Dietmar Dath: Rosa Luxemburg

Von Dietmar Dath ist nun endlich in Suhrkamps Reihe BasisBiographien der Band zu Rosa Luxemburg erschienen. Seine letzen Romane Die Abschaffung der Arten, Sie schläft und Sämmtliche Gedichte sorgten ebenso für Aufregung wie sein Interview in Die Welt kurz vor der letzten Bundestagswahl. Wir dürfen gespannt sein, wie uns Dath Luxemburg näher bringen will. Als Lockerungsübung lohnt sich in jedem Fall Ursula Schmiederer in ak 535.

Neoliberale Terrorbekämpfung

Mit SchwarzGelb und den deutlich gestärkten Liberalen war klar: der Neoliberalismus ist noch lange nicht tot. Und schon gar nicht die ihm zugrundeliegende Neoklassik. Dem »ökonomischen Imperialismus« (Boulding) gelang es in Form der Neue Politische Ökonomie, die neoklassische Methodologie auf andere wissenschaftliche Felder zu übertragen (Ausbildung, Frieden, Verteidigung, Freizeit, Alter, Verbrechen und Gesundheit).

Nun also die Außenpoitik. Schließlich regiert hier der Liberale Westerwelle. Nun soll ein Programm für Taliban mit 50 Mio. Euro »reuigen Taliban eine Ausstiegschance« gegeben. Als Alternative zu ihrer bisherigen Tätigkeitfeld sollen ihnen »Jobs, Ausbildung und finanzielle Hilfen angeboten werden«. Voraussetzung ist, »dass die Taliban der Gewalt und dem Terror abschwören, alle Kontakte zu al-Qaida abbrechen und die afghanische Verfassung anerkennen«.

Die Idee ist nicht neu. Bruno Frey, ein wichtiger Vertreter der Theorie der Neuen Politischen Ökonomie, meinte schon vor Jahren diese Strategie gegen den weltweiten Terrorismus begründen zu können. Man müsse nur die Opportunitätskosten eines Terroristenlebens erhöhen, indem man Karrierealternativen aufzeigt. Als Beweis zieht Frey zugleich Deutschland heran: »Wenn es nach Bush ginge, dürfte Deutschland nie einen Außenminister Joschka Fischer haben, der früher der terroristischen Szene ganz nahe war.« (FAS, 29.8.2004)

Ergo: Gib Terroristen die Chance auf einen Ministersessel und die Welt ist befriedet. Möglicherweise wird es dafür nötig sein,  ein paar neue Nationalstaaten auf dem Boden zu stampfen, um die erhöhte Nachfrage nach Ministerposten zu befriedigen. Das dürfte aber das  geringste Problem sein.

Foto: CC-Lizenz, dustpuppy

Debatte linke Mitte

Robert Zion führt die freitag-Debatte zur sog. linken Mitte weiter: Eine Mehrheit ist noch keine Agenda. Er ist weitaus optimistischer. Vor allem was er zum Schluss seines Beitrags ausführt mag zwar bei enigen linken SPDlern gut ankommen, kaum aber beim Rest der Partei und bedarf bei den Grünen und der Linkspartei sicherlich noch einiges an Überzeugungsarbeit.

Mein Beitrag in der Debatte: Zu weit auseinander. Wer nicht über die begrenzenden Logiken von Partei, Parlament und Staat reden will, sollte von einem linken Reformprojekt besser schweigen.

DER BLUTIGE ERNST: KRISE UND POLITIK | Diskussionsveranstaltung zum neuen Prokla-Heft

Ist die aktuelle Krise wirklich schon “Schnee von gestern”? Hat der Staat seine Mission als “Retter in der Not” erfüllt? Werden die Strukturprobleme der Weltwirtschaft in Zukunft noch zunehmen? Drei PROKLA-AutorInnen diskutieren aus verschiedenen Perspektiven über Politik und Ökonomie in der aktuellen Krise.

Stefan Schmalz (Autor PROKLA, Universität Kassel)
Ingo Stützle (Autor PROKLA, Redakteur der Zeitschrift ak – analyse & kritik)
Christina Kaindl (Autorin PROKLA, Redakteurin der Zeitschrift Luxemburg)
Moderation: Dorothea Schmidt (Redakteurin PROKLA)

Es kommentiert:
Katja Kipping (MdB und Vizevorsitzende der Partei Die LINKE)

ORT UND ZEIT:

9. FEBRUAR, 18.30 UHR
Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Sozialwissenschaften
EG, Raum 002/003
Universitätsstraße 3b

Haiti: Spenden und Informationen

Wer die Erdbeben-Hilfe in Haiti unterstützen will, kann das über medico international tun. Die NGO mit Sitz in Frankfurt ist als Mitglied im Bündnis Entwicklung Hilft in die Unterstützung der Erdbeben-Opfer eingebunden und arbeitet darüber hinaus eng mit der dominikanischen Gesundheitsorganisation Colectivo de Salud Popular (COSALUP) zusammen.

