglich für die Zeitschrift PROKLA ausformuliert hatte, zu überarbeiten. Der Text ist jetzt frei zugänglich: https://www.exploring-economics.org/de/entdecken/eine-kritik-der-modern-monetary-theory-als-geldtheoretisches-konzept/

Kredit der Macht. Staatsschulden – was sie sind, was sie leisten und für wen sie ein Problem sind

Trotz enormer Investitionsbedarfe für einen sozial-ökologischen Umbau hält auch die Ampelkoalition an der Schuldenbremse grundsätzlich fest. Damit bewahrt sie sich einen politisch konstruierten Sachzwang, um staatliche Ausgabendisziplinierung und -kürzungen zu begründen, wenn es ins Konzept passt. Denn obwohl die Erzählung von den Vorteilen eines schlanken Staats im Zuge der Pandemiebekämpfung Risse bekommen hat, ist der Marktfundamentalismus in der Praxis weiterhin dominant. Zu seiner Rechtfertigung gibt es viele Mythen, die in den Alltagsverstand eingesickert sind. Etwa, dass zu hohe Staatsschulden künftige Generationen belasten. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) steht wegen ihrer Anleihekäufe und Zinspolitik zur Krisenbekämpfung immer wieder in der Kritik, zum Beispiel weil sie Sparer*innen angeblich enteigne.

»Kredit und Macht«, zusammen mit Stephan Kaufmann verfasst, klärt über diese und viele andere Mythen im Zusammenhang mit Staatsverschuldung und Zentralbankpolitik auf und erläutert ausführlich, wie die EZB arbeitet: Geldschöpfung, Leitzinspolitik und das Agieren in der Krise («Kreditgeber letzter Instanz», Strategien von «fiskalischer Dominanz» und «finanzieller Repression») werden anschaulich und in verständlicher Sprache beschrieben. Das ist wichtig, denn eine gesellschaftliche Linke, die den gängigen marktliberalen Mythen etwas entgegensetzen will, muss die Hemmschwelle für die Beschäftigung mit solchen komplexen Themen senken und mit verständlichen Argumenten und Bildern in der Öffentlichkeit Gehör finden, um Debatten zu beeinflussen.

Die Broschüre kann hier als PDF heruntergeladen oder bestellt werden: https://www.rosalux.de/publikation/id/45749/kredit-der-macht

Digitales Geld als money proper

Seitdem es Bitcoin & Co gibt, sind auch Politik und Zentralbanken gefragt. Bereits 2013 hat das deutsche Finanzministerium Bitcoin als privates Geld anerkannt; die digitalen Geldinnovationen wurden beobachten und letztes Jahr rief die »Bank der der Zentralbanken«, die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), sogar ihre mehr als 60 Mitglieder dazu auf, endlich nachzuziehen, ein digitales Geld zu entwickeln und anzubieten. Während viel über technische Fragen (Blockchain) oder Datenschutz diskutiert wurde, waren geldtheoretische Fragen bisher kaum Thema. Nun scheint der EZB-Rat schon bald beschließen zu wollen, in eine sogenannte Gestaltungsphase eintreten zu wollen (ähnlich die US-amerikanische Fed). Auch wurden weitere Details bekannt:

Der große Unterschied des digitalen Euro in der jetzt geplanten Version zum bestehende elektronischen Geld ist, dass er eine Forderung der Bürger unmittelbar gegen die Zentralbank darstellt, so wie bislang nur das Bargeld.

faz.net (27.5.2021)

Dieser Punkt wurde bisher geldtheoretisch viel zu wenig ausgeleuchtet, immer nur – wie auch im angeführten FAZ-Artikel – als Antwort auf die Gefahr einer Bankpleite. Es geht aber um mehr, um die Frage, was Geld ist, um das, was John M. Keynes in »Vom Gelde« als »money proper« bezeichnet und in der deutschen Fassung einfach als »Bargeld« übersetzt wurde, Keynes meinte damit jedoch »wirkliches Geld« und aus heutiger Perspektive zeigt sich: es kann nicht allein Bargeld sein, aber: Wenn wir Guthaben bei Geschäftsbanken oder digitalen Zahlungsdienstleistern (paypal & Co) haben, dann ist das eben Buchgeld oder Guthaben, eine Forderung, kein Geld. Die aktuellen Entwicklungen sind nicht nur geldtheoretisch interessant, denn es zeigt sich auch, wie die Geldgeschichte weitergeschrieben wird, wie sie Marie-Thérèse Boyer-Xambeau, Ghislain Deleplace und Lucien Gillard in ihrem Buch »Private Money and Public Currencies. The 16th Century Challenge« (1994) nachgezeichnet haben, als Zusammenspiel und Prozess zwischen privaten Akteuren und politischer Herrschaft.

