Aufgeblättert: Marktversagen

Das Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung e.V. (ISW) veröffentlicht seit Jahren kritische Studien zur kapitalistischen Wirklichkeit. Die gegenwärtige Krise bot Material für mehr als nur eine Studie. Die neueste Publikation widmet sich der Software neoliberaler Ideologie und der zentralen Institution des Kapitalismus – dem Markt. Er gilt als die schützenswerteste Einrichtung nach dem Privateigentum, der immer für einen effizienten Einsatz von “Produktionsfaktoren” sorgt. Der Autor, Franz Garnreiter, hat sich zur Aufgabe gemacht, den Mythos Markt auseinanderzunehmen. Dafür beschäftigt er sich mit der Grundlage der Wirtschaftstheorie – der Grenznutzentheorie -, konfrontiert deren Versprechen mit der Wirklichkeit und stellt den stabilisierenden Effekt der Markt-Ideologie für die kapitalistische Herrschaft und deren destruktives Potenzial für Mensch und Natur heraus. Die Broschüre räumt auf mit vielen irrsinnigen Grundannahmen neoklassischer Wirtschaftstheorie und deren Konzeption von “Markt”. Garnreiter zeigt den intellektuellen Beitrag der Wirtschaftswissenschaften zur Krise und zur Alltagsvorstellung über die “soziale Marktwirtschaft”. Was in der Studie zu kurz kommt, ist eine Kritik der politischen Ökonomie im Sinne von Marx. Der verstand darunter keine moralische Kritik und auch nicht die Benennung des Widerspruchs von theoretischer Konzeption und Wirklichkeit. Vielmehr wollte er zeigen, dass die bürgerlichen Ideale von Gleichheit und Freiheit die Form sind, in der sich unter kapitalistischen Verhältnissen Herrschaft, Ausbeutung und Ungleichheit reproduzieren.

Ingo Stützle

Franz Garnreiter: Der Markt. Theorie – Ideologie – Wirklichkeit. Eine Kritik der herrschenden Wirtschaftsideologie. ISW Forschungsheft 4, München 2010. 46 Seiten, 4 EUR.

Was uns der Protest gegen Stuttgart 21 über neue Formen des Politischen sagt

Die neue Ausgabe von ak – analyse & kritik ist erschienen (Inhalt). Unter anderem ist wieder Stuttgart 21 Thema. Denn: Das Ländle ist im Aufruhr. Der Abriss eines alten, nicht sehr schönen Bahnhofs ruft die massivste Protestbewegung hervor, die es in den letzten Jahrzehnten in Stuttgart gegeben hat. Der Kulturwissenschaftler Klaus Schönberger vertritt die These, dass sich in diesen Protesten eine neue Form des Politischen zeigt: An die Stelle der Protest-Bewegung tritt das Protest-Projekt. Ich fragte Klaus Schönberger was das für linke Politikformen bedeutet.