Nicos Poulantzas zum 75. Geburtstag

Nicos Poulantzas 1968 in einer Pariser Universität

Nicos Poulantzas wäre heute 75. Jahre alt geworden (auch wenn wikipedia etwas anderes behauptet). Aus diesem Anlass sei nicht nur auf den Sammelband Poulantzas lesen verwiesen, den ich 2006 mitherausgegeben habe, sondern auch auf einen aktuellen Beitrag von Alexander Gallas bei freitag.de und auf mein Geburtstagsständchen vor fünf Jahren in ak 509.

Die EU nach der Euro-Krise. Vom Tod des Neoliberalismus zur autoritären Stabilisierung

Für viele Linke brachte die jüngste Weltwirtschaftskrise Genugtuung. Wenn emanzipatorische Kräfte in den letzten Jahren schon so wenig bewegen konnten, so blieb zumindest eine Gewissheit: Wir hatten recht! Dass eine ökonomische Krise jedoch keine politische Krise bedeuten muss, wurde schnell offensichtlich. Slavoj Žižek brachte es in einem Interview auf den Punkt: „Der autoritäre Kapitalismus ist der Gewinner der Krise.“ (zeit.de, 25.8.11) Das zeigte sich insbesondere in der EU. Continue reading “Die EU nach der Euro-Krise. Vom Tod des Neoliberalismus zur autoritären Stabilisierung”

Der vorsichtige Hinweis auf das no-bail-out-Gebot löste Heiterkeit aus

Der Wirtschaftshistoriker Werner Abelshauser berichtete letztes Jahr von der Konferenz Euromoney 2009 mit dem Titel “Building a new financial architecture”:

Als die europäischen Staats- und Regierungschefs am 7. Mai 2010 ihr „Rettungspaket“ für die überschuldeten Länder im Süden der Euro-Zone schnürten, schienen sie von der Entwicklung überrascht. Glaubwürdig ist dies nicht, war doch die Problematik längst bekannt und wurde im kleinen Kreis der Banker und Finanzpolitiker offen diskutiert. So trafen sich die wichtigsten deutschen Anleger „under the auspices of the German Finance Ministry“ schon ein Jahr zuvor im Berliner Hotel Adlon, um das Risiko auszuloten. Man war sich rasch einig: Gerade weil Staatsbankrotte drohten, sei die Anlage in gefährdete Staatspapiere hoch rentabel, könne man sich doch auf ein bail out der EU – also ein Einspringen der Staatengemeinschaft – verlassen.

Weiter heißt es in einer Fußnote:

Das Panel „German fixed income investors in unchartered territory: a road map“ etwa war einhellig der Meinung, dass sich der Kauf maroder Staatspapiere auf jeden Fall lohne, weil im Ernstfall die EU intervenieren würde. Der vorsichtige Hinweis des Verfassers auf das no-bail-out-Gebot der Verträge löste unter den Panelisten (MEAG Munich Ergo, Lupus alpha, DWS Investments und McKinsey & Company) Heiterkeit aus.

Schuldenkrise: Eine Verteilungs- und Machtfrage

Leider keine ›von unten‹ formulierte Feststellung:

»Nachdem die Zuwächse des Sozialprodukts während der vergangenen dreißig Jahre vornehmlich den oberen Bevölkerungsschichten zugutekamen, stellt sich in der Schuldenkrise die Frage, ob und mit welchen Mitteln die Wohlhabenden versuchen werden, ihre Position auch um den Preis einer massiven sozialen und politischen Krise zu verteidigen.« (FAZ, 20.8.11)