Post aus Griechenland: Greece in front of the abyss

Dear all,

the financial situation in Greece is getting worse everyday. For the time being, it is impossible for the country to borrow from the financial markets. The rate of interest for the Greek 10 years bonds is 10,55% (18,50% for the 2 years bonds). In reality nobody wants to lend Greece.

The government tries to speed up the process of the EU-IMF aid. If they don’t get the money until May 18, the state will be obliged to suspend payments. Nevertheless, the terms imposed by Germany and IMF for the loan will cause a real social disaster. Our European partners demand: 15% reduction in salaries both in private and public sector, increase of the age limit before retirement to 67 years, decrease of the pensions, thousands (maybe hundreds of thousands) of job cuts in the public sector, abolition of collective labour agreements between trade unions and employers, abolition of any legal restriction in job-cuts in the private sector, cuts in public expenditure (it is already announced that next year the pupils in every class will go from 25 to more than 30). As you understand this is the worst possible IMF plan.

But it is highly possible that the situation will finally get out of control even with this catastrophic plan. Many people compare the situation with that of Argentina. First of all, there is a wave of money withdrawal of the banks. Rich and middle class people are afraid that the Germans will kick Greece out of the euro-zone. They are trying to save their Euros by transferring them to Cyprus or by making real-estate investments in London (some just keep the at home…). In addition to that, as the time goes by, it seems impossible that Greece will be able to pay its debt event with the IMF aid. It is said that among the five next GNP, the one should be used to pay the public debt.

In conclusion, Greece is in front of the abyss.

On May 5, there will be a general strike in Greece. It would be a good idea for the European movements to make of this day a day of solidarity to the Greek people and international resistance to the IMF-EU neoliberal policies.

P.S. When I started to write this note at 11:00 the rate of interest it was 10,58. Now it is 11:25 and the rate is 10,85%…

Yannis Almpanis (member of the Network for Political and Social Rights)

Euros nach Athen tragen

Nachdem ich schon mehrmals zu Griechenland gebloggt und geschrieben habe, bleibt noch zu betonen, dass die rasssitisch konnotierte Debatte in Deutschland eng mit der wirklich unglaublichen Dominanzpolitik Deutschlands verwoben ist. Hier einfach nur darauf rumzuhacken, die politische Klasse solle das taktische Rumgeiere vor den NRW-Wahlen lassen, greift viel zu kurz. So wettert die FAZ gegen das Finanzkapital, wenn Gerald Braunberger kommentiert: »Die Politik darf nicht als Büttel des Finanzkapitals erscheinen, sondern muss sich als Sachwalter der Interessen der Steuerzahler verstehen.« Finanzkapital ist jetzt kein Begriff, den man oft bei der täglichen Lektüre der FAZ liest. Aber es passt, wenn gleichzeitig die ehrliche Arbeit der deutschen Steuerzahler gewürdigt wird. So fand auch FDP-Vize Andreas Pinkwart in seiner Rede beim Parteitag in Köln klare Worte: »Wer Griechenland Milliarden an Hilfen in Aussicht stellt und sich dann vor die deutschen Arbeitnehmer und die kleinen Betriebe stellt und sagt, für Euch ist kein Geld zur Entlastung da, der schlägt den Bürgern ins Gesicht.« Es ist einfach nur zum Kotzen.

»Die Grünen sind die liberale Partei in Deutschland – eine andere haben wir nicht«

»Die Grünen sind die liberale Partei in Deutschland – eine andere haben wir nicht«, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel im NRW-Wahlkampf. Ein kritischer Kopf wie Johannes Agnoli hatte das bereits 1983 geahnt:

»Wenn die Präsenz in der Institution sich versteht als Präsenz eines negativen Elements, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Wenn die Präsenz in den Institutionen sich jedoch als eine Strategie ausgibt, um die Institution alternativ zu gebrauchen, oder gar mittels der Institution eine radikale Veränderung vorzunehmen, so kann ich schon jetzt den Propheten spielen und sagen, über kurz oder lang werden die Institutionen die Leute zur Räson bringen, zu der der Institution eigenen Räson.« Und weiter: »Insofern würde der Wahlerfolg der Grünen schon das politische System in eine Situation bringen, in der zweifellos Ablösungs- und Auflösungselemente enthalten sein können; allerdings nur unter der Voraussetzung, dass dann aus den Grünen nicht eine neue FDP wird, eine für Koalitionen verfügbare Partei.«

