Digitales Geld als money proper

Seitdem es Bitcoin & Co gibt, sind auch Politik und Zentralbanken gefragt. Bereits 2013 hat das deutsche Finanzministerium Bitcoin als privates Geld anerkannt; die digitalen Geldinnovationen wurden beobachten und letztes Jahr rief die »Bank der der Zentralbanken«, die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), sogar ihre mehr als 60 Mitglieder dazu auf, endlich nachzuziehen, ein digitales Geld zu entwickeln und anzubieten. Während viel über technische Fragen (Blockchain) oder Datenschutz diskutiert wurde, waren geldtheoretische Fragen bisher kaum Thema. Nun scheint der EZB-Rat schon bald beschließen zu wollen, in eine sogenannte Gestaltungsphase eintreten zu wollen (ähnlich die US-amerikanische Fed). Auch wurden weitere Details bekannt:

Der große Unterschied des digitalen Euro in der jetzt geplanten Version zum bestehende elektronischen Geld ist, dass er eine Forderung der Bürger unmittelbar gegen die Zentralbank darstellt, so wie bislang nur das Bargeld.

faz.net (27.5.2021)

Dieser Punkt wurde bisher geldtheoretisch viel zu wenig ausgeleuchtet, immer nur – wie auch im angeführten FAZ-Artikel – als Antwort auf die Gefahr einer Bankpleite. Es geht aber um mehr, um die Frage, was Geld ist, um das, was John M. Keynes in »Vom Gelde« als »money proper« bezeichnet und in der deutschen Fassung einfach als »Bargeld« übersetzt wurde, Keynes meinte damit jedoch »wirkliches Geld« und aus heutiger Perspektive zeigt sich: es kann nicht allein Bargeld sein, aber: Wenn wir Guthaben bei Geschäftsbanken oder digitalen Zahlungsdienstleistern (paypal & Co) haben, dann ist das eben Buchgeld oder Guthaben, eine Forderung, kein Geld. Die aktuellen Entwicklungen sind nicht nur geldtheoretisch interessant, denn es zeigt sich auch, wie die Geldgeschichte weitergeschrieben wird, wie sie Marie-Thérèse Boyer-Xambeau, Ghislain Deleplace und Lucien Gillard in ihrem Buch »Private Money and Public Currencies. The 16th Century Challenge« (1994) nachgezeichnet haben, als Zusammenspiel und Prozess zwischen privaten Akteuren und politischer Herrschaft.

Dostojewski, Marx, Liza Minelli – vom Geld und seinen Mythen

Die Bargeldbegrenzung wird derzeit heiß diskutiert. Eine gute Gelegenheit, ein paar grundlegende Fragen zum Zusammenhang von Geld und Kapitalismus zu beantworten – und mit Mythen und Missverständnissen aufzuräumen.

In Berlin finden im Durchschnitt über fünf Demonstrationen statt – pro Tag. In Frankfurt am Main sind es sicherlich weniger. Dafür steht dort die Europäische Zentralbank (EZB), was der Finanzmetropole schon mehrmals Proteste beschwert hat. Und deshalb wird dort heute unter dem Motto »Finger weg von unserem Bargeld« für eine neue Geldordnung demonstriert. Denn wer die Presse gut verfolgt hat, weiß: Es soll nicht nur der 500-Euro-Schein abgeschafft werden, sondern, so die Befürchtungen einiger ZeitgenossInnen, das Bargeld überhaupt. Im Aufruf für die heutige Kundgebung in Frankfurt am Main heißt es deshalb: »Wir rufen zur Verteidigung unseres Bargeldes und unserer Freiheit auf. Gegen Gängelung und Bevormundung von uns freien Bürgern!« Nicht ohne Grund wird in den letzten Wochen gerne der russische Schriftsteller Fjodor Michailowitsch Dostojewski (1821-1881) zitiert: »Geld ist geprägte Freiheit«. //→ Weiterlesen bei oxi-blog.

Das Geld, Gott der Waren. Zur Debatte über die Abschaffung des Bargeldes

Greece EuroDie Debatte über die Abschaffung des Bargeldes hat viele Leerstellen. Und Lehrstellen: Sie fördert das Kapitalismusverständnis – und befähigt zu Kritik an den Verhältnissen.