COSALUP wird mit den medico-Spenden Medikamente und medizinisches Bedarfsmaterial kaufen, entsprechend den im Netzwerk Ayuda Haiti, einem Zusammenschluss dominikanischer und internationaler NGOs, abgestimmten Bedarfslisten. Dieses Material wird anschließend in den gemeinsamen Sachmittelfonds eingespeist. COSALUP ist wie medico Mitglied im mittelamerikanischen Basisgesundheitsnetzwerk Comité Regional de Promoción de Salud Comunitario (CRPSC), das sich für den gleichen Zugang aller zu Gesundheit einsetzt, und dem People’s Health Movement. Mehr Informationen über die Arbeit dieser Organisationen (sowie das Spendenkonto) bei medico international.

Zur landesgeschichtlichen Information sei auf einen Artikel von Eduardo Galeano aus dem Jahr 2004 hingewiesen, den die taz kürzlich übersetzt nachdruckte. Der vor einigen Tagen bei der freitag veröffentlichte Text von Peter Hallward ist ebenfalls nach wie vor lesenswert.

»Where is my vote, Landeswahlleiter?«

Wahlbetrug an der Waterkant? Das ist zumindest nicht ausgeschlossen. Bei den Schleswig Holsteiner Landtagswahlen 2009 wurden im Stimmbezirk „Husum 3“ neun Zweitstimmen für die Linkspartei gezählt. Erstaunlich, gaben doch 42 WählerInnen bei ebenjener Wahl ihre Erststimme an die LINKE; bei der zeitgleich abgehaltenen Bundestagswahl machten 52 (Erststimme) und 47 (Zweitstimme) ihr Kreuzchen ganz links. Eine beachtliche Diskrepanz also. Nun muss nachgezählt werden.

Was wie ein Wahlbetrug im Miniaturformat aussieht, könnte ungeahnte Folgen haben. Denn tauchen bei der Nachzählung nur vier zusätzliche Stimmen für die Linkspartei auf, dann ändern sich die Machtverhältnisse im nördlichsten deutschen Landtag. Ein Sitz der FDP fiele an die LINKE, die Mehrheit der schwarzgelben Landesregierung schrumpfte auf nur eine Stimme Vorsprung.

Wenn Freitag nächster Woche die neue ak-Ausgabe ins Haus flattert, dann ist das eine gute Gelegenheit, sich an dieses Ereignis erinnern. Denn an ebenjenem Tag sollen die Stimmen aus „Husum 3“ im Kieler Landtag neu gezählt werden – öffentlich. Sollte sich nun ein Fehler bei der Neusichtung der bereits mehrfach gezählten Stimmen ergeben, rechnen wir mit spontanen Protesten gegen diese offensichtliche Manipulation auf den Straßen Kiels und Husums, der sich von dort übers ganze Land ausbreitet. Mit blau-weiß-roten Armbändern könnten die Schleswig-HolsteinerInnen lautstark Neuwahlen fordern, Teile der Kirche könnten sich auf die Seite der Protestbewegung schlagen, und die gefürchtete Eutiner Bereitschaftspolizei wüsste gar nicht mehr, wohin sie zuerst ausrücken soll. Ein realistisches Szenario für das Öl-Bundesland Schleswig Holstein? Die letzte Januar-Woche wird es zeigen.

Die Mühe der Ebene. Eigentum und Besitz bei Nicos Poulantzas

Alex Demirovic, Stephan Adolphs und Serhat Karakayali haben in der Reihe Staatsverständnisse bei Nomos einen Band zu Nicos Poulantzas herausgegeben. Dieser ist jetzt erschienen. Darin findet sich auch ein Aufsatz von mir und Sabine Nuss:

Durch die in den letzten Jahrzehnten rasant fortgeschrittene Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologien wurde »Geistiges Eigentum« zu einer besonders umkämpften Rechtssphäre. Manch einer vertritt die These, Geistiges Eigentum würde zur zentralen Rechtsform des 21. Jahrhunderts bzw. des »Informationszeitalters« werden. Hintergrund dieser Entwicklung ist die Digitalisierung von Inhalten geistig-kreativer Schöpfung. Durch die elektronische Datenverarbeitung und die grenzüberschreitende Vernetzung von Computern können geistig-kreative Schöpfungen weltweit unautorisiert verbreitet werden. In den vergangenen Jahren hat es etliche Maßnahmen gegeben, die dieser Praxis Einhalt gebieten sollen. So wurde u.a. das Urheberrecht angepasst und Kopierschutztechnologien entwickelt sowie Kampagnen durchgeführt, die das »Unrechtsbewusstsein« der NutzerInnen wecken sollten (»Raubkopierer sind Verbrecher«). Auf internationaler Ebene wurde das internationale Regelwerk TRIPS in die Welthandelsorganisation WTO aufgenommen, um die Eigentumsrechte im zunehmend weltweiten Warentausch mit Gütern geistigkreativer Schöpfung zu sichern.