Sozial.Geschichte Online 2/2010

Die Zeitschrift Sozial.Geschichte Online ist hervorgegangen aus 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts (1986-2003) und Sozial.Geschichte. Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts, deren Erscheinen als Print 2007 eingestellt wurde. Sozial.Geschichte Online erscheint nun als online-Zeitung seit 2009 unter dem Dach der University Press Duisburg-Essen. Die aktuelle Nummer 2/2010 steht nun als pdf zur Verfügung. Der Inhalt ist hier einsehbar. Die Ausgabe verhandelt 1968 (Detlev Siegfried), Intellektuellensoziologie (Stephan Moenius), die urbanen Aufstände im heutigen Frankreich (Laurent Mucchielli), die Proteste der Studierenden in Österreich (Robert Foltin), sowie die globale Krise (Karl Heinz Roth).  Zum Abschluss stellen Peter Birke und Max Henninger sechs Fragen zur Methodik der Studie »Die vielköpfige Hydra« von Peter Linebaugh und Marcus Rediker.

Vor Veränderung kommt Verstehen. Die Commons liefern nur ein schräges Bild vom Kapitalismus

Bereits für Marx stellte die Zerstörung der Commons eine zentrale Voraussetzung kapitalistischer Produktion dar. Sind die Bedingungen des Kapitals jedoch einmal durchgesetzt, reproduzieren sie sich in anderen Formen und vor allem diese müssen kritisiert werden. Die Anwendung des Commons-Begriffs für den modernen Kapitalismus ist deshalb nur bedingt angemessen. Zudem fehlt meist eine ordentliche Prise Staatskritik. Continue reading “Vor Veränderung kommt Verstehen. Die Commons liefern nur ein schräges Bild vom Kapitalismus”

Come on! Commons als neue Stars am linken Diskurshimmel und konkrete Utopie?

Der kommende BUKO hat u.a. commons als Thema. Der aktuelle ak hat das Thema bereits aufgegriffen.  Marx schrieb, dass die Einhegung der Gemeingüter (Commons) »die Arbeiter als bloßes Arbeitsvermögen gesetzt« hatte. Von da an zogen sie die »Vagabundage, Bettelei etc. of course der Lohnarbeit vor und mussten erst gewaltsam an diese gewöhnt werden«. Dieser Prozess wiederhole sich »bei Einführung der großen Industrie, der mit Maschinen betriebenen Fabriken«. Die Zerstörung der sogenannten Gemeingüter, war und ist bis heute Voraussetzung für die Durchkapitalisierung der Gesellschaft. Für viele Linke stellen Commons deshalb auch eine antikapitalistische Strategie dar. Im ak-Schwerpunkt zeigt Stefan Meretz, was Commons überhaupt sind; Benni Bärmann und ich diskutieren, ob sie einen Ausweg aus der Knechtung ermöglichen. Eine antikoloniale (Walter Mignolo) und queer-feministische (Cornelia Möser) Perspektive darf hierbei nicht fehlen. Meretz’ Artikel findet sich in einer geringfügig anderen Form bei Keimform, die Diskussion zwischen mir und Benni Bärmann ist online und hat bereits zu weiteren Diskussionen geführt (keimform, commonsblog). Die Tage werde ich hoffentlich auf die Reaktionen eingehen können.

Bankenabgabe zum Wohle des Kapitalismus

Die Finanzkrise hat den bundesdeutschen Staat bisher knapp 100 Mrd. Euro gekostet. Die volkswirtschaftlichen Verluste und die sich in Luft aufgelösten Vermögenswerte übersteigen diese Summe um ein Mehrfaches. Laut einer Studie von Commerzbank Research aus dem letzten Jahr kostet die Krise die Weltwirtschaft bis Ende 2009 rund 7,3 Bio. Euro. Das schrumpfende Bruttoinlandprodukt hat enorme Steuerausfälle zur Folge.

Steuererhöhungen könnten den staatlichen Finanzierungsschwierigkeiten Abhilfe verschaffen. Aber Steuern lassen sich schlecht verkaufen – nicht nur in Wahlkampfzeiten. Eine Abgabe nach dem Verursacherprinzip scheint eher durchsetzbar: Wer die Krise zu verantworten hat, soll auch für die Folgen zahlen. Continue reading “Bankenabgabe zum Wohle des Kapitalismus”

Patriarchat und disziplinierende Normalität

Die Enthüllungen nehmen kein Ende: Quer durch die Republik und die Konfessionen wurde in Schulen und Internaten munter gezüchtigt. Nun gibt der mit Misshandlungsvorwürfen konfrontierte Bischof Mixa zu bedenken, »Watschn« seien vor 20, 30 Jahren doch »vollkommen normal« gewesen – alle Lehrer und Schüler dieser Generation wüssten das. Damit hat er nicht ganz unrecht. Thomas Schroedter schreibt im aktuellen ak:

»In der Diskussion werden die ›verklemmten Priester‹ und die ›durchgedrehten Lehrer‹, nicht aber ein System der zunehmenden Kontrolle von Kindheit und Jugend problematisiert.«

