Aufgeblättert: Kein pfiffig ausgedachtes Auskunftsmittel. Viele Neuerscheinungen schlagen sich mit Geld als sozialer Realität herum

Mit der Krise ab 2008 geriet der Kapitalismus zeitweilig in eine Legitimationskrise – und mit ihm der Mainstream der Wirtschaftswissenschaften. Schließlich wurde offensichtlich, dass die Theorien eine derartig tief greifende Krise von ihrer wissenschaftlichen Anlage her nicht vorsahen. Das ist kein Zufall, sondern liegt an den Prämissen des derzeit herrschenden Mainstreams: Geld spielt keine Rolle. So meinte etwa der 2006 verstorbene Nobelpreisträger Milton Friedman, dass »ungeachtet der wichtigen Rolle … des Geldes in unserer heutigen Wirtschaft« der »charakteristische Zug der Markttechnik, nämlich das Erreichen der Koordination« auch ohne Geld begriffen werden könne. Kein Wunder also, dass mit der Frage nach den Ursachen der Krise das Geld in den Fokus der Debatte rückte – und Gegenstand vieler Bücher wurde.

Geld die wahre Geschichte von Felix Martin der-sieg-des-kapitals-074231581-1 Felber_Geld_P02.indd

 

 

 

 

So geht Felix Martin vor dem skizzierten Hintergrund in seiner unautorisierten Biographie des Geldes, so der Untertitel im englischen Original, von dem wunden Punkt des Mainstreams aus, nämlich, dass es den – wie bei Friedman – imaginierten Zustand eines geldlosen Naturaltauschs nie gab. Er fragt sich, wieso die ökonomische Zunft, trotz vieler historischer und anthropologischer Erkenntnisse, daran festhält. Martin organisiert Ausflüge in die Antike, nach China und in das Europa des Mittelalters und der Aufklärung und kommt schließlich zu dem Befund, dass Geld wesentlich eine »soziale Technologie«, eine große Erfindung und Übereinkunft sei.

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