World Cup 2010 in Südafrika: Kick Daimler!

Der Auftritt der deutschen Fußball Nationalmannschaft bei der WM in Südafrika steht unter keinem guten Stern. Das Problem ist nicht das DFB-Team, sondern dessen Hauptsponsor: Mercedes Benz. Der deutsche Konzern unterstützte auch die Apartheid in Südafrika, zum Beispiel indem er Fahrzeuge und Maschinen lieferte, mit denen Polizei und Militär die Proteste unterdrückten. Bei vielen Südafrikanern, die ihr Leben im Kampf gegen das rassistische Regime riskierten, ruft das Daimler-Logo schlechte Erinnerungen wach.

Bis heute weigert sich Daimler, Opfer der Apartheid-Gewalt zu entschädigen. In der Khulumani Support Group haben sich daher tausende Menschen zusammengeschlossen, um für Entschädigung zu kämpfen. Sie fordern die Anerkennung des begangenen Unrechts und haben vor einem US-Gericht Klage gegen Daimler und andere Konzerne eingereicht.

Ein Fußball Flashmob am 13. Juni, dem Tag des ersten Spiels der deutschen Elf, soll den Druck auf Daimler erhöhen, seiner Verantwortung endlich nachzukommen. Noch liegt der Konzern in Führung. Mit gezielten Fußball Attacken an möglichst vielen Orten und öffentlichem Druck kann sich das Blatt noch wenden.

Es geht um Wiedergutmachung und Entschädigung. Daimler muss die offene Rechnung endlich begleichen!

Informationen zur Klage gegen Daimler: star-of-apartheid.de

Khulumani Support Group: khulumani.net

WM in Südafrika, aber DAIMLER hat noch eine Rechnung offen: facebook.com

Den Stachel ziehen? Konflikte um die Edition der Manuskripte von Marx und Engels

Die marxschen Originalmanuskripte in der MEGA - geklebt, nicht geschüttelt bitte

Im Rahmen der Kapital-Kurse der rls findet am kommenden Freitag ein Satellitenseminar statt. Um diese regelmäßigen Lesetreffen herum kreisen verschiedene Satellitenseminare zu ausgewählten Fragen und Diskussionssträngen auf dem Feld der Kritik der Politischen Ökonomie. Am Freitag haben wir Thomas Marxhausen zu Gast. Er referiert zum Thema »Den Stachel ziehen? Konflikte um die Edition der Manuskripte von Marx und Engels«.

Viele Manuskripte der Autoren Marx und Engels wurden nicht für die Veröffentlichung geschrieben, auch schloss Marx Das Kapital nie ab. Wann, wie und was jedoch im Laufe der Jahrzehnte davon publiziert wurde, das ist bis heute eine von Konflikten gezeichnete Geschichte. Der historisch erste Versuch, eine kritische Marx-Engels-Edition (MEGA1) herauszugeben, endete in den 1930er Jahren mit der Verschleppung und Ermordung eines Großteils der damit befassten ForscherInnen, inklusive des Direktors des “Marx-Engels-Institut” in Moskau, David Rjasanow. Ein zweiter Versuch (MEGA2) unter der Ägide der KPdSU- und SED- Führung endete mit dem Zusammenbruch des Realsozialismus. Von da an war es zwar möglich, unter neuen Vorzeichen die Marx’schen Originalmanuskripte zu bearbeiten und zu interpretieren; ein Ende der politischen Auseinandersetzung um die Herausgabe der Werke ist jedoch bis heute nicht in Sicht.

Einen sehr guten Überblick zur Geschichte der MEGA² bietet Marxhausen in seinem Text »MEGA – MEGA” und kein Ende«, in: UTOPIE kreativ, 2006, H.189/190, 596-617. Auch die Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge arbeiteten die Geschichte MEGA² auf (besonders in den Sonderbänden).