Negri/Hardt: This is radical theory in the idiom of Monty Python

Nicht müde vom Kämpfen. Negri und Hardt glauben an die Liebe

»Wir müssen verstehen, wer der Feind ist« titelte  spiegel-online reißerisch und hatte zugleich das passende Bild parat. Dem Interview mit Michael Hardt, nicht nur zu seinem neuen Buch »CommonWealth«, das er zusammen mit Toni Negri schrieb, folgten weitere Interviews (u.a. freitag) und Besprechungen (neues deutschland, Die Zeit). Auch in ak – analyse & kritik. Robert Zions Beitrag aus dem ak liegt inzwischen mit kritischen Anmerkungen auch in einer längeren Form vor – zumindest der erste Teil (grundrisse). Christian Frings hat im neuen ak eine weitere, sehr kritische Besprechung geschrieben. An dieser wird eine ernsthafte Auseinandersetzung nicht vorbei kommen. Ich bin dankbar, dass er sich die Mühe gemacht hat. Vor vier Jahren hatte ich bereits einen kurzen Text zu der obskuren Vorstellung von Negri/Hardt geschrieben, dass das Wertgesetz nicht mehr gelte. Zugegeben, es war eine mit heißer Nadel gestrickte Replik auf einen Artikel in der arranca!. Aber die Stoßrichtung stimmt(e). Eine Auseinandersetzung könnte aber auch ganz kurz ausfallen, etwa wie folgende Sätze aus John Grays Rezension im independent:

»Moving from intra-academic obscurity to bad poetry, at the end of the book they write: ›The process of instituting happiness will constantly be accompanied by laughter… While we are instituting happiness, our laughter is a pure as water.‹ This is radical theory in the idiom of Monty Python.«

Okay, es ließe sich darüber streiten, ob der Vergleich Monty Python gerecht wird.

CC-Lizenz, fabiogoveia

Hilfe für Griechenland oder wenn der Staat die doppelte Buchführung entdeckt

Im FAZ-Wirtschaftsteil ist zu lesen: »Hilfe kostet Deutschland 8 Milliarden Euro«. Ein schönes Diagramm zeigt, wie die insgesamt 30 Mrd. Euro zwischen den EU-Staaten aufgeteilt werden. Frühmorgens, wenn der Kaffee noch nicht so recht gewirkt hat, erscheint nichts verwunderlich. Und dennoch: Läuft es nicht so, dass Deutschland für die Finanzhilfen selbst einen Kredit aufnehmen muss, für sagen wir 3 Prozent Zinsen und diesen dann für 5 Prozent weitergibt? Hat nicht Deutschland dafür gesorgt, dass Griechenland nicht erst die Hilfe des IWF und erst danach die der EU-Staaten in Anspruch nehmen kann? Der IWF vergibt nämlich deutlich günstigere Kredite. Lettland muss bspw. an den IWF nur 3,5 Prozent zahlen. Unter dem Strich heimst Deutschland also aus der Zinsdifferenz ca. 168 Mio Gewinn ein. Wer hilft hier eigentlich wem?

attac-Bankentribunal zwischen Recht, Moral und materieller Ungleichheit

Für attac war es schon jetzt das Highlight des Jahres. Im Rahmen eines Bankentribunals sollten die Ursachen, aber vor allem die »Schuldigen der Finanzkrise« angeklagt und verurteilt werden. In der Volksbühne tummelten sich mehrere Tage die Schaulustigen. Am Sonntag wurde dann das Urteil gesprochen. Aber das ganze Spektakel zeigt vor allem wie hilflos Kapitalismuskritik ist, wenn sie nicht an die Wurzel geht.

Anklagebank in idyllischer Atmosphäre

»Dem Publikum zufolge hätten wir die Angeklagten dazu verurteilen müssen, alle drei Bände ›Kapital‹ von Karl Marx auswendig zu lernen«, sagte Jury-Mitglied und Sozialrichter Jürgen Borchart der taz. Jürgen Borchart, der selbst auf dem Richterstuhl saß, zeigt mit dieser Aussage, dass die blauen Bände entweder nicht gelesen oder zumindest nicht verstanden wurden. Denn zum einen ist »Auswendiglernen« fast das Letzte was man mit dem marxschen Kapital machen sollte (Marx: »Ich unterstelle natürlich Leser, die etwas Neues lernen, also auch selbst denken wollen«), und zum anderen hätte die Lektüre die Initiatoren davon abhalten müssen, Einzelpersonen für das System haftbar zu machen. Wie heißt es so schön im Vorwort zum ersten Band: Continue reading “attac-Bankentribunal zwischen Recht, Moral und materieller Ungleichheit”