MMT und die Staatsfinanzen im Ausnahmezustand

MMT ist derzeit auf vielen Kanälen und wird breiter denn je rezipiert. Auch ein Teil der völkischen Faschisten-Szene scheinen sich derzeit für die Modern Monetary Theory (MMT) zu interessieren. Ich könnte Wetten annehmen, dass die Tage aus Schnellroda der Ansatz mit Arbeiten aus den 1940er-Jahren – Ernst Wagemann (Bild), Otto Donner (Die Grenzen der Staatsverschuldung, in: Weltwirtschaftliches Archiv 56/1942) oder Fritz Reinhardt – verrührt wird (alles übrigens schöne Beispiele für die Nazi-Kontinuität in der jungen BRD – eine knappe Übersicht zum Wandel »moderner« Staatsfinanzierung seit den 1920er-Jahren findet sich bei Stefanie Middendorf)

Diese Arbeiten aus den 1940er-Jahren waren mit der Frage der Kriegsfinanzen beschäftigt und der Vermittlung: Es musste nicht allein eruiert werden, was ökonomisch möglich ist, sondern auch der Bevölkerung musste vermittelt werden, wie der Staat die exorbitanten finanziellen Ressourcen mobilisiert – für Krieg und Vernichtung. Nicht erst seit Kurzem ist die Angst vor Inflation ein wesentliches Moment der deutschen »Stabilitätskultur«.

Krieg war für die Entwicklung des modernen Geld- und Kreditsystems auch historisch bedeutsam. Dazu gibt es jede Menge Literatur (von Werner Sombart über Peter G.M. Dickson zu John Brewer). Er ist jedoch als Potenzialität in das Geld- und Kreditsystem eingeschrieben wie die Krise. Dass MMT derzeit viel diskutiert wird, hat natürlich nichts mit Krieg und schon gar nichts mit Nazis zu tun, sondern mit einer schweren Krise des Kapitalismus (die zweite innerhalb eines Jahrzehnts). Und darin ähneln sich die politisch-gesellschaftlichen Voraussetzungen, als Ausnahmezustand, in dem der Staat seine Handlungsfähigkeit beweisen und finanzieren muss (auch wenn MMT hier schon kritisch einhaken würde, weil der Staat sich gar nicht finanzieren müsse; mein ausführlicher Beitrag dazu in der PROKLA 202).

Auch die Ökonomin Mariana Mazzucato greift in ihrem neuen Buch (Mission. Auf dem Weg zu einer neuen Wirtschaft) MMT positiv auf (ab S. 225). Die falsche Frage sei: »Wie viel Geld ist da, und was können wir damit tun?« (S. 27) Die richtige Frage lautet: »Was ist zu tun und wie können wir unsere Budgets so strukturieren, dass wir diese Ziele auch tatsächlich erreichen?« (Ebd.) (Wobei anzumerken ist, dass ein Staatsbudget immer durch Planung gekennzeichnet ist, keine Bilanz, keine »Erfolgsrechnung« im betriebswirtschaftlichen Sinne ist, also quasi immer mit einem »Soll« beginnt. Der erste Grundsatz des Budgets, so Kurt Heinig in seinem dreibändigen Buch zum Staatsbudget, ist also seine Vorherigkeit.)

Später im Buch stellt Mazzucato eine weitere Frage, jedoch ohne ihr ernsthaft nachzugehen: »Wenn uns all das zu Kriegszeiten gelingt, warum dann nicht auch zu Friedenszeiten, wenn es dringende gesellschaftliche Schlachten zu schlagen und gemeinsame Ziele zu erfüllen gilt?« (S. 205) Ja, warum nicht? Vielleicht weil ein nicht unwesentlicher Teil der Gesellschaft nicht die dringenden gesellschaftlichen Schlachten schlagen will, die Mazzucato vor Augen hat? Weil mit einem »anderen« Kapitalismus nicht so gut Profit zu machen ist? Weil es »das« öffentliche Interesse nicht gibt? Weil wir in einer kapitalistischen Klassengesellschaft leben? In kapitalistischen Klassengesellschaften, die von vielfältigen Widersprüchen und Interessenskonflikte geprägt ist, stellt sich die Frage, unter welchen Bedingungen diese stillgestellt werden (können), um eine »Mission« zu verfolgen. Es sind offensichtlich Ausnahmezustände, Krieg oder Wirtschaftskrisen. Mazzucato führt anhand der Apollo-Mission aus, wie sie sich eine andere Wirtschaft (im Kapitalismus) vorstellt, ohne deutlich herauszustellen, was die »Systemauseinandersetzung«, die die Welt bis an den Rand eines Atomkriegs führte, für die Mittelbeschaffung und für das »missionsorientierte Denken« bedeutete.