Thomas Marxhausen: »Den Stachel ziehen? Konflikte um die Edition der Manuskripte von Marx und Engels«

Thomas Marxhausen: »Den Stachel ziehen? Konflikte um die Edition der Manuskripte von Marx und Engels«.
28. Mai 2010, 19.30 Uhr
Rosa-Luxemburg-Stiftung
Franz-Mehring Platz 1, Berlin
Seminarraum wird im Foyer bekannt gegeben
Anmeldung bitte bei valeanto [ät] das-kapital-lesen.de

Karl Marx in Sendai

Im freitag ist ein sehr kurzer Beitrag zur japanischen Marx-Lektüre erschienen: »Karl Marx in Sendai«. Der Beitrag kokettiert mit der marxistischen Orientierung der Mitglieder der dortigen Wissenschaftlichen Gesellschaft für Politische Ökonomie.

»Die japanische ‘Wissenschaftliche Gesellschaft für Politische Ökonomie’ zählt an die 800 Professoren zu ihren Mitgliedern, und – man glaubt es kaum, hat es aber von mehreren Seiten bestätigt bekommen – sie seien alle mehr oder weniger marxistisch orientiert. Da hätte bei uns der Verfassungsschutz aber zu tun!«

Puppen des mexikanischen Künstlers Pedro Reyes auf der yokohama triennale 2008

Wer Jan Hoffs Buch Marx global gelesen hat merkt allerdings schnell, dass Japan zwar hinsichtlich der Marx-Rezeption eine herausragende Rolle spielt, dass sich aber vor allem Deutschland durch einen hinterwäldlerischen Hochschuletrieb auszeichnet. Sowohl in Frankreich, im angelsächsischen Sprachraum, aber eben auch in Korea und anderen Ländern ist es normal, dass an Marx orientierte WissenschaftlerInnen Teil des akademischen Betriebs sind. Deutschland ist in dieser Frage ein »Entwicklungsland«, was sicher auch mit dem seit 1945 grassierenden Antikomunismus zu tun hat. Aber man sollte sich auch nicht täuschen lassen: Der wissenschaftliche Betrieb und die universitären Institution gehorchen eben auch ihrer eigenen Logik und »Marx« ist eben nicht einfach ein Synonym für »links« oder »politisch«.

Lesenswert ist Hoffs Studie in jedem Fall. Meine Besprechung für den Widerspruch findet sich hier.

Foto: yokohama triennale 2008, CC-Lizenz, riverseal

Ehrliche Ratgeber gesucht

Am 19./20. Mai fand in Berlin eine internationale Finanzmarktkonferenz statt. Natürlich durfte auch Bundeskanzlerin Merkel sprechen.

»Ich kann der Finanzbranche selbst nur raten, ehrlich mit uns umzugehen. Wenn wir keine ehrlichen Ratschläge bekommen, machen wir vielleicht Dinge, die nicht so ausgefeilt, aber politisch notwendig sind. Das kostet uns dann nur unnötige Kraft. Der Platz für ehrliche Ratgeber ist noch relativ unbesetzt.«

Was bitte bedeuet »relativ unbesetzt«? War Merkels Rede etwa eine öffentliche Kündigung ihres bisherigen Beraters Josef Ackermanns aufgrund seiner Äußerungen bei Maybrit Illner? War Ackermann nicht ganz ehrlich? Böser Bube! Schäm’ Dich!

Mehr Respekt für deutsche Handelswege: Finde den Unterschied

Horst Köhler bei seiner Rede im Camp Marmal, Mazar-e-Sharif Afghanistan

Für Kinder gibt es in Zeitschriften oft sogenannte Suchbilder. Bei zwei fast identisch abgedruckten Bildern sollen kaum erkennbare Unterschiede gefunden werden. Gestern hat der Deutschlandfunk ein derartiges Spiel veranstaltet. Und zwar bei einem Bericht über Köhlers Rede in Afghanistan und einem anschließenden Interview. Danach gab es zwei Kurzmeldungen zu lesen.

Samstag, 22. Mai 2010 12:00 Uhr
Köhler fordert mehr Respekt für deutsche Soldaten in Afghanistan

Den deutschen Soldaten in Afghanistan sollte nach den Worten von Bundespräsident Köhler mit mehr Respekt begegnet werden. Die Bundeswehr leiste dort Großartiges unter schwierigsten Bedingungen, sagte Köhler im Deutschlandradio Kultur nach einem Besuch im Feldlager Masar-i-Scharif. Es sei in Ordnung, wenn kritisch über den Einsatz diskutiert werde. Allerdings müsse Deutschland mit seiner Außenhandelsabhängigkeit zur Wahrung seiner Interessen im Zweifel auch zu militärischen Mitteln greifen. Als Beispiel für diese Interessen nannte Köhler ‘freie Handelswege’. Es gelte, Zitat ‘ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auf unsere Chancen zurückschlagen’ und sich somit negativ auf Handel und Arbeitsplätze auswirkten. Köhler hatte auf der Rückreise von China einen Zwischenstopp in Afghanistan eingelegt.