Um es kurz zu machen: Ja, es ist sinnvoll, Bargeld abzuschaffen. Schon aus hygienischen Gründen. Eine Untersuchung der New York University identifizierte etwa 3000 Bakterientypen allein auf einem US-Dollar-Schein – nur 20 Prozent der nichtmenschlichen DNA konnten genauer bestimmt werden. Und natürlich hat man auch Kokain gefunden.

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PROKLA 179 zur Illusion und Macht des Geldes erschienen

Endlich ist die neue PROKLA erschienen. Thema: Illusion und Macht des Geldes. Auch ich habe einen Beitrag zum Gott der Waren beigetragen – Geld.

Das Editorial findet ihr hier.

Der Beitrag von Martin Konecny zu Syriza unter Druck und den den strategischen Perspektiven des linken Regierungsprojekts in Griechenland ist online.

Der Inhalt des ganzen Heftes sieht aus wie folgt.

Bitcoins: »Wahrscheinlich werden wir sie einfach liquidieren«

Anfang Oktober wurde die Handelsplattform Silk Road abgeschaltet. Die Website konnte man nur über das Anonymisierungsnetzwerk Tor erreichen. Silk Road wird verdächtigt, dem Drogenhandel zu dienen. Bezahlt wurde nur mit Bitcoins. »Das FBI geht davon aus, dass auf Silk Road illegale Güter in einem Umfang von 9,5 Millionen Bitcoin gehandelt wurden, das entspricht fast einer Milliarde Euro« heißt es bei golem.de.

Stellt sich die Frage, was das ermittelnde FBI mit den beschlagnahmten Bitcoins macht. Kommen sie in die Asservatenkammer? Gibt es bereits so etwas wie eine digitale Asservatenkammer? Zumindest den bekannten Suchmaschinen ist nichts bekannt. Aber vielleicht weiß Anton Tanter ja etwas.

Laut FBI blüht den beschlagnahmten Bitcoins ein ganz anderes Szenario: »Wir werden die Bitcoins herunterladen und aufbewahren«, antwortete eine laut SpiegelOnline eine FBI-Sprecherin. Wenn das Gerichtsverfahren beendet ist, soll mit den Bitcoins etwas passieren, was in Zeiten von NSA-Skandal, Big Data eher ungewöhnlich ist: »Wahrscheinlich werden wir sie einfach liquidieren.« Das FBI könnte also einfach die Delete-Taste drücken. So einfach. Ob sie das bei wirklichem Geld auch machen würden? Wohl eher nicht. Ich hatte mich ja vor einigen Tagen gefragt, ob Bitcoins Geld sind oder nicht viel eher Zahlungsversprechen. Wie auch immer: Über einen derartigen vom FBI angekündigten Delete-Vorgang würden sich so manche NetzaktivistInnen freuen – nur eben bei anderen angefallenen Daten.

FAQ. Noch Fragen? Sind Bitcoins Geld?

Mitte August war zu lesen, dass das Bundesfinanzministerium die virtuelle »Währung« Bitcoins als Rechnungseinheit anerkennt. Das geht aus einer kleinen Anfrage des FDP-Bundestagsabgeordneten Frank Schäffler hervor. Bitcoins sind Münzen (Coins), die eine digitale Form haben. »Bit« verweist auf die Binärziffern (1/0), die Einheiten mit denen die Informationstechnologie arbeiten und Datenmengen und -übertragung gemessen werden (acht Bits sind ein Byte).

Auf Grundlage der auch bei Musiktauschbörsen verwendeten BitTorrent-Technik (Peer-to-Peer) organisiert ein Bitcoinnetzwerk den Bezahlvorgang. Das Netzwerk setzt auf eine ähnliche Verschlüsselung wie PGP (Pretty Good Privacy), garantiert derart die Authentizität der Vorgänge und soll die Bitcoins fälschungssicher machen. Kein Wunder also, dass das Konzept 2008 auf einer Mailingliste für Kryptografie erstmals öffentlich diskutiert wurde. Eine vollständige Anonymität kann es deshalb jedoch nicht geben. Die Bestätigung eines Bezahlvorgangs durch das gesamte Netzwerk, der Kern der Idee, bedeutet, dass Anonymität nicht möglich ist. Die Transaktionen werden in einer »History« gespeichert. Damit geht jedoch ein Vorteil von Geld verloren: Geld stinkt plötzlich wieder. Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Sind Bitcoins Geld?”