Dass es einen inneren Zusammenhang gibt, zeigt auch Wolfgang Schivelbusch in seinem sehr lesenswerten Buch »Entfernte Verwandtschaft« (von Faschismus und New Deal), in dem er in einem Unterkapital die Bedeutung der Kriegsmetaphorik für den New Deal unter Franklin D. Roosevelt diskutiert. Vor dem Hintergrund der Inaugurationsrede im März 1933 kommt er zu dem Schluss:

Die wirtschaftliche und soziale Bekämpfung der Krise genügte nicht. Es musste ihr regelrecht den Krieg erklären werden. Ohne diesen Akt, der die Nation vereinte und verpflichtete, ließen sich die notwendigen Energien und Opfer nicht aufbringen.

Wolfgang Schivelbusch: »Entfernte Verwandtschaft«, Frankfurt/M. 2008, S. 43f.

Wie Schivelbusch weiter schreibt, war es nicht allein Rhetorik. Mazzucato hingegen ist zwar bewusst, dass das Apollo-Projekt »wesentlichen Bestandteil des Kalten Krieges« war (S. 92). Dieser habe es erleichtert, die »astronomischen Ausgaben« zu rechtfertigen. Statt aber die spezifischen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen von »Missionen« zu reflektieren und auszuführen, was das angesichts der zu »schlagenden Schlachten« bedeutet, geht Mazzucato davon aus, dass es derzeit ausreiche, neues Vokabular und neue Narrative (S. 26) zu entwickeln und eine inspirierende Vision (S. 92) zu haben.

Manchmal wäre es schön, wenn rhetorische Fragen beantwortet werden.

Money makes the world go green? Eine Kritik der Modern Monetary Theory (MMT) als geldtheoretisches Konzept

In der aktuellen PROKLA (202) ist mein Beitrag zu MMT (Modern Monetary Theory) erschienen. Bisher nur im gedruckten Heft zugänglich.

In den letzten Jahren ist ein geldtheoretisches Konzept prominent geworden, das für sich beansprucht, mit den Irrtümern der ökonomischen Orthodoxie zu brechen und eine Antwort auf die Frage zu geben, wie etwa ein Green New Deal finanziert werden kann: Modern Monetary Theory (MMT). Der Beitrag diskutiert vor dem Hintergrund der marxschen Theorie die geld- und kapitalismustheoretischen Prämissen von MMT. Entgegen ihrer Bezeichnung ist MMT weder modern noch spielt bei ihr Geld für das Verständnis der kapitalistischen Ökonomie eine zentrale Rolle, was zu analytischen, politischen und strategischen Fehlschlüssen führt.

Hier geht es zum Heft: https://www.prokla.de/index.php/PROKLA/issue/view/206

Hexen verbrennen, Geldfälscher hängen

»Um dieselbe Zeit, wo man in England aufhörte, Hexen zu verbrennen, fing man dort an, Banknotenfälscher zu hängen.« (MEW 23: 783)

Karl Marx stimmt mit diesem Satz an, wie die moderne Eigentums- und Geldordnung durchgesetzt wurde, blut- und schmutztriefend, als Resultat eines gewaltsamen Prozesses. Er wendet sich damit gegen die Selbstverklärung der bürgerlichen Gesellschaft, die ihre eigene Geschichte – etwa in der Politischen Ökonomie – gern als eine von Fortschritt und Zivilisation zeichnet und idealisiert. Dieses Bild zurecht zu rücken, fällt vor allem bei den Kategorien Geld und Eigentum schwer, die als etwas Selbstverständliches, immer schon Vorhandenes gelten. In der Vergangenheit werden nur die modernen Formen wiedererkannt, statt diese in ihrer historischen Spezifik zu begreifen. Marx hatte für diese Form der Rückprojektion oft beißenden Spott übrig. Während Marx die historische Durchsetzung der modernen Eigentumsordnung im Kapital kritisch nachzeichnet, bleiben seine Ausführungen zu Geld auffällig spärlich. Für die PROKLA bin ich der Genese nachgegangen und wollte dem historischen Hintergrund des Zitats zu Hexerei und Geldfälschung nachgehen. Leider war hierfür kein Platz und der Exkurs hätte etwas vom Thema des Beitrags weggeführt. Deshalb möchte ich meine Notizen hier zugänglich machen.