Eine Stunde später liest es sich dann so: Continue reading “Mehr Respekt für deutsche Handelswege: Finde den Unterschied”

Der Gipfel von Schuldenbergen: Zu Grenzen der Staatsverschuldung

Bankenrettung, Konjunkturprogramme und einbrechende Steuereinnahmen haben in vielen Staaten immense Staatsdefizite zur Folge. Wo sind die Grenzen der Staatsverschuldung, und wo fängt die neoliberale Ideologieproduktion an?

Wo ein Finanzierungsloch ist, findet sich auch ein Schuldenberg

In den Medien werden uns vor allem zwei Zahlen um die Ohren gehauen: der Schuldenstand und die Neuverschuldungsquote. Ausgedrückt werden sie in Prozenten, bezogen auf das Bruttoinlandprodukt (BIP). Die USA haben einen Schuldenstand von über 80% des BIP, Japan hingegen von fast 190%. Der Schnitt in der Euro-Zone liegt bei 78%, in Italien und Griechenland bei über 115% (2009); nach den Konvergenzkriterien der Verträge von Maastricht sind maximal 60% erlaubt. Die Neuverschuldungsquote zeigt an, wie hoch die Kredite im laufenden Jahr im Verhältnis zum BIP ausgefallen sind. Hier sehen die Maastrichter Kriterien eine Quote von nicht mehr als drei Prozent vor. Spanien, Irland und Griechenland liegen bei über 10% – aber auch Großbritannien.

Beide Kennzahlen, Schuldenstand und Neuverschuldungsquote, sagen zunächst nicht besonders viel aus. Die Konvergenzkriterien waren der europäische Durchschnittswert bei Verabschiedung der Verträge 1992. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass trotz aller Hysterie die Frage, ob es eine absolute Grenze der Staatsverschuldung gibt, einhellig verneint wird. Das gestehen sogar neoklassische Ökonomen ein. Continue reading “Der Gipfel von Schuldenbergen: Zu Grenzen der Staatsverschuldung”

Aufgeblättert: Aufstandsbekämpfung in Afghanistan

Marc Thörners lesenswertes Buch ist nicht nur ein notwendiges Korrektiv zur herrschenden Erzählung von Politik und Medien über Afghanistan. Seine engagiert recherierte Reportage hilft auch, die täglichen Nachrichten zu sortieren und zu bewerten. Deutlich wird, dass die Aufstandsbekämpfung u.a. der Logik früherer Kriege in französischen Kolonien folgt. Zunächst wird der Feind bekämpft und verjagt (clear). Danach wird das eroberte Gebiet mit Hilfe Einheimischer unter Kontrolle gebracht (hold). Hierbei stützen sich die ISAF-Truppen auf Warlords, die ihre ganz eigene Agenda verfolgen und teilweise zur ehemaligen Nordallianz gehören. Diese hatte 2001 mit massiver Luftunterstützung Afghanistan zurückerobert. Schließlich sollen Aufbauarbeiten die Bevölkerung gewinnen und die Situation stabilisieren (build). Thörner zeigt, dass diese Strategie nicht nur eine eigenständige Entwicklung Afghanistans verhindert, sondern die kriegerischen Zustände hervorbringt und zementiert. Die Bundeswehr nimmt dabei eine zentrale Rolle ein, da sie mit einem der größten Warlords kooperiert: Mohammed Atta, dem Gouverneur der Provinz Balkh, in deren Hauptstadt Mazar-e-Sharif die Bundeswehr ihr größtes Feldlager in Afghanistan unterhält. Die von Deutschland unterstützte Ausbildung von Polizeikräften stellt somit keine Normalisierung dar, sondern eine kriegerische Eskalation. Die militärische Präsenz in Afghanistan folgt einer Logik, in der die Bombardierung der Tanklaster bei Kundus nur ein trauriger Höhepunkt war.