Die aktuellen Entwicklungen und Debatten um Geistiges Eigentum sind vorliegendem Text Anlass für eine Re-Lektüre von Nicos Poulantzas’ Klassen im Kapitalismus – heute von 1974, in dem er den Wandel von Eigentumsverhältnissen seiner Zeit als eine Verschiebung der Kräfteverhältnisse innerhalb der herrschenden Klasse analysiert. Vor diesem Hintergrund wollen wir Poulantzas’ Konzeption von Eigentum eingehender vorstellen und diskutieren.

Weiterlesen in: Nuss, Sabine/ Stützle, Ingo (2010): Die Mühe der Ebene. Eigentum und Besitz bei Nicos Poulantzas, in: Demirović, Alex/ Adolphs, Stephan/ Karakayali, Serhat (Hg.): Das Staatsverständnis von Nicos Poulantzas. Der Staat als gesellschaftliches Verhältnis, Baden-Baden, 115-131.

Die Tage wird sicher das komplette Inhaltsverzeichnis auf der website einsehbar sein.

Aufgeblättert – Jan Hoff: Marx global

Für den aktuellen Widerspruch 57 (Inhalt & Editorial) habe ich besprochen:

Jan Hoff: Marx global. Zur Entwicklung des internationalen Marx-Diskurses seit 1965. Akademie Verlag, Berlin  (345 S., 49,80 € )
Mit der weltweiten Krise fanden nicht zufällig vermehrt Studien zur  Marxschen Ökonomiekritik den Weg ins Feuilleton. Fast  scheint es so: Droht der Kollaps des Kapitalismus, werden auch all die Theorien an die Oberfläche des wirtschaftswissenschaftlichen Diskurses gespült, die Krisen als ein notwendige Konsequenz dieser auf Profit ausgerichteten Wirtschaftsweise thematisieren. Dass schon länger ein ernsthaftes Interesse an Marx besteht, zeigt sich daran, dass inzwischen einige Arbeiten zu abgebrochenen und dissidenten Traditionen des Marxismus vorliegen, solche also, die nicht mehr die Marxsche Theorie aneignen, sondern bereits die unterschiedlichen Rezeptionsansätze, Aneignungsweisen und Debatten zum Thema haben. So auch das Buch von Jan Hoff: Marx global. Continue reading “Aufgeblättert – Jan Hoff: Marx global”

Neue Beiträge zur Marx-Engels-Forschung erschienen

Mit Neujahr ist auch ein neuer Band der Beiträge zur Marx-Engels-Forschung. Neue Folge erschienen. Das Inhaltsverzeichnis findet sich als pdf-Datei hier. U.a. sind zwei Beiträge der letzten Runde des David-Rjazanov-Preises abgedruckt. Mein damals eingereichter Aufsatz findet sich hier:

Ingo Stützle (2008): “Staatsverschuldung als Kategorie der Kritik der politischen Ökonomie. Eine Forschungsnotiz“, in: Lindner, Urs/ Nowak, Jörg/Paust-Lassen, Pia (Hg.): Philosophieren unter anderen. Beiträge zum Palaver der Menschheit – Frieder Otto Wolf zum 65. Geburtstag, Münster, 239-262.

Die eingereichte Arbeit von Hendrik Wallat ist in einer überarbeiteten Fassung in der Prokla 155 zu Sozialismus abgedruckt: Weder Staat noch Kollektiv. Sozialismuskritik im Werk von Karl Marx.

Marx allein Zuhause. Das Kapital als Hörbuch

Marx wurde vor ein paar Jahren nicht nur zum drittbesten Deutschen gewählt, sondern im Zuge der gegenwärtigen Krise des Kapitalismus auch gerne zitiert. Viele aber ahnen es: So einfach ist es nicht, das Hauptwerk von Marx, Das Kapital. Inzwischen liegt eine sechsteilige CD-Version des ersten Bandes vor und Jörg Sundermeier hat es »ganz angetan« (perlentaucher) für die taz besprochen.

Hierzu eine kurze Anmerkung: Auch wenn Sundermeier am Ende seiner Besprechung zurecht – und zum Glück – betont, dass das Hörbuch keine kollektive Lektüre des Kapitals ersetzen kann, kommt mir das Vorhaben, Das Kapital überhaupt hörbar zu machen, doch etwas eigenartig vor.

Trotz allem Witz und aller Sprachgewalt ist Das Kapital ein wissenschaftliches Buch. Einfach nur verständliche Passagen aus ihrem Zusammenhang zu reißen macht wenig Sinn, ja ist Sinn entstellend. Übrig bleibt nämlich Amüsement oder wie Sundermeier schreibt: eine Beruhigungspille. Wollen wir das?

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