Sound Money: Was die monetaristische Ideologie der EZB mit Berlusconi zu tun hat

»In einem neuen Buch macht das frühere EZB-Direktoriumsmitglied Lorenzo Bini Smaghi brisante Aussagen darüber, wie nahe Italien unter Ministerpräsident Silvio Berlusconi vor einem Austritt aus der Währungsunion stand und wie lange Kanzlerin Angela Merkel angeblich einen Ausschluss Griechenlands für möglich hielt.«

Berlusconi
Foto: CC-Lizenz/lorenzopierini

Das ist in der heutigen FAZ zu lesen. Sie bezieht sich auf Smaghis Buch »Morire di austerità. Democrazie europee con le spalle al muro«, das im April auf Italienisch erschien (und seit Juli in einer englischen Version vorliegt). Bini Smaghi saß von 2005 bis Ende 2011 im sechsköpfigen Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) und, so suggeriert die FAZ, scheint damit Insiderwissen zu haben.[1. Dass die FAZ Smaghis Text nun aufgreift, hat wohl eher mit den Target-2-Salden zu tun, die auch von Smaghi kritisch diskutiert werden und sonst eher vom neoliberalen Hardliner Hans-Werner Sinn als Anzeichen dafür hochgehalten werden, dass Deutschland für die Eurozone zahlen müsse.]

Italiens ehemaliger Ministerpräsident Berlusconi habe, so Smaghi, in privaten Gesprächen mit den Regierungen anderer Euroländer die Idee eines Euroaustritts lanciert und musste danach zurücktreten:

»It is also no coincidence that Italian Prime Minister Silvio Berlusconi resigned after his country’s hypothetical exit from the euro had been floated in private talks with the governments of other eurozone members.«

Es sei kein Zufall, dass Berlusconi kurz Mitte November 2011 zurücktreten musste. Was in der FAZ nicht zu lesen ist und bezeugt, wie mächtig die EZB als europäischer Staatsapparat ist, dass bereits Ende September 2011 die Tageszeitung Corriere della Sera einen bis dato geheim gebliebenen Brief vom ehemaligen EZB-Chef Jean-Claude Trichet und dem damals designierten EZB-Chef Mario Draghi veröffentlichte. Darin wurde Berlusconi aufgefordert, Italiens Wirtschafts- und Finanzpolitik in Ordnung zu bringen und damit das Vertrauen der Finanzmärkte wieder herzustellen. Berlusconi war für die Eurozone und die Finanzmärkte nicht mehr tragbar.

Was sich auch zeigt und was Smaghi in seinem Papier auch unterstreicht: Nicht allein die deutschen EZB-VertreterInnen sind der Stabilitätspolitik und dem Euro verpflichtet, dem Paradigma des »sound money«. Die monetaristische Ideologie hat sich schon lange europäisiert und in der EZB materialisiert – trotz gewisser Unterschiede. Die Regierungen der Euro-Staaten beißen sich nicht nur an der deutschen Politik, sondern auch der EZB die Zähne aus.