Ingo Stützle

Marc Thörner: Afghanistan-Code. Reportagen über Krieg, Fundamentalismus und Demokratie. Edition Nautilus, Hamburg 2010, 160 Seiten, 16 EUR

Erschienen in: ak – analyse & kritik – zeitung für linke Debatte und Praxis, Nr. 550 vom 21.5.2010

Die andere Seite der Medaille des Spardiktats für Griechenland: die Einnahmeseite

Statistische Amt der Europäischen Gemeinschaft Eurostat legt jährlich Steuertrends in der Europäischen Union vor. Im EU-Durchschnitt betrug die effektive Besteuerung von Gewinnen und Vermögen 2007 30%. Damit sind die Steuern gemeint, die Unternehmen und Private auf  Einkommen aus Gewinnen und Vermögen an das Finanzamt abführen müssen. Während in den letzten Wochen immer nur von der Alternativlosigkeit des »Sparen« die Rede war, zeigt ein Blick in die Statistik ein recht interessantes Bild: Während die genannten Steuern in Frankreich 41%, in Spanien 42% und im ach so neoliberalen Großbritannien 43% betragen, sind die Zahlen für Deutschland (24%) und Irland (19%) recht niedrig. Noch weniger sind die Steuern allerdings in Griechenland, nämlich nur 16% (2006)! Statt hier ordentlich zuzulangen, soll die Zeche für die nötig gewordenen Kredite von den Lohnabhängigen gezahlt werden – durch Sparanstrengungen und Lohnkürzungen.

Das Lieblingswörtchen der politischen Klasse für ihr eigenes Handwerk ist z.Z. »alternativlos«. Ich sage mal so: Das könnt Ihr Eurem Frisör erzählen.

Foto: CC-Lizenz, danielygo

Blogger Dir einen. Neue Studie zu wachsendem Arbeitsdruck auf JournalistInnen

Vor ein paar Tagen war auf Deutschlandfunk ein Hintergrundbericht zu hören: »www wie Wahrheit. Blogger beeinflussen die Medienwelt«. Für den medialen Mainstream stellen blogs nicht nur eine meinungsstarke Konnkurrenz dar, sondern eben auch das Medieum, in dem zunehmend »unangenehme« Wahrheiten publiziert werden. Wobei Wahrheit, Unsinn und Verschwörungstheorien oft nicht weit voneinander entfernt sind. Wie aber  üblich kommen auch in diesem dradio-Beitrag die ökonomischen Bedingungen und Arbeitsverhältnisse zu kurz, unter denen Zeitungen zunehmend produziert werden. Und das obwohl eine fast zeitgleich erschienene Studie der FU Berlin zeigt, dass vor allem die redaktionelle Arbeitsverdichtung die journalistische Qualität gefährdet. Laut der Studie im Auftrag des Deutschen Fachjournalisten-Verbands (DFJV) und der Gesellschaft für Fachjournalistik hat sich die Arbeitssituation im Politikjournalismus in den letzten fünf Jahren insgesamt verschlechtert. Medienübergreifend bestätigen die rund 900 befragten JournalistInnen eine negative Veränderung der Arbeitssituation in der eigenen Redaktion: Drei Viertel der Befragten (74,3 %) geben an, der Arbeitsdruck habe zugenommen oder stark zugenommen. Über die Hälfte (54,5 %) konstatiert eine Abnahme der personellen Ausstattung in der Redaktion und knapp die Hälfte (46,8 %) beklagt eine Abnahme der Zeit für Recherche. Aktuell sehen sich PolitikjournalistInnen mit zunehmend schwierigen Produktionsbedingungen konfrontiert: ökonomischer Druck und gestiegene Anforderungen durch Digitalisierung werden als Bedrohung für journalistische Qualität wahrgenommen.

Die komplette Studie kann hier abgerufen werden.

