FAQ. Noch Fragen? Geld- und Zinskritik gegen Fiatgeld?

EZB-Neubau.August-2013
EZB Neubau im August 2013

Seit einiger Zeit wird wieder der Autobauer und Antisemit Henry Ford zitiert: »Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.« Die Geldkritik – wie sie momentan in den Montagsdemos fröhliche Urstände feiert – speist sich aus dem Bedürfnis nach einem krisenfreien Geldsystem und aus dem allerorten anzutreffenden Wunsch nach »Souveränität« – hier nicht gegenüber »Brüssel«, sondern über das Geld. Ihre Kritik richtet sich nicht gegen das Geld an sich, sondern gegen ein Geldsystem, das scheinbar unter der Kontrolle wahlweise falscher PolitikerInnen bzw. dunkler Mächte steht und zudem auf dem sogenannten Fiatgeld basiert – Geld, das keinen Gegenwert habe. Die Lösung: ein neutrales Geldsystem. Continue reading “FAQ. Noch Fragen? Geld- und Zinskritik gegen Fiatgeld?”

Aufgeblättert: Tödliche Austerität

Stuckler-BasuEs geht um Leben und Tod in der groß angelegten Studie der beiden Autoren, die Gesundheit als genuin politisches Thema verstehen. David Stuckler und Sanjay Basu analysieren nicht nur die Entwicklungen in Island und Griechenland nach Ausbruch der jüngsten Krise, sondern nehmen sich auch älteres Material vor. Nach 1929 weigerten sich in den USA einige Bundesstaaten, den New Deal umzusetzen. Was zeigt: »Die eigentliche Gefahr für die Gesundheit der Allgemeinheit lauert nicht in Rezessionen an sich, sondern in den Sparprogrammen, mit denen diese häufig bekämpft werden.« Wie für angelsächsische Sachbücher mit wissenschaftlichem Anspruch üblich, handelt die gut geschriebene Studie von Selbstmordraten, Lebenserwartungen, Krankheiten, aber auch Stress und Krankheit infolge von drohenden Zwangsräumungen: »Schon einige Zeit, bevor jemand sein Haus verliert, kann bereits eine drohende Zwangsräumung das Krankheitsrisiko erhöhen.« Aber nicht nur kapitalistische Krisen wirken sich negativ auf Leib und Leben aus. Das Buch zeigt eindringlich, dass in ehemaligen realsozialistischen Ländern, die nach 1990 sich dem IWF unterwarfen oder sich möglichst schnell zu einer kapitalistischen Marktwirtschaft transformieren wollten, die Lebenserwartung teilweise dramatisch zurückging. Leider wollen sich die Autoren weder rechts noch links positionieren und hoffen stattdessen auf einen »demokratischen Weg«, der allein Zahlen und Fakten gehorcht.

Ingo Stützle

David Stuckler und Sanjay Basu: Sparprogramme töten. Die Ökonomisierung der Gesundheit. Wagenbach Verlag, Berlin 2014. 224 Seiten, 19,90 EUR.

Erschienen in: ak – analyse & kritik. Zeitung für linke Debatte und Praxis, Nr. 594 vom 20.5.2014, Seite 36.

Der Krisenstab: Die Krise in Zeiten von Piketty

In der neuen Krisenstab-Kolumne bei neues deutschland schreibe ich über den neuen Star am Ökonomenhimmel,  Thomas Piketty, und die Frage, warum Argumente allein nichts bewegen:

Im Mittelalter legitimierte der liebe Gott die Herrschaft von Menschen über Menschen. Seit 1789 herrscht, so die bürgerliche Erzählung, die Vernunft. Die Wissenschaften stellt die Politik auf ein rationales Fundament. Auch viele Linke hoffen für die Durchsetzung der »richtigen Politik« auf den »zwanglosen Zwang des besseren Arguments« (Habermas). Deshalb kommt das neue, über 600 Seiten starke Buch des französischen Ökonomen Thomas Piketty gerade richtig. Das mit Grafiken gespickte Buch »Capital in the Twenty-First Century« erschien vor ein paar Tagen in englischer Übersetzung (das französische Original erschien bereits letztes Jahr; die deutsche Übersetzung ist für 2015 angekündigt). Es entfachte nicht nur in den USA ein Feuerwerk an Kommentaren und eine hitzige Debatte, nachdem u.a. die Nobelpreisträger Paul Krugman und Joseph Stiglitz Piketty medienwirksam protegierten. Krugman und Stiglitz meldeten sich in den letzten Jahren öfters zu Wort und kritisierten Deutschlands Austeritätskurs und Obamas Einknicken vor den Interessen der Wall Street.

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