Spekulation auf Verteilungskonflikte unangebracht

Der FAZ gab Peer Steinbrück ein Interview, das zum Spekulieren anregt.

FAZ: Aber eine Mehrwertsteuererhöhung schließen Sie aus?

Peer Steinbrück: Ja. Das ist kein Thema. Die Erhöhung 2005 hat nicht nur zu Lasten meiner Partei zu einem Glaubwürdigkeitsverlust geführt, weil die SPD vor der Wahl 2005 etwas anderes gesagt hat, als sie hinterher gemacht hat.

FAZ: Aber wo wollen Sie dann das Geld herholen?

Peer Steinbrück: Das ergibt sich aus den Vorrangigkeiten und vor allem Nachrangigkeiten, die im Zuge einer Regierungsbildung gesetzt werden und die Einnahmen- wie Ausgabenseite des Bundeshaushaltes bestimmen. Darüber spekuliere ich jetzt nicht.

Spekulieren ist seit letzten Herbst zwar in Verruf geraten, ich mache es aber trotzdem: Für das Finanzministerium bleiben nach der Bundestagswahl im Herbst zwei Möglichkeiten: Einnahmen erhöhen oder Ausgaben senken. Werden weitere Schulden als Form der Finanzierung ausgeschlossen, bleiben: Steuererhöhungen. Das will z.Z. aber niemand hören. Sei’s drum! Sollen zumindest nicht die Mehrwertsteuern erhöht werden (Klaus F. Zimmermann vom DIW fordert inzwischen schon eine Erhöhung auf 25 Prozent), bleiben wenige Möglichkeiten: Will die kommende Regierung die “Leistungsträger” (seien es Selbstständige oder Unternehmen) für den nötigen Aufschwung nicht unnötig belasten, werden diejenigen geschröpft, die in den letzten Jahren mehr und mehr die Steuerlasten tragen müssen – die Lohnabhängigen.

Was ist aber mit der Seite der Ausgaben? Hier gilt ein relativ einfacher Grundsatz: Man muss kein Geld einnehmen, wenn man keines ausgibt. Neben Steuererhöhungen wird die kommende Regierung somit vor allem mit einem beschäftigt sein: Der Bevölkerung klar machen, dass der Schuldenabbau (im Namen der künftigen Generationen) und niedrige Steuern vor irgendwelchen Sozialausgaben Vorrang haben müssen; also die sozialstaatliche Abfederung der ab Ende des Jahres einbrechenden Folgen der Wirtschaftskrise für die Lohnabhängigen nachrangig ist.

Bei einem Punkt hat Peer Steinbrück aber in jedem Fall recht:

“Eins ist deshalb schon jetzt klar: wie immer die Regierungskonstellation nach dem 27. September aussehen wird – es wird erhebliche Verteilungskonflikte geben.”

Wollen wir hoffen, dass er Recht hat. Wenn auch in einem anderen Sinn.