Foto: CC-Lizenz, minifig

Deutsche EU-Politik und Klassenkämpfe in Griechenland. Ein Überblick mit ak-Artikeln

Nach dem deutschen Rettungsschirm für Banken folgt nun ein europäischer Schirm für die Euro-Staaten. Die Krise hat die EU und den Euro mit voller Wucht erfasst. Griechenland wird dabei zu einem Art Testfeld der europäischen Krisenpolitik. Die mit einem Spardiktat ungeheuren Ausmaßes verbundenen Finanzhilfen für Athen wurden mit einem Generalstreik, Massendemonstrationen und heftigen Auseinandersetzungen beantwortet. Es waren die größten Demonstrationen in Griechenland seit mehr als 20 Jahren. In Athen kamen dabei am 5. Mai drei Menschen zu Tode. Noch am gleichen Abend griff die Polizei im alternativen Athener Stadtviertel Exarchia besetzte Häuser und Cafés an. Continue reading “Deutsche EU-Politik und Klassenkämpfe in Griechenland. Ein Überblick mit ak-Artikeln”

Angriffskrieg gegen die Euro-Zone? Nochmals zur Spekulation gegen Griechenland

Der BaFin-Chef, Deutschlands oberster Finanzaufseher Jochen Sanio sieht die Euro-Zone im Krieg mit internationalen Spekulanten. »Hier wird im Moment von Spekulanten ein Angriffskrieg gegen die Euro-Zone geführt«, sagte Jochen Sanio am Mittwoch im Haushaltsausschuss des Bundestags. Vor einigen Wochen war noch das Gegenteil zu hören. Jetzt, wo Kritik an der zögerlichen Politik der deutschen Regierung laut wurde, geht Sanio plötzlich davon aus, dass die Spekulanten mit sogenannten Kreditausfallversicherungen (CDS) im Falle Griechenlands im letzten Vierteljahr ca. 500% Profit machen konnten und dass das eigentliche Problem ist. Merkel hat sich sicher bereits bedankt. Die FAZ bestreitet heute Sanios Ausführungen. Da aber nur selten versucht wird, den Sachverhalt verständlich zu erklären, verweise ich nochmals auf meine Handreichung.

Karl Heinz Roth: Globaler Schwelbrand

Ende 2008 unterstrich Karl Heinz Roth in einem Interview die Verantwortung der Linken angesichts der Krise des Kapitalismus.

»Wir alle […] haben diese Verantwortung, weil wir vor einem strategischen Fenster stehen. Wenn wir nicht aufpassen, wird es sehr dunkel.«

Unter dem Titel »Das war’s noch lange nicht« veranstaltete die junge Welt Ende März gemeinsam mit der Marx-Engels-Stiftung und der Zeitschrift Lunapark21 eine Konferenz zur gegenwärtigen Wirtschafts- und Finanzkrise. In der heutigen und gestrigen Ausgabe der jungen Welt ist der Beitrag von Karlo  in zwei Teilen dokumentiert (Teil 1, Teil 2). Im Anschluss an sein von mir ambivalent bewerteten Buch »Die globale Krise« geht er auf die Grenzen der Krisenpolitik, die zunehmende Staatsverschuldung und die Zentrifugalkräfte innerhlab des Euro-Raums ein. Er schließt mit der Skizze einer Krisenantwort von unten – wohl auch ein Aufschlag für den zweiten Band des Projekts Krise, »Das Mulitversum«, das im Herbst erscheinen soll.

EU-Forschung heute: gute Herrschaft und Chaos

In den letzten Wochen war die Berichterstattung über Griechenland teilweise unerträglich. Das Boulevard könnte man meinen! Dass BILD und »Experten« sich oft in nichts nahe stehen zeigt ein Interview mit der Politikwissenschaftlerin Tanja Börzel. Sie ist Professorin an der FU, leitet die Arbeitsstelle Europäische Integration, Projektleiterin von »›Gutes Regieren‹ ohne den Schatten der Hierarchie?« im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 700 (Governance in Räumen begrenzter Staatlichkeit: Neue Formen des Regierens?), Sprecherin für den Teilbereich »Herrschaft«. Eine Expertin also. Deshalb sollte es eigentlich verwunderlich sein, was sie angesichts der Proteste und der heutigen Vorfälle in Griechenland zu sagen hat. Aber wundern war wohl gestern. Massive Proteste sind für sie Chaos, Tote »natürlich tragisch« und unter Umsturz kann sie sich nur einen Regierungswechsel vorstellen. Passt irgendwie zu einer Professur für gute Herrschaft.