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Forschungsnotiz: Eigentumsprämie, Urwert und Geld bei Gunnar Heinsohn und Otto Steiger

Für die neue PROKLA habe ich einen Beitrag zu Eigentum und Geld beigesteuert. Wie es so ist, war nicht für alles Platz – nicht nur weil der Beitrag keine 20 Druckseiten umfassen sollte, sondern auch weil die konzeptionelle Anlage des Beitrags es nicht zuließ. Wenn eine Zwischenüberschrift »Exkurs« im Namen trägt, sollte man sich immer zwei Mal überlegen, ob das meist durchaus interessante Material wirklich für die Fragestellung relevant ist. Weil ich aber darum gebeten wurde, meine Auseinandersetzung mit Gunnar Heinsohn und Otto Steiger zugänglich zu machen, stelle ich meine skizzenhaften Überlegungen hier ein. Skizzenhafte Überlegungen deshalb, weil ich den Exkurs nicht ausgearbeitet habe.

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Dostojewski, Marx, Liza Minelli – vom Geld und seinen Mythen

Die Bargeldbegrenzung wird derzeit heiß diskutiert. Eine gute Gelegenheit, ein paar grundlegende Fragen zum Zusammenhang von Geld und Kapitalismus zu beantworten – und mit Mythen und Missverständnissen aufzuräumen.

In Berlin finden im Durchschnitt über fünf Demonstrationen statt – pro Tag. In Frankfurt am Main sind es sicherlich weniger. Dafür steht dort die Europäische Zentralbank (EZB), was der Finanzmetropole schon mehrmals Proteste beschwert hat. Und deshalb wird dort heute unter dem Motto »Finger weg von unserem Bargeld« für eine neue Geldordnung demonstriert. Denn wer die Presse gut verfolgt hat, weiß: Es soll nicht nur der 500-Euro-Schein abgeschafft werden, sondern, so die Befürchtungen einiger ZeitgenossInnen, das Bargeld überhaupt. Im Aufruf für die heutige Kundgebung in Frankfurt am Main heißt es deshalb: »Wir rufen zur Verteidigung unseres Bargeldes und unserer Freiheit auf. Gegen Gängelung und Bevormundung von uns freien Bürgern!« Nicht ohne Grund wird in den letzten Wochen gerne der russische Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821-1881) zitiert: »Geld ist geprägte Freiheit«. //→ Weiterlesen bei oxi-blog.

Der Gott der Waren. Die ökonomische Theorie und ihr Geld

PROKLA 179: Illusion und Macht des GeldesIn Krisensituationen wird der gesellschaftliche Umgang mit Geld‬ verstärkt zum Problem – und ein politisches prisantes Thema. So auch in den letzten Jahren. Das hat die PROKLA zu einem Schwerpunktheft zu Geld motiviert. Unbestritten spielt Geld eine zentrale Rolle, die kapitalistische Wirtschaft ist wesentlich Geldwirtschaft: Geld regiert die Welt. Aber hier beginnt bereits die Unübersichtlichkeit. Es herrschen sehr unterschiedliche Auffassungen davon, in welchem Sinne Geld relevant ist. Mein einführender Beitrag »Der Gott der Waren. Die ökonomische Theorie und ihr Geld« soll im ersten Teil einen Überblick über die großen Paradigmen der politischen Ökonomie geben – Neoklassik‬, Keynes‬ und Marx‬. In einem zweiten Teil werden drei relevante Problemfelder diskutiert (Inflation‬, Kredit‬, gegenwärtiges Geldsystem). Der Beitrag ist jetzt im Volltext online. Das Editorial und der Inhalt findet sich hier.

Das Geld, Gott der Waren. Zur Debatte über die Abschaffung des Bargeldes

Greece EuroDie Debatte über die Abschaffung des Bargeldes hat viele Leerstellen. Und Lehrstellen: Sie fördert das Kapitalismusverständnis – und befähigt zu Kritik an den Verhältnissen.

Um es kurz zu machen: Ja, es ist sinnvoll, Bargeld abzuschaffen. Schon aus hygienischen Gründen. Eine Untersuchung der New York University identifizierte etwa 3000 Bakterientypen allein auf einem US-Dollar-Schein – nur 20 Prozent der nichtmenschlichen DNA konnten genauer bestimmt werden. Und natürlich hat man auch Kokain gefunden.

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PROKLA 179 zur Illusion und Macht des Geldes erschienen

Endlich ist die neue PROKLA erschienen. Thema: Illusion und Macht des Geldes. Auch ich habe einen Beitrag zum Gott der Waren beigetragen – Geld.

Das Editorial findet ihr hier.

Der Beitrag von Martin Konecny zu Syriza unter Druck und den den strategischen Perspektiven des linken Regierungsprojekts in Griechenland ist online.

Der Inhalt des ganzen Heftes sieht aus wie folgt.

Aufgeblättert: Kein pfiffig ausgedachtes Auskunftsmittel. Viele Neuerscheinungen schlagen sich mit Geld als sozialer Realität herum

Mit der Krise ab 2008 geriet der Kapitalismus zeitweilig in eine Legitimationskrise – und mit ihm der Mainstream der Wirtschaftswissenschaften. Schließlich wurde offensichtlich, dass die Theorien eine derartig tief greifende Krise von ihrer wissenschaftlichen Anlage her nicht vorsahen. Das ist kein Zufall, sondern liegt an den Prämissen des derzeit herrschenden Mainstreams: Geld spielt keine Rolle. So meinte etwa der 2006 verstorbene Nobelpreisträger Milton Friedman, dass »ungeachtet der wichtigen Rolle … des Geldes in unserer heutigen Wirtschaft« der »charakteristische Zug der Markttechnik, nämlich das Erreichen der Koordination« auch ohne Geld begriffen werden könne. Kein Wunder also, dass mit der Frage nach den Ursachen der Krise das Geld in den Fokus der Debatte rückte – und Gegenstand vieler Bücher wurde.

Geld die wahre Geschichte von Felix Martin der-sieg-des-kapitals-074231581-1 Felber_Geld_P02.indd

 

 

 

 

So geht Felix Martin vor dem skizzierten Hintergrund in seiner unautorisierten Biographie des Geldes, so der Untertitel im englischen Original, von dem wunden Punkt des Mainstreams aus, nämlich, dass es den – wie bei Friedman – imaginierten Zustand eines geldlosen Naturaltauschs nie gab. Er fragt sich, wieso die ökonomische Zunft, trotz vieler historischer und anthropologischer Erkenntnisse, daran festhält. Martin organisiert Ausflüge in die Antike, nach China und in das Europa des Mittelalters und der Aufklärung und kommt schließlich zu dem Befund, dass Geld wesentlich eine »soziale Technologie«, eine große Erfindung und Übereinkunft sei.

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FAQ. Noch Fragen? Sind Bitcoins Geld?

Mitte August war zu lesen, dass das Bundesfinanzministerium die virtuelle »Währung« Bitcoins als Rechnungseinheit anerkennt. Das geht aus einer kleinen Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hervor. Bitcoins sind Münzen (Coins), die eine digitale Form haben. »Bit« verweist auf die Binärziffern (1/0), die Einheiten mit denen die Informationstechnologie arbeiten und Datenmengen und -übertragung gemessen werden (acht Bits sind ein Byte).

Auf Grundlage der auch bei Musiktauschbörsen verwendeten BitTorrent-Technik (Peer-to-Peer) organisiert ein Bitcoinnetzwerk den Bezahlvorgang. Das Netzwerk setzt auf eine ähnliche Verschlüsselung wie PGP (Pretty Good Privacy), garantiert derart die Authentizität der Vorgänge und soll die Bitcoins fälschungssicher machen. Kein Wunder also, dass das Konzept 2008 auf einer Mailingliste für Kryptografie erstmals öffentlich diskutiert wurde. Eine vollständige Anonymität kann es deshalb jedoch nicht geben. Die Bestätigung eines Bezahlvorgangs durch das gesamte Netzwerk, der Kern der Idee, bedeutet, dass Anonymität nicht möglich ist. Die Transaktionen werden in einer »History« gespeichert. Damit geht jedoch ein Vorteil von Geld verloren: Geld stinkt plötzlich wieder. Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Sind Bitcoins Geld?”